Oberhausen. Im Stadtwald Osterfeld werden Bäume gefällt. Warum das nötig ist, hat jetzt Stadtförster Jürgen Halm vor Ort im Wald erklärt.

Es gibt kaum Themen in der Stadt, die so hitzig und emotional debattiert werden, wie die Fällung von Bäumen. Erst recht, wenn alte, stattliche und vor allem gesunde Bäume weichen müssen, versetzt das vielen Bürgern und Bürgerinnen einen Stich ins Herz. Doch manchmal ist genau dies nötig, um die Zukunft der Oberhausener Wälder zu retten. So erklärt es Stadtförster Jürgen Halm bei einem Rundgang durch den Stadtwald Osterfeld.

Genau hier, in dem Waldgebiet neben dem Revierpark Vonderort, sollen voraussichtlich bis Februar oder März, teils kranke, teils aber auch gesunde Bäume gefällt werden. Buchen, Ahorne, Eschen, Erlen. Dazu ist Halm jüngst durchs Dickicht gestapft und hat die betroffenen Stämme mit gelber Signalfarbe besprüht. Und bei so manch einem markierten Baum fragt sich der Forst-Laie schon: Der soll wirklich weg? Diese wunderschöne Buche, gut 180 Jahre alt, mit dem gewaltigen Stamm und der riesigen Krone sieht doch kerngesund aus.

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Ist sie auch. Aber genau diese „Mörder-Krone“, wie Halm sie nennt, ist das Problem. Denn sie lässt kaum Licht bis zum Waldboden durch. Und dort sprießt schon der Nachwuchs: zarte Ästchen mit hellgrünen Blättern. Richtig gedeihen können die Jungpflanzen ohne Licht aber nicht. Deshalb muss der Stadtförster bei der „Verjüngung“ des Waldes nachhelfen: Alte Bäume entnehmen, damit neue nachwachsen können. Auch junge Bäume müssen weg, viele Ahorne zum Beispiel, die überhandnehmen und den in den Anfangsjahren langsamer wachsenden Buchen keine Chance lassen, groß zu werden.

Die gelben Markierungen zeigen: Diese Bäume werden bald gefällt.
Die gelben Markierungen zeigen: Diese Bäume werden bald gefällt. © FUNKE Foto Services | Ant Palmer

Würde Halm diesen Job nicht machen, würde er den Osterfelder Stadtwald sich selbst überlassen, dann hätten Naturliebhaber nicht mehr lange was von dem Naherholungsgebiet an der Stadtgrenze von Oberhausen und Bottrop. „Man käme gar nicht mehr durch, die Wege würden zuwuchern.“ Macht doch nichts, die Natur holt sich ihren Platz halt zurück, mag manch einer da denken. Und tatsächlich: Für zehn Jahre, schätzt Halm, würde das eventuell gut gehen. „Aber auf lange Sicht würde der Wald zusammenbrechen.“ Um an Licht zu gelangen, würden junge Bäume schneller in die Höhe wachsen – dabei aber vergleichsweise dünne und weniger stabile Stämme entwickeln. Sie würden bei einem starken Sturm wegbrechen. Auch alte Bäume fallen im Sturm. Und hinterließen eine deutliche Lücke, denn neue Bäume wären nicht nachgewachsen.

Tausende Bäume wachsen im Stadtwald Osterfeld

Jürgen Halm ist sich bewusst, dass er von manchen als „Buhmann“ gesehen wird, der Oberhausener Bäumen den Garaus macht. „Dabei geht es mir doch im Gegenteil um das Wohl des Waldes“, sagt er – und wirft ein paar Zahlen in den Raum: Der Osterfelder Stadtwald ist mit rund 35 Hektar fast so groß wie umgerechnet 50 Fußballfelder. Pro Hektar wachsen hier durchschnittlich 1000 Bäume unterschiedlichen Alters. Die Zahl der Bäume, die bis zum Frühjahr gefällt werden, liegt im zweistelligen Bereich.

Oberhausens Stadtförster: Der Diplom-Forstwirt Jürgen Halm von den Servicebetrieben Oberhausen (SBO).
Oberhausens Stadtförster: Der Diplom-Forstwirt Jürgen Halm von den Servicebetrieben Oberhausen (SBO). © FUNKE Foto Services | Ant Palmer

Dabei mag der Fachmann die Zahl nicht genau beziffern, denn die sei in diesem Zusammenhang wenig aussagekräftig. Es mache schließlich einen enormen Unterschied, ob ein 20-Meter-Baum mit einem Stammdurchmesser von mehr als einem Meter gemeint ist. „Oder ein Baum, dessen Stamm ich mit der Hand umschließen kann.“ Wichtig und aussagekräftig sei dagegen die Angabe des Volumens an Holz, das entnommen wird: Von 300 Festmetern je Hektar sind es ungefähr 40. Das entspricht zwar zwölf Prozent der gesamten Holzmasse des Waldes. „Aber man darf nicht vergessen: Es wächst doch kontinuierlich was nach.“ Halm rechnet aus: 2800 Festmeter wachsen nach, 1200 Festmeter werden geschlagen. Die Holzmenge erhöht sich also. „Nachhaltigkeit ist das A und O.“

Zusätzliche Nisthilfen für Vögel

Genug der Zahlen, zurück in den Wald, wo ein Eichhörnchen über den herbstlaubbedeckten Waldboden huscht. „An die Tiere denken wir natürlich, wenn gefällt wird“, sagt Dominic Weiher von der Unteren Naturschutzbehörde, der den Spaziergang ebenfalls begleitet. Gerade alte Bäume dienten vielen Arten als Behausung oder Brutstätte. „Wir kontrollieren die Bäume vor dem Fällen und helfen mit zusätzlichen Nistkästen aus.“ Der Osterfelder Stadtwald ist Heimat für unterschiedliche Tierarten: Viele Fledermäuse leben hier, aber auch Kröten, Käuze, Spechte und andere Vögel. Wurde ein Baum gefällt, bleiben Äste und Stämme vereinzelt auch liegen – als Unterschlupf.

Die Arbeiten führen die Oberhausener Servicebetriebe SBO als zuständige Stadttochter übrigens nicht selbst aus, sondern engagieren ein Fremdunternehmen. Dieses muss zwar bezahlt werden, doch zusätzliche Kosten verursacht das nicht. Denn das geschlagene Holz bringt durchaus Geld ein. Am Ende sogar so viel, dass unterm Strich ein Plus stehen wird, sagt Halm, ohne jedoch konkrete Zahlen zu nennen.