Oberhausen. Im April hat der RVR eine Hundewiese in Oberhausen eröffnet. Doch die sei so nicht zu nutzen, sagen Hundehalter, die sich um ihre Tiere sorgen.

Aufgeregt schnuppert Emma am hohen Gras, stellt sich auf die Hinterbeine. Als ihre Halterin Jacqueline M. dem kleinen Hund die Leine abnimmt, ist der Vierbeiner nicht mehr zu halten – und verschwindet im Grün. Auch wenn Emma es sichtlich genießt, durch das hüfthoch gewachsene Gras auf der Hundewiese am Oberhausener Haus Ripshorst zu toben, Jaqueline M. kann sich darüber nicht freuen. „Da vorne ist die Straße“, sagt die 55-Jährige. Einen Zaun gibt es nicht. Nur die wippenden Grashalmspitzen verraten, wo sich ihr Hund befindet. Was, wenn Emma auf die Straße läuft? Seit Monaten ungemäht – so ist die Wiese nicht zu nutzen, meint nicht nur die Besucherin aus Essen.

Im April 2022 ist die Hundefreilauffläche des Regionalverbands Ruhr (RVR) an der Ripshorster Straße in Oberhausen eröffnet worden. Auf 10.200 Quadratmetern können Hundehaltende ihren Vierbeinern hier leinenfreien Lauf lassen, versprach der RVR damals. Doch es gibt ein Problem: Laut RVR leben auf der neuen Hundewiese seltene Insekten, darunter Rote-Liste-Arten wie die Witwenblumen-Sandbiene und die Kuckucksbiene.

Das letzte Mal gekürzt wurde das Gras im Oktober 2021

Um diesen Tieren nicht die Nahrung zu nehmen, könne die Wiese erst im August gemäht werden, teilt eine Sprecherin des Unternehmens mit. Bis dahin dienen ausgemähte Wege als Übergangslösung. Die Termine für die Mahd seien seit Jahren festgelegt und mit der unteren Naturschutzbehörde (UNB), der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet (BSWR) sowie Umweltverbänden abgestimmt. Das letzte Mal gekürzt wurde das Gras im Oktober 2021 – also vor acht Monaten.

Ingrid Leeuwerik fürchtet, dass der RVR für die in ihren Augen nicht nutzbare Hundewiese Steuergelder verschwendet hat – zum Beispiel um Schilder aufzustellen. Der RVR sagt, das investierte Geld stamme aus Pachteinnahmen.
Ingrid Leeuwerik fürchtet, dass der RVR für die in ihren Augen nicht nutzbare Hundewiese Steuergelder verschwendet hat – zum Beispiel um Schilder aufzustellen. Der RVR sagt, das investierte Geld stamme aus Pachteinnahmen. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Entsprechend hoch wuchern die Pflanzen auf der Fläche am Haus Ripshorst. „So macht eine Hundewiese keinen Sinn“, finden die Hundehalterinnen Ingrid Leeuwerik und Andrea B. Auch zweifeln die Frauen an, dass die Wiese sich überhaupt als Freilauffläche für die Vierbeiner eignet. Andrea B.: „Wenn hier wirklich so seltene Tiere sind, sind die Hunde auch eine Gefahr für sie.“

Hundewiese ist für den RVR ein Kompromiss

Auf diese Sorgen hat der RVR eine etwas andere Perspektive: Immer wieder würden Hunde unerlaubterweise in der Parkanlage von der Leine gelassen und liefen auf die Wiesen. Freilaufende Hunde stellten also in der gesamten Anlage und grundsätzlich „einen Störfaktor für die schützenswerte Flora und Fauna und für die landwirtschaftliche Erzeugung von Futtermitteln“ dar. Um diese Belastung zu reduzieren, habe der RVR nun einen Bereich speziell als Hundefreilauffläche ausgewiesen. Mit dem Ziel, dass die Natur nur noch in diesem kleinen Teil des Parks beeinträchtigt werde.

Die Sprecherin betont, „dass wir die Hundefreilauffläche nicht aus touristischen Gründen eröffnet haben, sondern einzig aus dem Grund, um die wertvolle Natur in der Parkanlage zu schützen und einen dort bestehenden Nutzungskonflikt so zu reduzieren, dass für alle ein Kompromiss gefunden werden kann und keiner das Nachsehen haben muss“.

RVR: Das investierte Geld stammt aus Pachteinnahmen

Für Ingrid Leeuwerik und ihre Begleiterinnen ist das wenig zielführend. Noch dazu seien hier nutzlos finanzielle Mittel investiert – womöglich Steuergelder verschwendet worden. Es wurde Werbung gemacht, zählt sie auf, es wurden Schilder aufgestellt, die Parkplatzbegrenzung wurde aufgesägt, um Durchgänge zur Freilauffläche zu schaffen. Auch Bänke wollte der RVR aufstellen und Mülleimer, so war es angekündigt. „Wo kriegt der RVR die Gelder her, die hier in den Kamin geschossen werden?“, fragt Leeuwerik.

Das Gras auf der Hundefreilauffläche ist hüfthoch gewachsen und bis August bleibt das auch noch so. Hund Leni findet’s super, in den hohen Halmen zu verschwinden. Ihre Halterin aber meint: „Es ist nicht Sinn einer Hundewiese, dass man seinen Hund nicht wiederfindet.“
Das Gras auf der Hundefreilauffläche ist hüfthoch gewachsen und bis August bleibt das auch noch so. Hund Leni findet’s super, in den hohen Halmen zu verschwinden. Ihre Halterin aber meint: „Es ist nicht Sinn einer Hundewiese, dass man seinen Hund nicht wiederfindet.“ © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Mit dem Vorwurf konfrontiert antwortet der RVR: „Es wurden bisher alle Leistungen in Eigenleistung erbracht.“ Das investierte Geld stamme aus „Pachteinnahmen für die (auch landwirtschaftlich genutzten) Wiesenflächen“, erklärt die RVR-Sprecherin. Mülleimer und Sitzbänke befänden sich aktuell noch im Vergabeverfahren, würden aber völlig unabhängig von einer Hundefreilauffläche beschafft.

Die Erfahrungen zeigten, „dass die meisten Hundehaltenden die Wiese mit dem gemähten Wegesystem für durchaus nutzbar halten“, schildert die Sprecherin die Eindrücke der Mitarbeitenden vor Ort. Wer das Angebot am Haus Ripshorst aber nicht nutzen wolle, dem stehe die nahe gelegene Hundewiese an der Sühlstraße offen. „Dort ist die Fläche eingezäunt und gemäht“, so die Sprecherin. Für Ingrid Leeuwerik und ihre Gassi-Geh-Freundinnen ist das keine wirkliche Alternative. Zu klein, zu schmutzig – einfach unattraktiv, finden sie. Und so weichen die drei mittlerweile auf andere Hundefreilaufflächen aus. Zum Beispiel in Essen. „Da wird nämlich gemäht“, sagt Leeuwerik.