Oberhausen. Die Unternehmen stöhnen unter dem Fachkräftemangel. Gleichzeitig gehen Bewerber leer aus. Zwei Männer berichten von ihrer erfolglosen Suche.
Das Treffen im „B3“ der Oberhausener Arbeitsmarktagentur spiegelte die Situation auf dem Ausbildungsmarkt ganz gut wieder. Nur etwa 20 Jugendliche tummelten sich vor den Tischen von vier Firmen. Eigentlich hatte die Arbeitsagentur mehr erwartet für ihr Event „Ohne Handwerk keine Energiewende“. Denn eigentlich suchen Unternehmen bekanntlich Fachkräfte.
Um dem Mangel zu begegnen, hatte sich die Arbeitsagentur ein Event ausgedacht, das eine akutes Thema aufgreift. Der Klimawandel beschäftigt die junge Generation. Die Unternehmen müssen auf den Klimawandel reagieren und nachhaltige Angebote schaffen. Ein „Match“? Eigentlich.
Die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist komplex, das Problem facettenreich. Zwei junge Männer gaben einer der Schwierigkeiten ein Gesicht:
Jobsuche: Zwei junge Männer schildern ihre Erfahrungen
Der 18-jährige Muhammed Alshehe und der 19-jährige Rami Alkholaf hörten sich ebenfalls die Vorträge der Firmen interessiert an, doch die Hoffnung auf einen Ausbildungsplatz schwindet mehr und mehr. „Ich habe über 100 Bewerbungen geschrieben“, sagt Muhammed Alshehe im Gespräch mit dieser Redaktion. Seit drei Jahren suche er einen Ausbildungsplatz als Kfz-Mechatroniker. Er würde den Wohnort wechseln, nach Hamburg oder Bremen ziehen, wenn es sein muss. „Ich will arbeiten.“
Auch Rami Alkholaf will eine Ausbildung als Kfz-Mechatroniker machen. Seit einem Jahr ist er auf der Suche. „Ich habe gute Noten“, sagt er. „Aber die nehmen nur die Besten.“ Er würde sich gerne beweisen, in Praktika, er habe wie Alshehe Erfahrungen mit Autos gesammelt. „Wir können zeigen, dass wir Ahnung haben.“
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Berufsberaterin: Stellen teilweise nicht attraktiv genug
Beide geben zu, dass sie nicht gerne zur Schule gehen. „Ich würde lieber um sechs Uhr aufstehen und arbeiten, statt zur Schule zu gehen“, sagt Alshehe, der aus Syrien stammt. Er stelle keine Ansprüche an seinen Job. Einen Plan B hat er nicht. Aber wenn er in diesem Jahr keine Ausbildung bekomme, müsse er umdenken.
Berufsberaterin Marta Pavlovic kennt Fälle wie diese. Sie betreut Jugendliche auf Jobsuche. Die Probleme, die zum Nicht-Erfolg auf dem Arbeitsmarkt führen, sind vielfältig. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass manche Jugendliche eine hohe Motivation haben, den Bewerbungsprozess dann aber nicht mehr weiterverfolgen. Andererseits gebe es auch auf Arbeitgeberseite Probleme: „Es gibt viele Ausbildungsberufe, die nicht attraktiv genug für die Bewerber sind.“ Die Erwartungen seien heute andere als früher. Die Ausbildung als Kfz-Mechatroniker erfreut sich heute noch großer Beliebtheit. Aber: „Acht Stunden stehen wollen heute die wenigsten.“
Schornsteinfeger leiden unter Fachkräftemangel
Andere Bereiche haben es schwerer, Nachwuchs zu finden. Etwa Schornsteinfeger. Karsten Knoppik und Dirk Mörs-Sauskojus stellen in beeindruckender Arbeitskleidung ihre Berufssparte vor. Jeder kennt Schornsteinfeger, doch kaum einer will es noch werden. „Uns fehlen die Fachkräfte“, sagt Knoppik. Dabei bescheinigt er seinem Berufsstand eine gelungene Transformation. Wegen der hohen Nachfrage nach alternativen Heizsystemen seien mittlerweile viele auch Energieberater. „Wir können alles“, sagt Mörs-Sauskojus. „Auf Dächern rumklettern“ mache heute nur noch einen kleinen Teil der Arbeit aus. Die Beratung wird wichtiger, die Kundengespräche. „Unser Handwerk stirbt nicht aus.“
Emel Karakoc von der Arbeitsagentur und Martin Hinzmann von der Oberhausener Wirtschaftsförderung hoffen, dass die Ausbildung in Zukunft eine Wertsteigerung erfährt. „Gerade am Gymnasium gibt es Vorbehalte“, sagt Karakoc. Dabei würden auch Ausbildungsberufe interessante Aufstiegschancen bieten. „Die Akademisierung ist ein Problem für die Unternehmen“, sagt Hinzmann. Die Bewerber würden trotz hoher Bildungsabschlüsse nicht die Wünsche der Unternehmen erfüllen. Zu bieten hätten die Firmen aber auch in Zukunft einiges: „Der Klimawandel macht ein Umdenken auch wirtschaftlich notwendig.“ Das Handwerk lebt also weiter.