Oberhausen. Mit Autorinnengesprächen beruft sich das Theater auf die US-Tradition des „Black History Month“. Große Resonanz gab’s für Sharon Dodua Otoo.
Vier Schauspielerinnen im 20-köpfigen Ensemble des Theaters können sich als „People of Color“ sehen – wenn sie dieses neuzeitliche Attribut für sich akzeptieren – dazu zwei der vier Dramaturginnen. Dennoch sollte der jetzt am Will-Quadflieg-Platz ausgerufene „Black Her*/Story Month“ natürlich mehr sein als Selbstbespiegelung – zumal sich der krause Titel auf eine stolze, fast hundertjährige US-Tradition beruft.
Für einen noch kleinen Kreis begründete 1926 der Historiker Carter Woodson die „Negro History Week”, um die kulturellen Beiträge von Afroamerikanern sichtbar zu machen. 50 Jahre später – zum 200. Geburtstag der USA – verlieh Kurzzeit-Präsident Gerald Ford der „Black History Month” quasi bundesstaatliche Weihen als fester Event im Terminkalender von Kultur- und Bildungsinstitutionen. Die Wahl fiel früh auf den Februar, um auf die Geburtstage von Abraham Lincoln (12.2. 1809) und des in der Sklaverei aufgewachsenen Schriftstellers Frederick Douglass (14.2. 1818) zu verweisen. Carter Woodson lag an einer Korrektur jener rassistischen Geschichtsklitterung, die im frühen 20. Jahrhundert verlogene Epen wie „Vom Winde verweht“ für die historische Wahrheit nahm.
Längst hat der „Black History Month” in den USA ein durchaus umstrittenes Festival-Gepräge – und ist außerhalb universitärer Zirkel zu „Big Business“ geworden: gesponsert von Konzernen zwecks Imagepflege. Im Theater Oberhausen fängt man viel kleiner an, mit zunächst zwei Terminen. Allerdings kann der erste Abend im Saal 2 des Theaters am Donnerstag, 3. Februar, um 19.30 Uhr bereits mit einer Ingeborg-Bachmann-Preisträgerin aufwarten.
„Adas Raum“ führt durch vier Jahrhunderte
2016 gewann Sharon Dodua Otoo, britische Literatin mit ghanaischen Wurzeln, die berühmte Literaten-Konkurrenz am Wörthersee. Im Vorjahr veröffentlichte die 49-Jährige ihren ersten Roman, den sie in deutscher Sprache geschrieben hatte: „Adas Raum“ fand dank seines Jahrhunderte überspannenden Konzepts große Resonanz in den Feuilletons.
Hundert Jahre Familiengeschichte
Karten für die beiden Lesungen plus Gespräche kosten jeweils 5 Euro, erhältlich per Mail an besucherbuero@theater-oberhausen.de, 0208 8578 184.
Als „Actionlesung“ firmiert ein weiteres Literaturgespräch – und zwar am Donnerstag, 21. April, um 19.30 Uhr im Saal 2 mit Akın Emanuel Şipal, dem Autor von „Kohlenstaub und Bühnennebel“, der Jubiläums-Komödie zum 101-Jährigen des Theaters. In „Mutter Vater Land“ erzählt Şipal nun von hundert Jahren Familiengeschichte zwischen Deutschland und der Türkei, in der vier Generationen aufeinanderprallen – darin verstrickt der Erzähler selbst.
Sharon Dodua Otoo erzählt von vier Frauen namens Ada: von einer Afrikanerin des 15. Jahrhunderts, die in die Sklaverei verschleppt wird, von Ada Lovelace, der Tochter des Libertins Lord Byron und Vordenkerin des Computers, von einer jüdischen Zwangsprostituierten während des NS-Terrors und von einer Wohnungssuchenden im Berlin der Gegenwart. Dramaturgin Daniele Daude gestaltet diesen Abend allerdings nicht als konventionelle Lesung, sondern als Autorinnengespräch – mit einer weiteren Protagonistin: Die Literaturwissenschaftlerin Raphaëlle Efoui-Delplanque schreibt Prosa auf Französisch, Englisch und Deutsch. An der Freien Universität in Berlin forscht sie zu zeitgenössischer Literatur der afrikanischen Diaspora.
Auch das zweite, von Daniele Daude moderierte Gespräch am Donnerstag, 17. Februar, um 19.30 Uhr präsentiert eine Autorin und einen Autor am Anfang ihrer literarischen Laufbahn: Julienne De Muirier, geboren in Köln, lebt als freischaffende Autorin in Dortmund und arbeitet an ihrem ersten Romanprojekt. Im Vorjahr wirkte sie als Co-Autorin in der Brecht-Inszenierung „Im Dickicht der Städte“ am Theater Oberhausen mit – und setzt diese Arbeit für die aktuelle Spielzeit mit „I Wanna Be A Boiband” von Shari Asha Crosson fort.
Als Schauspiel-Student am Lincoln Center
Der 27-jährige Lamin Leroy Gibba, in Hamburg aufgewachsen, sammelte erste Theatererfahrungen in der Jugendgruppe des Deutschen Schauspielhauses in St. Georg. Er studierte Schauspiel und Film in New York und spielte bereits als Student an Theatern der Millionen-Metropole: vom Classical Theater of Harlem bis zum Lincoln Center. Daneben schreibt Lamin Leroy Gibba Drehbücher – und wurde mit seinem Kurzfilm „Fever Source“ zum „Art of Brooklyn Film Festival“ eingeladen.