Oberhausen. Eine Explosion schreckt frühmorgens Menschen in Oberhausen auf – ein Anschlag auf das Linke Zentrum in der City. Der Staatsschutz ermittelt.

Eine heftige Explosion hat am frühen Dienstagmorgen die Scheiben des Linken Zentrums an der Elsässer Straße in Alt-Oberhausen zersplittern lassen. Auch Fensterscheiben des gegenüberliegenden Reisebüros und des dortigen Friseurgeschäfts sind zerstört worden. Zum Glück hat es keine Verletzten gegeben. Der Schaden ist insgesamt erheblich. Der Staatsschutz der Polizei Essen übernahm mit Beamten des Landeskriminalamtes (LKA) die Ermittlungen.

Das sagt die Stadtspitze

Oberbürgermeister Daniel Schranz formuliert mit Blick auf die Explosion an der Elsässer Straße: „Sollte sich die Explosion am Büro der Linken als krimineller Anschlag bestätigen, ist er aufs Schärfste zu verurteilen. Der oder die Täter müssen ermittelt und zur Verantwortung gezogen werden. Ich bin froh, dass niemand körperlich zu Schaden gekommen ist.“

Weiter heißt es: „Dennoch muss man festhalten, dass dieser mutmaßliche Versuch der Einschüchterung eine Eskalation darstellen würde, die wir nicht tolerieren dürfen.“

Die Stadt Oberhausen stehe für „einen fairen, menschlichen Umgang miteinander“ und habe der Partei Die Linke Unterstützung angeboten.

Gegen 3.20 Uhr alarmieren Anwohner die Polizei, als sie durch einen lauten Knall aufgeschreckt werden. Kurz darauf sind die ersten Polizisten vor Ort präsent. Yusuf Karacelik, Fraktionschef der Linken im Stadtrat, wird um 3.35 Uhr über den Anschlag auf das Linke Zentrum informiert und ist bereits um vier Uhr früh vor Ort. Zu diesem Zeitpunkt stehen geschockte und verstörte Anwohner auf der Elsässer Straße, die aus dem Schlaf gerissen worden und aus dem Europahaus hinausgelaufen sind. Sie trauen sich vorerst nicht mehr in das Gebäude hinein, weil sie weitere Explosionen befürchten.

3D-Scanner kommt zum Einsatz

Die Polizei sperrt den Tatort mit weiß-rotem Flatterband weiträumig ab. Die Feuerwehr eilt herbei und untersucht die Statik des Gebäudes: Sie ist glücklicherweise intakt geblieben. Die Spurensicherung rückt dann an, die jedes Detail der Zerstörungen unter die Lupe nimmt, wobei auch ein 3D-Scanner für minutiös genaue Tatortaufnahmen zum Einsatz kommt. Ein Bekennerschreiben liegt nicht vor, auch sonst gibt es offenbar keine sofort ersichtlichen Hinweise auf mögliche Täter.

Mit Flatterband hat die Polizei den Tatort an der Elsässer Straße in Oberhausen weiträumig abgesperrt. Das Linke Zentrum liegt gegenüber dem bekannten Oberhausener Kino „Lichtburg“.
Mit Flatterband hat die Polizei den Tatort an der Elsässer Straße in Oberhausen weiträumig abgesperrt. Das Linke Zentrum liegt gegenüber dem bekannten Oberhausener Kino „Lichtburg“. © Justin Brosch

„Da eine politisch motivierte Straftat nicht ausgeschlossen werden kann, hat der Staatsschutz die Ermittlungen übernommen“, erklärt Polizeisprecher Pascal Schwarz-Pettinato vor Ort auf der Elsässer Straße. Das Linke Zentrum liegt gegenüber dem bekannten Oberhausener Kino „Lichtburg“. Mehrere Streifenwagen sind dort präsent. Polizisten weisen Passanten darauf hin, dass die Elsässer Straße vorerst für den Fußgängerverkehr an dieser Stelle gesperrt ist: „Hier kommen Sie nicht durch!“

Trümmerstücke in den Räumen

Yusuf Karacelik, Fraktionschef der Linken im Oberhausener Rat
Yusuf Karacelik, Fraktionschef der Linken im Oberhausener Rat © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

„Dass wir so etwas in Oberhausen erleben müssen, ist wirklich traurig“, sagt Linken-Ratsfraktionschef Yusuf Karacelik. Die Betroffenheit der Menschen ist am Dienstagmorgen rund um das Linke Zentrum in jeder Minute zu spüren. Parteimitglieder sind herbeigeeilt, reden miteinander über die frühmorgendliche Detonation mitten in der Stadt. Durch die hinteren Scheiben des Parteilokals lassen sich zahlreiche wild verstreute Trümmerstücke in den Räumen erkennen, die überall am Boden liegen. Das Aufräumen und Reparieren wird hier einige Zeit in Anspruch nehmen.

Er gehe davon aus, dass das ein Anschlag war, für den die Verantwortlichen im rechten politischen Spektrum zu finden seien, sagt Yusuf Karacelik, der auf die aufgeheizte politische Stimmung in Oberhausen verweist, ausgelöst durch die Anti-Corona-Demos an jedem Mittwoch in Alt-Oberhausen.

Die Polizei hält sich mit allen Vermutungen strikt zurück, verweist auf die umfangreichen laufenden Ermittlungen, deren Ergebnisse erst einmal abzuwarten seien. Zeugen können sich unter 0201/8290 bei der Polizei Essen melden.

Um 13.40 Uhr dann eine dpa-Meldung: „Nach der Explosion am Parteibüro der Linken hat die Polizei nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur Hinweise auf einen selbst gebastelten Sprengsatz gefunden. Aus Ermittlerkreisen hieß es, dass eine sogenannte ,Unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung’ (USBV) verantwortlich sein könnte – gebaut unter anderem mit ,Blitzsprengstoff’, wie ihn Feuerwerkskörper enthalten.“

Andere Parteien bekunden ihre Solidarität

Bereits am Vormittag äußern sich die Jusos: „Wir verurteilen den Sprengstoffanschlag auf das Linke Zentrum auf das Schärfste und drücken allen Betroffenen unsere Solidarität aus. Kein politischer Unterschied rechtfertigt eine solche Tat!“, erklärt Tim Tzscheppan, Vorsitzender der Jusos Oberhausen. Dass keine Menschen körperlich zu Schaden gekommen seien, sei „pures Glück“. Tim Tzscheppan: „Für uns zeigt sich mal wieder, dass aus Hass und Hetze Taten folgen. Die geistigen Brandstifter müssen zur Verantwortung gezogen werden!“

Im Verlaufe des Dienstags melden sich weitere Parteien zu Wort und verurteilen den Anschlag auf das Linke Zentrum. Andreas Blanke (Grüne) spricht von einer niederträchtigen Attacke, die er aufs Schärfste verurteile. Die CDU formuliert: „Gewalt und Terror sind vollkommen inakzeptabel in einer Demokratie.“ Hier stünden alle demokratischen Parteien zusammen. Der Landesverband der Partei Die Linke fordert von der Landesregierung „endlich ein konsequentes Vorgehen gegen rechte Gewalt“.