Oberhausen. Flüchtlinge, mehr Geburten, mehr Familienzuzüge – die Oberhausener Grundschulen sind am Rande ihrer Kraft. Über 30 Kinder sind in einer Klasse.
Die Oberhausener Grundschulen schlagen angesichts der Anmeldeflut Alarm. Die Zahlen steigen seit Jahren, aktuell verzeichnen die Schulen mehr als 2100 Anmeldungen. Es wird befürchtet, dass demnächst fast 8000 Schülerinnen und Schüler an den 29 Grundschulen unterrichtet werden müssen. Die Stadt arbeitet deshalb an kurzfristigen Lösungen. Doch Grundschulvertreter sagen: Das reicht nicht mehr.
Christian Alders bedankte sich im Schulausschuss höflich für die Beschlussvorlage des Rathauses. In dieser schlug die Schulverwaltung ihre Lösungsansätze vor. Doch danach sprach der Schulleiter der Grundschule Schwarze Heide deutliche Worte aus: „Die Schulleitungen sind aktuell in heller Sorge.“ Die Anmeldezahlen seien höher als vor einigen Jahren vermutet. Die Lösungsvorschläge würden zwar kurzfristig auf die Platznot reagieren. Allerdings leide der Unterricht, denn Räume würden zweckentfremdet. „Die Lösungen werden nicht reichen, um das zu leisten, was Grundschulen sein müssen: Eine Schule für den ganzen Tag.“
Grundschullehrerin schlägt Alarm: Nur Raum schaffen, reicht nicht
Susanne Amrehn, ebenfalls Schulformsprecherin, unterstrich Alders’ Ausführungen: „Die Raumfrage löst nicht das pädagogische Problem.“ Durch die Anmeldeflut würde die Schülerzahl in den Klassen angehoben. Schon jetzt gebe es Klassen, in denen 30 Schülerinnen und Schüler unterrichtet würden. Dafür müssten schon jetzt Räume umfunktioniert werden, die eigentlich dringend zum Beispiel für den Offenen Ganztag benötigt werden. „Nur Raum schaffen, reicht nicht“, sagt die Direktorin der Steinbrinkschule.
Die Reaktion der Ausschussvorsitzenden und CDU-Ratsfrau Marita Wolter auf das Alarmsignal sprach Bände: „Wir nehmen das sehr, sehr ernst und versuchen, kreativ Lösungen zu finden. Mehr können wir aber nicht machen.“
Die 29 Grundschulen in Oberhausen werden aktuell überrannt. Im kommenden Schuljahr wird es voraussichtlich mit 2108 Einschulungen den Höchststand geben. Danach nimmt laut Berechnungen der Stadtverwaltung die Kurve ab. Kurzfristig entstehen allerdings erhebliche Kapazitätsprobleme. Im Stadtteil Mitte/Styrum werde die Kapazität im nächsten Schuljahr „mehr als ausgeschöpft“. in Osterfeld wird sie „vollends ausgeschöpft“ sein. In anderen Stadtteilen sieht es nicht viel besser aus. In Sterkrade-Mitte und Alstaden etwa werde die Kapazität um einen Klassenzug überschritten.
Fast 800 Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine integriert
Als Grund für den überplanmäßigen Anstieg wird der Zuzug genannt. Oberhausen hat seit Ausbruch des russischen Angriffskriegs aus der Ukraine fast 800 Schülerinnen und Schüler integriert. Zum anderen gab es starke Geburtenjahrgänge. Und Oberhausen gilt aufgrund des vergleichsweise geringen Mietpreises als attraktiv für junge Familien.
>>> Zum Hintergrund: Lehrermangel an Grundschulen: „Ächzen unter Belastung“
Die Rathaus-Fachleute begegnen der Anmeldeflut mit kurz- und mittelfristigen Lösungen. In Alt-Oberhausen soll die Brüder-Grimm-Schule Räume des angrenzenden Jugendzentrums „Place 2 Be“ nutzen. Zudem soll geprüft werden, ob die Schule vier- statt dreizügig aufgestellt werden kann. an der Falkensteinschule sollen zwei Extra-Klassen eingerichtet werden.
Stadt will Zügigkeit erhöhen – Kritik aus der Politik
In Osterfeld könnte die Jacobischule eine sogenannte Raumzelle (Container) bekommen. Dieselbe Lösung erwägt das Rathaus an der stark nachgefragten Overbergschule. Die Schule am Siedlerweg und die Sterkrader Grundschulen Hirschkampschule und Hartmannschule sollen im Bestand aufgestockt werden.
Umzug der Froschenteich-Schule
Der Schulausschuss sollte auch über den Umzug der Schule am Froschenteich diskutieren. Nach den Osterferien 2023 beginnen dort Umbaumaßnahmen. Da das Käthe-Kollwitz-Berufskolleg einen Neubau bekommen hat, ist die Dependance am Nierfeldweg frei geworden. Hierhin soll nun die Schule am Froschenteich vorübergehend ziehen.
Der Schulausschuss beriet positiv. Nun entscheidet der Rat. Schüler der Froschenteich-Schule sollen ab dem Jahr 2024/25 wieder am Hausmannsfeld unterrichtet werden können.
Mittelfristig setzt die Verwaltung auf die Erweiterung der Zügigkeit beispielsweise auch an der Erich-Kästner-Schule. Doch gerade diese Lösung ist Pädagogen ein Dorn im Auge. Denn dadurch würde zwar das Platzproblem gelöst werden, allerdings leide die Qualität. SPD-Politiker Thomas Krey springt den besorgten Lehrern bei: „Das größte Problem ist doch: Die Klassenräume funktionieren für 27 Schüler. Wenn aber drei oder vier mehr dazukommen, geht da gar nichts mehr.“
Problematisch könnte die Lage auch wegen des bald fälligen Rechtsanspruchs für den Offenen Ganztag werden. Zwar bietet Oberhausen im Städtevergleich ein gutes Angebot, schafft aktuell eine Versorgungslage von 77 Prozent. Ab 2029 hat jedes Grundschulkind einen Anspruch auf einen Platz im Offenen Ganztag. Bis dahin muss Oberhausen genügend Kapazitäten schaffen.