Oberhausen. Den Grundschulen in Oberhausen fehlt Lehrpersonal. Die Belastung nimmt zu. Die SPD warnt vor einer „Bildungskatastrophe“.
Wenn die Schulglocke läutet, wird es voll an den Oberhausener Grundschulen. Kleine Klassen gibt es im Stadtgebiet kaum noch, bis zu 30 Kinder sitzen in den Räumen und wollen für die Zukunft gebildet werden. Problem: Es fehlen Lehrerinnen und Lehrer, die sie bilden können.
Um den Mangel aufzuzeigen, hat die SPD, Oppositionspartei im NRW-Landtag, eine Kleine Anfrage gestellt. Sie wollte konkrete Zahlen hören. Das Schulministerium lieferte. Das Ergebnis für Oberhausen: Zum Stichtag 21. Oktober gab es an 17 von 29 Grundschulen zu wenig Personal. „Die Situation ist dramatischer, als ich vermutet habe“, sagt der Oberhausener Landtagsabgeordnete Stefan Zimkeit. Diese Lage werde zusätzlich durch länger erkrankte oder schwangere (und daher freigestellte) Lehrkräfte verschärft.
17 von 29 Grundschulen haben zu wenig Lehrpersonal
Und was sagt die Landesregierung dazu? Die genauen Zahlen seien nur bedingt aussagekräftig, schränkt Schulministerin Dorothee Feller (CDU) ein. Die Personalausstattungsquote, die sich aus dem Bedarf und dem Ist-Zustand zusammensetzt, unterliege Schwankungen und könne sich je nach Abrufdatum ändern. Zum Stichtag 21. Oktober hatte beispielsweise die Königschule die schlechteste Quote. Sie lag bei 73 Prozent. Vier Lehrer fehlten.
Mehr Schul-Nachrichten aus Oberhausen:
- Oberhausener Schüler erhalten 5000 Computer im November
- Bildungsmisere: Warum junge Menschen heute noch Lehrer werden
- Oberhausener Schule lässt Kinder in den Pausen tanzen
„Der Lehrermangel ist extrem“, sagt Schulleiter Sven Siebenmorgen. Seine Grundschule etwa sei bei jeder Ausschreibung dabei. Allerdings gebe es nur eine überschaubare Zahl an Bewerberinnen und Bewerbern. Georg Reuschenbach von der Alsfeldschule kann Ähnliches berichten: Bei Ausschreibungen in der Vergangenheit habe auch schon mal keine Bewerbung vorgelegen. Auch er sagt: „Der Lehrermangel ist krass.“
Lehrkräfte müssen Lücken an anderen Schulen schließen
Die Not lässt sich auch daran festmachen, dass Lehrkräfte an andere Schulen „abgeordnet“ werden. Sie schließen für einige Stunden die Lücken, die andernorts entstanden sind, und kehren dann an ihre alte Schule zurück. „Wir haben momentan drei Lehrer an Schulen abgeordnet, wo es noch einen erheblich größeren Mangel gibt“, sagt Reuschenbach von der Alsfeldschule.
Schulformsprecherin Susanne Amrehn nimmt die Stadt in Schutz. „Sie ist immer bemüht, die Stellen zu besetzen.“ Zuletzt konnte die Stadt sieben neue Lehrkräfte an den Grundschulen begrüßen. Aus Sicht von Amrehn fehlt es weniger an Bewerberinnen und Bewerbern. Die Schülerzahlen wachsen stetig und erfordern immer mehr ausgebildete Lehrkräfte. „Ich glaube, in Oberhausen gibt es keine kleinen Klassen mehr“, sagt die Schulleiterin der Steinbrinkschule. Ein Schnitt von unter 30 Schülerinnen und Schülern sei die Regel. Und die brauchen Platz und Personal.
Belastungen für Lehrerinnen und Lehrer nehmen zu
Doch qualifizierte Lehrkräfte zu gewinnen, ist ein weiteres Problem. Schulleiter Siebenmorgen sieht es so: Der Lehrberuf sei der schönste überhaupt, jedoch würden die Anforderungen ständig wachsen. Wegen des neuen Lehrplans müssten Lehrerinnen und Lehrer eine Fülle an Dokumenten ausfüllen, zugleich nehme auch der Beratungsbedarf zu. Dieser habe sich durch die Corona-Pandemie nochmals erhöht. „Die Lehrer ächzen unter der Belastung.“
- Sie wollen keine Nachrichten aus Oberhausen verpassen? Dann bestellen Sie unseren kostenlosen abendlichen Newsletter: Hier geht’s zur Newsletter-Anmeldung
- Sie möchten mehr Nachrichten und Geschichten aus Oberhausen lesen? Hier geht’s zur WAZ-Stadtseite Oberhausen
- Die WAZ Oberhausen finden Sie auch auf Facebook: Hier geht’s zur Facebookseite
Die Beratungen der Eltern müssen nach Unterrichtsschluss stattfinden, Hefte mit Aufgaben müssen ebenfalls korrigiert werden. Susanne Amrehn glaubt nicht, dass der Beruf an Attraktivität verliert, dafür würde auch sorgen, dass nun die Bezahlung angepasst werde. Wer Lehrerin oder Lehrer sein will, muss aber Flexibilität mitbringen. „Die Anforderungen sind schon viel höher, als sie es einmal waren“, sagt Amrehn.
SPD warnt vor „Bildungskatastrophe“
Reuschenbach schlägt deshalb ein duales Studium vor. Angehende Lehrkäfte müssten schon früh einen Praxisbezug bekommen. Nur ein kleiner Teil schließe das Studium mit dem Master nach sieben Jahren ab. „Eine Mischung aus Schule und Universität wäre das Richtige.“ Auch Amrehn spricht sich dafür aus, an den Universitäten anzusetzen und den Numerus Clausus zu überdenken. „Dieser sagt nicht viel darüber aus, ob man ein guter Grundschullehrer werden kann.“
Die SPD sieht die schwarz-grüne Landesregierung in der Pflicht und warnt schon vor einer Bildungskatastrophe: „Es wäre an der Zeit, eine großangelegte Bildungskonferenz mit allen Eltern-, Schüler- und Lehrerverbänden, mit den Städten, der Wissenschaft und allen demokratischen Parteien einzuberufen“, sagt Zimkeit.