Oberhausen. Schlimme Zustände in ihrer Heimat haben sie einst fliehen lassen. Doch immer wieder kehren Flüchtlinge aus Oberhausen in die Heimatländer zurück.

Eine geflüchtete Frau ist schwer erkrankt und möchte nicht in einem fremden Land, sondern in der Heimat sterben. Ein 16-Jähriger hofft auf ein besseres Leben in Deutschland, ist in seinen jungen Jahren aber völlig überfordert und vermisst seine Familie. Nur zwei Einzelschicksale, die für viele stehen: Rund 100 einst nach Deutschland geflüchtete Menschen möchten in Oberhausen Jahr für Jahr zurück nach Hause.

Das ist nicht einfach: Oft fehlt das Geld für eine Bus- oder Flugreise, die politische Situation in der Heimat ist womöglich noch angespannt. Wie schaffe ich zu Hause eine Existenzgrundlage? Ist die medizinische Versorgung sichergestellt? Und bekommen meine Kinder auch einen Platz in der Schule? Rat und Hilfe bekommen die Menschen bei Mesude Tavukcu. Die Mitarbeiterin des Deutschen Roten Kreuzes berät seit rund dreieinhalb Jahren Rückkehrer in Oberhausen und begleitet die Menschen auf dem Weg zur freiwilligen Ausreise.

380 Beratungsgespräche im vergangenen Jahr

Mehr als 380 Beratungsgespräche hat sie im vergangenen Jahr mit den gut 100 Betroffenen geführt. Im Schnitt jeder zweite Ratsuchende verlässt dann auch tatsächlich Deutschland – im vergangenen Jahr also etwa 50 Menschen. Allen gemein: fehlende Perspektiven. Die Menschen machen sich wenig Hoffnung auf einen Aufenthaltstitel oder haben bereits eine Ablehnung auf den Asylantrag erhalten. „Es gibt aber auch Menschen, die bleiben dürften, es aber nicht möchten“, erzählt Mesude Tavukcu. Sie sind unglücklich, haben Heimweh und sich das Leben in Deutschland ganz anders vorgestellt.

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Ganz unterschiedlich sind dagegen die Gefühlslagen der Rückkehrer. „Manche freuen sich auf ihr Zuhause, auf die lieben Menschen, die sie einst zurücklassen mussten“, sagt Tavukcu weiter. Andere dagegen seien sehr deprimiert. „Sie hätten sich gerne ein Leben in Oberhausen aufgebaut, haben es aber nicht geschafft.“ Mit den persönlichen Schicksalen der Betroffenen umzugehen, sie schon sehr hart. Aber Mesude Tavukcu hat eine psychotherapeutische Ausbildung absolviert und schafft es dank dieser, die traurigen Geschichten nicht mit nach Hause zu nehmen.

Starthilfe für die neue Existenz

Für die Ausreise erhalten die Betroffenen finanzielle Unterstützung. Das Geld kommt von der Internationalen Organisation für Migration (IOM). 173 Nationen gehören dieser Organisation an, die sich mit einem finanziellen Beitrag an den jeweiligen Hilfsprogrammen beteiligen. Die ausreisenden Menschen bekommen ein Flug- oder Busticket und eine Reisebeihilfe. Diese beträgt in der Regel 200 Euro für die Vorbereitung plus weitere 1000 Euro bei der Ausreise. Je nach Herkunftsland gewähren die heimischen Regierungen zusätzlich Starthilfen für den Aufbau einer neuen Existenz. Die Hilfen werden nur einmalig gewährt, ein Verbot zur abermaligen Einreise wird – anders als bei Abschiebungen – nicht ausgesprochen.

15 verschiedene Nationalitäten

Im vergangenen Jahr zählte Beraterin Mesude Tavukcu 15 verschiedene Nationalitäten in ihrer Sprechstunde. Die Menschen stammten unter anderem aus dem Irak, aus Afghanistan, China, Bangladesch, Aserbaidschan, der Türkei oder auch Serbien.

Das Deutsche Rote Kreuz arbeitet eng mit Ausländerbehörden und den Sozialämtern zusammen. „Man hilft sich gegenseitig und auch mal über dem kurzen Dienstweg, etwa wenn nötige Papiere fehlen“, erklärt die Beraterin.

Immer wieder suchen auch Flüchtlinge aus Syrien Tavukcus Sprechstunde in der Gemeinschaftsunterkunft an der Duisburger Straße auf, um sich über Möglichkeiten der freiwilligen Ausreise zu informieren. Diese muss sie allerdings immer wieder wegschicken, denn eine Ausreise nach Syrien unterstützt die IOM nicht. „Das Land befindet sich noch immer im Bürgerkrieg, Menschen zu helfen, dorthin zurückzukehren, ist unverantwortlich.“