Oberhausen. Die Preise für Gas, Öl und Strom steigen. Das bringt nicht nur ärmere Familien, Paare und Singles in Bedrängnis. Wie kann die Hilfe aussehen?
Angesichts der steigenden Energiepreise fordern die Linken in Oberhausen, dass bei der Energieversorgung Oberhausen (EVO) künftig von Strom- oder Gassperrungen abgesehen wird. „Geringverdiener oder Hartz-IV-Empfänger werden die explodierenden Preise besonders treffen. Viele werden das nicht mehr stemmen können“, sagt der Linken-Fraktionsvorsitzende Yusuf Karacelik. Die EVO dürfe angesichts dieser Entwicklung Strom oder Gas bei säumigen Kunden nicht länger abdrehen.
In der Corona-Zeit hatte der Energieversorger bereits mehrere Monate Sperrungen ausgesetzt, zuletzt von Mitte Dezember 2020 bis März 2021. Aus wirtschaftlichen Gründen, so argumentierte der Energieversorger, ließen sich diese „Milde und Kulanz“ jedoch nicht weiter fortsetzen. Fast 1000 Kunden drohte nach der Pause eine Sperrung.
Viele Anbieter kündigen deutliche Preiserhöhungen an - EVO noch zurückhaltend
Das schmale Angebot auf dem Weltmarkt und die hohe industrielle Nachfrage nach der Corona-Hochphase sorgen derzeit dafür, dass die Preise sowohl für Erdgas als auch für Öl in die Höhe schießen. So ist der Gas-Großhandelspreis seit Januar um 440 Prozent gestiegen. Bei Strom kommt eine weitere Erhöhung des CO2-Preises zum Jahreswechsel hinzu. Dafür wird immerhin die EEG-Umlage, die bereits ein Fünftel des Strompreises ausmacht, deutlich sinken. Lesen Sie auch:Steigende Kosten: Warum Heizen jetzt so teuer wird
Wie sich die Preise bei der EVO verändern werden, konnte man dort auf Nachfrage noch nicht beantworten. Informationen werden für Ende Oktober erwartet. Viele regionale Anbieter haben nach Beobachtung des Vergleichsportals „Verivox“ bereits deutliche Preiserhöhungen angekündigt. Der Ausblick: etwa 190 Euro Zusatzkosten pro Haushalt.
Auch der Städte- und Gemeindebund (DStGB) fordert angesichts der steigenden Gas- und Ölpreise, Geringverdiener zu entlasten. Zugleich macht sich Geschäftsführer Gerd Landsberg Sorgen um die Folgen für die Stadtfinanzen. Die Energiepreise würden „viele Kommunen hart treffen – über höhere Energiekosten für Gebäude und höhere Heizkostenzuschüsse für Hartz-IV-Empfänger“. Sorgen die Preissteigerungen nach dem coronabedingten Gewerbesteuerausfall also für das nächste Loch im Stadthaushalt? Zum Thema:Wie kommt Oberhausen aus der Altschuldenfalle?
Oberhausens Stadtkämmerer: „Ein Auf und Ab wird es immer geben“
In Augen von Oberhausens Kämmerer Apostolos Tsalastras ist die Warnung des Gemeindebundes „übertrieben und alarmistisch“, beunruhigt sei er im Hinblick auf den Stadthaushalt nicht. Die Kommune bekomme das Geld größtenteils erstattet, wenn die Unterhaltskosten für Hartz-IV-Empfänger anziehen.
„Immer wenn die Kosten für Energie steigen, betrifft das auch die Stadtfinanzen. Aber wir haben in den vergangenen Jahren auch von niedrigen Energiepreisen profitiert“, erläutert Tsalastras. „Ein Auf und Ab wird es immer gegeben.“ Um diesen Preisschwankungen weniger ausgeliefert zu sein, sei es wichtig, in die Sanierung von Gebäuden in Oberhausen zu investieren.
Hier müsse es - nach dem Vorbild des „Innovation City“-Quartiers Osterfeld-Mitte/Vondern – mehr Anreize für Hausbesitzer und Vermieter geben. Auch Investitionszuschüsse für städtische Gebäude seien hilfreich. „Das ist der Weg, um auch die Kommunalfinanzen zu entlasten.“ Gleichzeitig sei es jedoch wichtig, besonderes Augenmerk auf die Geringverdiener zu setzen. „Diesen Menschen unter die Arme zu greifen, wenn die Energiepreise hochgehen, halte ich für sinnvoll.“
Awo-Chef: Warum Altbau-Sanierungen soziale Probleme lösen kann
Nur wie soll dies gelingen? Die Linkspartei blickt hier auf Frankreich. Dort soll eine Tarifbremse für Strom und Gas ärmeren Bürgern helfen. Diese sollen zudem pauschal 100 Euro erhalten. Für Fraktionschef Yusuf Karacelik ein „beispielhafter Mechanismus“. Auch interessant:Benzinpreise explodieren: So reagieren die Oberhausener.
Jochen Kamps, Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Oberhausen, macht darauf aufmerksam, dass mehr Engagement bei der Gebäudesanierung auch weitere soziale Probleme aufhalten kann. „Es sind ja in der Regel die ärmeren Menschen, die im Altbau mit der schlechten Verglasung wohnen.“ Deshalb sei es auch falsch, diesen Menschen bei hohen Strom- und Gasnachzahlungen pauschal vorzuwerfen, sie seien nicht in der Lage, richtig zu heizen. „Natürlich sollte man immer auch weiter aufklären, wie man mit Energie sorgfältig umgeht.“ Aber zu einem gewissen Teil hätten viele Haushalte den Energieverbrauch überhaupt nicht in der eigenen Hand. Kamps plädiert deswegen ebenfalls dafür, ärmere Oberhausener hier stärker finanziell zu unterstützen.
Erste Versorger gehen in die Knie
Die hohen Beschaffungskosten für Erdgas sorgen bereits für Verwerfungen auf dem Energiemarkt. Deutschlands größter Energieversorger Eon hat bereits angekündigt, sein Gasgeschäft für Neukunden nun vorläufig aussetzen zu wollen. Auch andere Gasanbieter werben aktuell nicht mehr um Neukunden.Die Deutsche Energiepool hat als erste Anbieterin ihre Gaslieferungen sogar ganz eingestellt. Betroffene Kunden rutschen zunächst automatisch in die meist kostspieligere Grundversorgung (in Oberhausen sorgt dafür die EVO), bis sie dort einen der günstigeren Tarife abgeschlossen oder sich am Markt einen alternativen Anbieter gesucht haben.