Oberhausen. In einigen Städten tauchen immer mehr Rabenvögel auf. Warum die Tiere sich in der Stadt wohlfühlen, man aber nicht von einer Plage sprechen kann.
Sie tummeln sich in den Innenstädten, zerpflücken Müllsäcke und haben als „Todesvögel“ auch noch einen schlechten Ruf: Über Krähen gibt es viele Meinungen und Vorurteile wie diese. Einige Städte klagen sogar über eine regelrechte Krähenplage, zum Beispiel Herne. Wie ist die Situation in Oberhausen? Und warum sind die schwarzen Vögel überhaupt so unbeliebt?
Die Krähe, genauer: Rabenkrähe, ist ein Singvogel und gehört zur Familie der Rabenvögel. Als Allesfresser ernährt sie sich von Samen, Früchten, Nüssen – aber auch von Aas, kleinen Tieren und Abfall. Und davon finden sie in der Stadt eine Menge. Doch für Krähen ist nicht nur das innerstädtische Nahrungsangebot attraktiv, hier gibt es auch gute Brutplätze in Bäumen und an Gebäuden, weiß Ornithologe Michael Tomec vom Naturschutzbund (Nabu) Oberhausen.
Immer mehr Rabenkrähen in der Stadt? Der Schein trügt
Kein Wunder also, dass die Vögel sich in der Stadt wohlfühlen. Insbesondere außerhalb ihrer Brutzeit im Frühjahr sind die geselligen Tiere in großen Trupps unterwegs – und fallen auf. Vor allem ihr Krächzen hat auch in Oberhausen schon Bürgerinnen und Bürger dazu veranlasst, sich bei der Stadt zu beschweren. Von einer Krähenplage spricht die Untere Naturschutzbehörde aber nicht. Dort kann man sich an lediglich zwei Menschen erinnern, die die Tiere als störend empfunden haben.
Sind die Oberhausenerinnen und Oberhausener also überwiegend Krähen-Begeisterte? Es scheint so. „Ich liebe die Krähen. Sie sind keine Plage, sondern tolle intelligente Tiere“, schreibt uns Ulla Linsen bei Facebook. Wir haben dort die Frage gestellt, ob und wo es in der Stadt besonders viele Krähen gibt. Viele der Nutzerinnen und Nutzer antworten, dass sie die Vögel gerne beobachten, sie sogar füttern. Wir erhalten aber auch kritische Stimmen. Eine Nutzerin schreibt etwa: „Wenn ich im Park am ehemaligen Schwimmbad Alsbachtal bis zu vierzig Tiere zähle, wird es schon etwas beängstigend.“
Seltener Nahrungsgast
Die Rabenkrähe ist zwischen 45 und 49 cm groß und hat eine Flügelspannweite von 93 bis 104 cm. Sie hat ein komplett schwarzes Gefieder und einen kräftigen Schnabel.
Neben der Rabenkrähe begegnet man in Oberhausen außerdem dem Kolkraben, der Elster, der Dohle und dem Eichelhäher – allesamt Rabenvögel. „Die Saatkrähe ist nur ein eher seltener Nahrungsgast“, klärt Michael Tomec vom Nabu auf.
Doch der Großteil der Antworten hebt die positiven Eigenschaften der Vögel hervor. „Krähen leben im Verbund und kommen manchmal zusammen, um Kontakte zu pflegen“, erklärt Facebook-Nutzerin Natalie Exner. „Wären sie bunt und pfiffen Melodien, statt zu krähen, würde jeder sie anhimmeln“, ist sie sich sicher. Und auch Andrea Fröde findet: „Sie sind genau wie Tauben, keine Plage, sondern Mitgeschöpfe. Intelligente Tiere, die ein Recht auf Lebensraum haben“ – und erhält darauf einige positive Reaktionen.
Vogelexperte: Nicht sinnvoll, die Vögel großflächig zu jagen
Dass trotzdem der Eindruck entstehen könnte, es gebe in den Städten immer mehr Krähen, erklärt Vogelexperte Tomec so: „Als große Vögel fallen die Rabenkrähen gegenüber den kleinen Singvogelarten sofort auf.“ Und auch ein Blick auf die Zahlen offenbart, dass der Schein trügt. Laut Nabu brüten in Deutschland rund 790.000 Rabenkrähen-Paare. Die Amsel übertrifft diese Zahl mit deutschlandweit rund 9,5 Millionen Brutpaaren bei Weitem.
Etwas gegen die Krähen unternehmen will die Untere Naturschutzbehörde daher nicht. Das wäre auch gar nicht so einfach, denn die Rabenkrähe (Corvus corone) gehört nach dem Bundesnaturschutzgesetz zu den „besonders geschützten Arten“ und darf nur unter bestimmten Voraussetzungen gejagt werden. Einen flächendeckenden Abschuss der Vögel hält Michael Tomec vom Nabu aber ohnehin nicht für zielführend: „Bei den verbliebenen Vögeln führt die intensive Bejagung zu einer verstärkten Bruttätigkeit, so dass sich der Bestand schnell wieder reguliert.“
Ihren schlechten Ruf tragen die Rabenvögel übrigens schon ziemlich lange mit sich herum. „Vom nordgermanischen Gott Odin bis zu den frühneuzeitlichen ‚Hexen‘ waren generell die Rabenvogelarten oft mit dem Tod verbunden und galten daher den Menschen als unheilvolle Boten“, erläutert Tomec. Bis heute sind noch Begriffe wie „Rabeneltern“ und „Unglücksrabe“ gebräuchlich, die die Tiere in ein schlechtes Licht stellen. Und ihnen unrecht tun. Denn mittlerweile hat die Forschung bestätigt: Rabenvögel sind sehr intelligente Tiere.
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