Oberhausen. Eine Einbruchsserie sorgte in Oberhausen für Aufsehen. Die mutmaßlichen Täter sind Kinder. Nun ist die Stadt am Zug – mit geringen Chancen.
Vier Monate nach der Vandalismus-Serie ist zumindest der Schaden reguliert. Vergangenes Jahr hatte eine Gruppe von Kindern und Jugendlichen in mehr als zwanzig Oberhausener Schulen Verwüstungen angerichtet. Den Schaden – er wurde auf eine sechsstellige Summe geschätzt – konnte die Stadt über die Versicherung abwickeln. Weitaus schwieriger ist die Frage, was nun mit den Kindern passiert. Denn die mutmaßlichen Täter sind bis auf einen nicht strafmündig.
Die Vandalismus-Vorfälle endeten in einer filmreifen Festnahme. Nachdem in mehreren Schulen Räume verwüstet wurden, hatte die Polizei eine Internet-Challenge vermutet. Der Ermittlungserfolg ließ nicht lange auf sich warten. Als die Täter in ein Gebäude der Funke-Mediengruppe einbrachen, wurden sie von Beamten geschnappt, die am selben Tag angefangen hatten, die Gruppe zu observieren. Es stellte sich heraus: Den Kindern ging es darum, sich innerhalb der Gruppe zu behaupten. „Sie pushten sich gegenseitig hoch“, sagte damals Ralf Weyer, Leiter des Jugendkommissariats.
Mögliche Strafe für den 16-Jährigen: Jugendarrest
Juristisch ist die Geschichte damit fast auserzählt. Denn von den zwölf Kindern und Jugendlichen ist lediglich einer alt genug, um strafrechtlich belangt zu werden. Die Ermittlungen gegen den tatverdächtigen 16-Jährigen dauern noch an, teilt die Staatsanwaltschaft Duisburg auf Nachfrage mit. Sollte er verurteilt werden, kommt eine Strafe in einem Jugendarrest in Betracht. Der Vorteil: Fachleute könnten mit dem Jugendlichen intensiver arbeiten.
Und die übrigen Kinder, von denen der jüngste neun Jahre alt war? Das ist nicht Aufgabengebiet von Polizei und Gericht, sondern der Stadt. Sie muss mit dem Jugendamt Maßnahmen ergreifen, um die Kinder „in die Spur zu kriegen“. Doch der zuständige Dezernent Jürgen Schmidt schöpft im Gespräch mit dieser Redaktion wenig Hoffnung. „Leider ist das meist ein Trauerspiel“, berichtet er.
NRW-Programm „Kurve kriegen“ kommt Infrage
Um Kindern und Jugendlichen Auswege zu bieten, hat NRW das Projekt „Kurve kriegen“ eingerichtet. Die Landesinitiave zielt auf 8- bis 15-Jährige, die mindestens bei einer Gewalttat oder drei Eigentumsdelikten polizeibekannt geworden sind. Auch die tatverdächtigen Kinder in Oberhausen waren schon polizeibekannt. Mit einer Mischung aus pädagogischer und Netzwerk-Arbeit will das Programm verhindern, dass Kinder tiefer in die Kriminalität rutschen.
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Das Jugendamt schaltet sich ebenfalls ein und versucht, mit eigenen Maßnahmen die Kinder zu erreichen. Als Option nennt Schmidt Einzelgespräche und sozialpädagogische Begleitung. Experten gehen dann in die Familien und schauen sich die jeweilige Situation an. Sie können beispielsweise mit den Eltern die Freizeit des Kindes gestalten oder erzieherische Hilfe leisten.
Schulwechsel oft keine Option
Die Sache hat allerdings einen Haken: „Die Eltern müssen mitspielen“, sagt Jürgen Schmidt. Sie müssten die Maßnahmen mittragen und sich an den Prozessen beteiligen. Oftmals befänden sich die auffällig gewordenen Kinder und Jugendlichen aber in schwierigen Familienkonstellationen. Bei der Einbruchsserie agierten die Kinder etwa meist nachts. Tagsüber vertrieben sie sich Zeit und Langeweile auf öffentlichen Plätzen. Dort wurden sie auch von den Ermittlern observiert.
Schmidt sagt allgemein, dass die Arbeit der städtischen Fachleute „sehr mühsam“ sei. Ziehen die Eltern nicht mit, werde es schwer, die Kinder zu erreichen. Ein Schulwechsel sei in den wenigsten Fällen ratsam, weil es dort Strukturen und soziale Verbindungen gebe, die für die Kinder hilfreich sind. Es stimme auch ihn traurig, wenn er darüber nachdenke, welche Chancen vertan würden, weil Kinder in einem schwierigen Umfeld aufwachsen. „Wir tun, was wir können“, sagt Schmidt.