Oberhausen. Viele Ängste und Sorgen – die Berater der Stadtwerke und Energieanbieter werden derzeit von verunsicherten Kunden bestürmt. Es gibt aber Hilfe.
Die Energieversorgung Oberhausen (EVO) muss derzeit einen noch nie erlebten Ansturm ihrer Stammkunden bewältigen – am Telefon, in den E-Mail-Postfächern, vor Ort in den beiden Kundenzentren in Alt-Oberhausen und in Sterkrade. Wie sehr die kritische Lage die Menschen bewegt, bezahlbar eine Wohnung heizen und Licht anschalten zu können, spüren die EVO-Beschäftigten im Kundendienst derzeit hautnah. Die Arbeit ist kaum noch zu bewältigen, es kommt zu sehr langen Wartezeiten.
Gas- und Stromkrise: Es herrscht überall große Unsicherheit
„Gasumlage, Gaspreisbremse, Abschlagserstattung – es herrscht überall eine große Unsicherheit. Die Menschen verstehen und wissen durch die ständig veränderte Nachrichtenlage nicht mehr, was auf sie an Energiekosten zukommt. Bei uns stehen an einigen Tagen 60 bis 70 Leute im Vorraum, darunter sind etliche, die Sorgen haben, dass sie ihre Strom- oder Gasrechnung nicht mehr bezahlen können und ihnen eine Sperre droht“, berichtet die EVO-Kundenservice-Leiterin Sabine Benter im Gespräch mit der Redaktion. Statt 80 Anfragen am Tag wie gewöhnlich sind es bis zu 200; statt der erwarteten 8000 haben im August 20.000 Anrufer die EVO kontaktiert. Am Telefon warten manche 50 Minuten, ehe sie durchdringen.
EVO-Vorstand Hartmut Gieske stellt besorgt fest: „Die Energiekrise wird zur Wirtschaftskrise, die eine soziale Krise auslöst.“ Dass Kunden bei hohen Abschlägen die EVO-Experten vorsorglich um Rat fragen, sei genau richtig. Denn dann könne man handeln. „Wir finden eine Lösung, bieten dann Ratenzahlungen an“, verspricht Benter. Für Wartezeiten bittet sie um Verständnis.
Der sonst gegenüber der Energiepolitik immer wieder auch äußerst kritische EVO-Chef Gieske konstatiert den Politikern diesmal „eine verständliche Überforderung angesichts einer noch nie dagewesenen Krise“. Das Hin und Her der Politik in diesem Jahr, mal Gasumlage, mal Strompreisdeckel, mal Mehrwertsteuerabsenkung, beurteilt der seit mehr als 20 Jahren die EVO führende Gieske milde.
„Wir freuen uns über jede Entlastung des Staates für unsere Kunden. Aber klar ist auch: Dadurch werden die Schmerzen der Energieverteuerung nur abgemildert, sie werden aber weiter existieren. Wichtig ist jetzt aber, dass der Bund schnell handelt und für Klarheit bei der Abwicklung sorgt. Denn den Bürgern brennt es unter den Nägeln. Aber das, was Bundeskanzler Scholz jetzt plant, ist wirklich ein Wumms.“
Gaspreisbremse: Noch ist es nur eine Idee der Expertenkommission
Derzeit liegt nur der Vorschlag der Expertenkommission der Bundesregierung vor: Ein kompletter Monatsabschlag für die Gaslieferung soll im Dezember 2022 von den Steuerkassen übernommen, ab März 2023 soll nach den Vorschlägen der Expertenkommission der Bundesregierung der Gaspreis für 80 Prozent der Lieferung auf zwölf Cent je Kilowattstunde eingefroren werden. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 lag der Gaspreis lange bei um die fünf Cent pro Kilowattstunde Gas. In den nächsten Jahren wird allerdings ein Gaspreis von mindestens zwölf Cent für realistisch gehalten.
EVO informiert zur aktuellen Lage auf Firmen-Webseite
Die Kundendienst-Geschäftsleiterin der EVO, Sabine Benter, bitte alle Kunden in diesen Zeiten um Geduld, wenn die Beantwortung von Mails und die Wartezeiten am Infotelefon zu lange dauern. „Wir versuchen alles, um die Sorgen und Nachfragen der Kunden zu bewältigen“, sagt Benter. Man habe auch bereits mehr Personal bereitgestellt und in Sterkrade ein neues Kundenzentrum eröffnet.
Sabine Benter weist allerdings auch darauf hin, dass die EVO ihren aktuellen Teil der Unternehmens-Webseite im Internet ständig pflegt und eine lange Liste von häufigen Fragen beantwortet. „Vielleicht erübrigt sich für den einen oder anderen dann der Weg zu unserem Kundenzentrum.“ Die EVO-Seite ist aufrufbar unter der Überschrift „Marktlage und Preisanpassung – Fragen und Antworten zur aktuellen Situation“: https://www.evo-energie.de/energiepreise.
Belastbare Informationen zur Gaspreis-Bremse gibt es aber erst, wenn die Empfehlungen der Experten-Kommission in Gesetzesform gegossen sind. Deshalb können die EVO-Manager jetzt auch noch nicht erläutern, wer wann wie viel Geld spart.
Entlastung durch den Staat: EVO-Gaspreis fällt von 18,5 auf 14,0 Cent je Kilowattstunde
Sicher ist jedoch schon, dass der EVO-Gaspreis durch die vorherigen Entscheidungen der Bundesregierung im September für die Zeit ab 1. November bereits gefallen ist: Angekündigt waren 18,5 Cent brutto je Kilowattstunde (inklusive Mehrwertsteuer) nach 10,9 Cent im Sommer 2022, im Herbst vor einem Jahr waren es noch 8,8 Cent. Weil die Gasumlage gekippt und der Mehrwertsteuersatz von 19 auf sieben Prozent abgesenkt wurde, lautet der aktuelle EVO-Preis brutto ab 1. November: 14,0 Cent. Immer noch schmerzhaft, aber fast 25 Prozent weniger als 18,5 Cent.
Damit würde eine EVO-Musterfamilie in einem Vier-Familien-Haus (14.600 Kilowattstunden Gasverbrauch jährlich) statt 2890 Euro „nur“ 2217 Euro im Jahr zahlen – immerhin 673 Euro weniger. Bitter: Vor einem Jahr waren es allerdings 1315 Euro für die warme Wohnung dieser Musterfamilie. Würde der Staat auch noch den Dezember-Abschlag übernehmen, wären es in diesem Jahr noch einmal etwa 150 Euro billiger. Damit würde die Musterfamilie also insgesamt gut 800 Euro im Jahr weniger für ihre Gasheizung zahlen, als zunächst geplant. Auch Fernwärmekunden sollen nach Vorschlag der Expertenkommission entlastet werden.