Oberhausen. In Oberhausen sorgt die Abschiebung einer afghanischen Familie für Entsetzen. Grüne sprechen von inhumanem Vorgehen und verlangen Aufklärung.

Die Abschiebung einer afghanischen Familie löst in Oberhausen Empörung aus. „Wir sind zutiefst entsetzt über diese inhumane Abschiebung der afghanischen Familie und die Art des Vorgehens der Oberhausener Ausländerbehörde“, sagt Andreas Blanke, Sprecher der Oberhausener Grünen und Mitglied im Rat der Stadt. Einen alleinerziehenden Vater und seine vier Kinder holten Beamte in der Nacht vom 28. auf den 29. November aus der Geflüchteten-Unterkunft an der Bahnstraße: Sie wurden nach Kroatien ausgeflogen.

Nach Angaben der Grünen umstellten Oberhausener Ausländerbehörde und Polizei das Flüchtlingsheim in Holten nachts und lockten die Familie unter dem Vorwand, es gebe dort einen Corona-Fall, aus der Unterkunft. Letzterem widerspricht die Stadt. Der Vater und seine elf, neun, sieben und fünf Jahre alten Kinder wurden dann nach Stuttgart gebracht und nach Kroatien abgeschoben. Von dort aus war die Familie im Oktober 2019 nach Deutschland eingereist und lebte seit Januar 2020 in Oberhausen. Drei der Kinder besuchten regelmäßig in Oberhausen die Schule, das jüngste Kind eine Kindertageseinrichtung.

Oberhausener Grüne: Es sollte keine überfallartigen Abschiebungen mehr geben

Insbesondere für die Kinder müsse die Abschiebung traumatisch gewesen sein, vermutet Andreas Blanke. Auch andere Familien in der Unterkunft hätten nun Angst „vor weiteren nächtlichen Abschiebungen“. Diese „überfallartigen“ Aktionen sollte es auch eigentlich gar nicht mehr geben. Das war nach Darstellung der Grünen zwischen Stadt Oberhausen und dem „Arbeitskreis Flucht und Migration“ vereinbart.

Mit dieser Darstellung von der Redaktion konfrontiert, spricht die Stadt in ihrer offiziellen schriftlichen Stellungnahme von einem Ausnahmefall, der besprochen werden müsse: „Abschiebungen bei Familien mit Kindern unter 14 Jahren sollen unter Ausschöpfung der Handlungsspielräume nicht nachts durchgeführt werden, was in Oberhausen auch üblicherweise Praxis ist. Dass in diesem Fall davon abgewichen wurde, ist ein sehr bedauerlicher Einzelfall. Er wird behördenintern aufgearbeitet werden, um sicher zu stellen, dass sich ein solcher Fall nicht wiederholt.“

Stadt führt organisatorische Gründe an

Als Begründung für die nächtliche Aktion führt die Stadt organisatorische Gründe an: Da der Flieger nach Zagreb um 11.25 Uhr starten sollte, musste die Familie bereits um 9.25 Uhr am Stuttgarter Flughafen sein. Vorher musste mit einem PCR-Test eine Corona-Infektion ausgeschlossen werden – eine Vorgabe des kroatischen Staates für die Einreise.

Die Linke Liste in Oberhausen befürchtet, dass das Schicksal der betroffenen Familie in diesem Fall nur eine untergeordnete Rolle gespielt habe, und bezeichnet das Verhalten der Ausländerbehörde als „unmenschlich“. Auch der Flüchtlingsrat fragt: „Gebieten nicht die Menschenrechte, dass Kinder nicht mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen und transportiert werden sollen? Und ist es wirklich zumutbar, wenn die Abschiebung durch ganz Deutschland erfolgt?“

Mutter der vier Kinder war auf der Flucht in Kroatien gestorben

Nach Angaben der Stadt haben das Bundesamt für Migration sowie das Rathaus selbst die afghanische Familie mehrfach über die „bevorstehende zeitnahe Abschiebung“ informiert. Bereits im November 2019, also kurz nach der Einreise nach Deutschland, wurde dem Vater mitgeteilt, dass er und seine Kinder wieder ausreisen müssen. Grund dafür ist, dass die Familie aus Afghanistan über Kroatien in die EU gekommen ist, der Asylantrag also dort gestellt werden muss. Die Mutter der vier Kinder war auf der Flucht in Kroatien gestorben.

Laut Gesetz gilt für die afghanische Familie nun ein auf 19 Monate befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot, erklärt die Stadt Oberhausen. Grüne und Linke Liste fordern, das „inhumane Vorgehen“ lückenlos aufzuklären. In der Ratssitzung am Montag, 13. Dezember 2021, soll dazu eine Aktuelle Stunde stattfinden.