Oberhausen. In Oberhausener Wäldern fallen große Bäume. Bürger fürchten schrumpfende Bestände. Doch das Gegenteil sei der Fall, erklärt der Stadtförster.

Das Laub ist feucht. Jeder Schritt verursacht ein knarzendes Rascheln auf dem rutschigen Waldboden rund um die Hühnerheide im Oberhausener Norden. Für Stadtförster Jürgen Halm ist kein Strauch wie der andere. Halm ist hier sozusagen ein Waldbewohner. Von einem Teil des Inventars muss er sich aber bald trennen.

Die Baum-Bestände werden regelmäßig durchforstet, meist im Turnus von fünf bis sieben Jahren. Das bedeutet: Bald fallen wieder einige hochgewachsene Stämme. Die aufgesprühten grünen Markierungen sind schon an den Eingängen der Spazierwege gut sichtbar. Manche weisen auf einen Abschied hin, andere dienen nur als Wegweiser für einfahrende Forstmaschinen.

Halm trägt eine Karte mit Planquadraten in der Hand, auf der farbige Muster den Wald unterteilen. Es sind die Ergebnisse seiner Inventur. Er deutet auf die Umgebung zwischen Forst- und Rabenstraße. „In diesen zwei Hektar Fläche müssen 90 Baummeter gefällt werden“, erklärt der erfahrene Diplom-Förster.

Dichte Baumkronen rauben dem Wald das Licht für Wachstum

Auch Spaziergänger, Hundebesitzer und Jogger haben die grünen Markierungen, Striche, Kreuze und Punkte bereits erspäht. Diesmal hat Halm eine kleine Besuchergruppe im Schlepptau. Oberhausener Bürger können dem Stadtförster über die Schulter schauen.

Eine kräftig knarzende Säge sorgt aber eher für Grausen. „Warum wird der schöne Wald für nachfolgende Generationen nicht erhalten?“, haben Spaziergänger gegenüber den Forstarbeitern schon häufiger besorgt geäußert.

Doch mit blankem Öko-Horror habe die Fällungen nichts zu tun, wie Experten kleinteilig erklären. Verkürzt gesagt, sie bringen sogar Licht in die Dunkelheit, wie der Stadtförster ausführt: „Wir müssen Bäume fällen, damit die Struktur des Waldes erhalten bleibt.“ Kurz: Gelangt durch dichte Baumkronen nicht genügend Licht auf den Boden, kann nichts nachwachsen.

Auch beschädigte und kranke Bäume könnten das Wachstum von gesunden Nachbarn behindern. Wälder drohen zu vergreisen. Die Artenvielfalt nimmt ab. Zuletzt zeigte sich Halm über den Zustand der Buchen in Oberhausener Wäldern und Parks besorgt. Trockene Sommer und Krankheitsbefall hatten Spuren hinterlassen.

Welcher Stamm fällt? Der Zustand des Baums entscheidet

Halm deutet auf drei Bäume, zwei Eichen und einen Ahorn. Einer der Bäume erhält die Markierung mit grüner Sprühfarbe. Etwa 70 Jahre steht das Trio dicht zusammen. Warum muss der eine Stamm weichen und zwei andere nicht?

„Das hat mit der Qualität des Baumes zu tun.“ Wer die beste Wachstumsprognose erhält, den besten Holzwuchs besitzt, bleibt stehen. Wer dagegen instabil ist und sogar ein Sicherheitsrisiko darstellt, natürlich nicht.

Doch auch andere Einflüsse spielen eine Rolle: So werde mit Naturschutzorganisationen geprüft, ob der Baum Tieren als Unterschlupf diene. Ein Argument für den Erhalt.

Der Vermutung, dass die Stadt Oberhausen die Bäume zum Erliegen bringt, um sich mit dem Verkauf von Holz das Säckel zu füllen, widerspricht der städtische Umwelt-Bereichsleiter Markus Werntgen-Orman. Auch wenn der Holzpreis derzeit explodiert. „Die Erlöse können kaum die Kosten decken.“

Hühnerheide: Spaziergänger wundern sich über Holzstapel

Trotzdem beobachten Bürger immer wieder hochgestapelte, verwaiste Holzpaletten am Wegesrand. Auch im Waldgebiet Hühnerheide haben sie Spaziergänger schon bemerkt. Dass wertvolles Holz hier von den Forstbetrieben arglos liegen gelassen, womöglich vergessen werde, kann der Stadtförster aber widerlegen. „In der Regel ist das Holz verkauft, wurde vom Käufer aber noch nicht abgeholt.“

Üblicherweise hätten diese maximal drei Jahre Zeit bis der Besitz verfalle. Das sei aber in der Praxis nicht ratsam, schließlich vermindere sich der Holzzustand bei feuchter Lagerung. „Irgendwann reicht es dann nur noch für den Häcksler.“

Wann alle ausgewählten Bäume der Durchforstung in der Hühnerheide fallen, ist noch unklar. Momentan sei es schwierig, genügend Forstarbeiter zu finden. Der Facharbeitermangel betrifft auch die Forstwirtschaft.

>>> Mischwald an der Hühnerheide - fast 150 Hektar grüne Lunge

Das Waldgebiet an der Hühnerheide zieht sich von Barmingholten bis nach Schmachtendorf und liegt an der Stadtgrenze zu Dinslaken. Bei Spaziergängern ist die Gegend beliebt.

Dabei handelt es sich um einen Mischwald mit Eiche, Buche, Ahorn und Kiefer. Viele Bäume sind zwischen 50 und 70 Jahre alt. Große Exemplare haben Weltkriege überstanden und sind hier schon seit 120 Jahren in der Erde verwurzelt.