Oberhausen. Neuer Mietspiegel: Die Mieten ziehen zwar in Oberhausen nicht so stark an wie in den Mega-Städten, aber sie sind für Mieter schmerzhaft spürbar.
Ob Oberhausener eine neue Wohnung mieten oder in einer Mietwohnung mit einem alten Mietvertrag leben – in den vergangenen sechs Jahren haben die Vermieter im Stadtgebiet in der Regel mehr Geld von den Bewohnern ihrer Wohnung genommen. Das ergibt sich aus dem jüngst aufgestellten qualifizierten Mietspiegel der Stadt Oberhausen, der nach dreijähriger Pause nun aktualisiert veröffentlicht worden ist.
Bei 20.000 Haushalten fragten die Experten nach Mietpreisen, Nebenkosten, Mieterhöhungen, Hausdämmung und Wohnungsausstattung nach. Am Ende wurde der neue Mietspiegel auf Grundlage von über 2000 Mietverträgen und nach Treffen mit Verbänden von Hauseigentümern wie Mietervereinen erstellt und abgesegnet. Eingeflossen sind dabei die Neuvermietungen und Mieterhöhungen der vergangenen sechs Jahre.
Neuer Mietspiegel dient Vermietern oft als Anlass, Mieten zu erhöhen
Ein solcher Mietspiegel beschreibt zwar nur die aktuelle Preissituation auf dem privaten Wohnungsmarkt einer Stadt („ortsübliche Vergleichsmiete“), gleichwohl nutzen viele Vermieter diese objektive Aufstellung offizieller Stellen, um die Kaltmieten für ihre Bestandsmieter zu erhöhen – ohne großen Ärger mit ihren Mietern zu riskieren.
Auch wer seine Wohnung neu vermietet, orientiert sich oftmals an dem Mietspiegel einer Stadt, um zu sehen, welche Verteuerung erlaubt ist – denn beliebig hoch darf er nach der Rechtslage auch dann nicht sein: Die Miete pro Quadratmeter kann nur maximal 20 Prozent über der örtlichen Vergleichsmiete liegen; wer sogar mehr als die Hälfte draufschlägt, begeht Mietwucher – und das ist strafbar.
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Berücksichtigt werden im Oberhausener Mietspiegel nur die Nettokaltmieten ohne Betriebs- und Nebenkosten für Heizung, Strom, Wasser, etc. Zwar ist ein Vergleich zwischen dem alten Mietspiegel von 2019 und dem jetzigen von 2021 wegen einer geänderten Aufstellung nicht eindeutig möglich, allerdings lässt sich rechnerisch grob ermitteln, wie insgesamt die Miethöhe in den vergangenen Jahren gestiegen ist. Und der Trend ist eindeutig: Vor allem die Mieten in neu gebauten oder renovierten Wohnungen steigen.
Noch 2013 beklagten die Oberhausener Vermieter, dass die Mieten praktisch seit zehn Jahren, seit der Jahrtausendwende, eingefroren waren: Neubau und Investitionen in Altbauten galten nicht als gewinnträchtig. Doch seitdem hat sich einiges getan. Schon zwischen 2013 und 2019 waren die Mieten kontinuierlich geklettert – im Schnitt um zwölf Prozent für mittelgroße Wohnungen (60 bis 90 Quadratmeter) mit Balkon, die zwischen 1965 und 1979 errichtet wurden. Die Mieten dafür sind in Oberhausen in den vergangenen drei Jahren im Schnitt nur leicht gestiegen – in der Spitze zwar von 6,30 Euro auf 6,66 Euro Kaltmiete je Quadratmeter (Plus von 5,7 Prozent), im Mittel aber nur von 5,55 auf 5,58 Euro (0,5 Prozent).
Sind also die Mieten von Altbauten in Oberhausen gesunken?
Schaut man nur auf die neue Tabelle im Mietspiegel, dann erblickt man kurioserweise sinkende Preise für Altbauten der Baujahre der Wohngebäude bis 1949 sowie von 1950 bis 1964. In der Tabelle liegt der Quadratmeter-Preis 2019 bei 5,10 Euro bei einer mittelgroßen Wohnung mittlere Lage, gebaut vor 1949 – und in der neuen Tabelle bei 4,57 Euro. Das sind immerhin über 10 Prozent weniger. Und das in Zeiten gestiegener Nachfrage nach Wohnung und von den Immobilien-Portalen immer wieder erfassten Mietsteigerungen in den Großstädten (inklusive Oberhausen). Das erscheint erst einmal unplausibel und unlogisch.
Andere Systematik des neuen Mietspiegels
Sind also die Mieten von Altbauten aus den Jahren vor 1965 in Oberhausen in den vergangenen Jahren gesunken? In der Tabelle des Mietspiegels ja, in der Realität in der Regel aber nicht. Im Wesentlichen liegt dies nach Erläuterungen der Stadt an einer völlig neuen Systematik der Tabelle, die erst einmal so auf dem Papier nicht zu erkennen ist. Nach Auskunft des Eigentümerverbandes „Haus und Grund“ sowie der Stadt ist ein entscheidendes Prinzip des Mietspiegels geändert worden: Zahl, Art und Höhe der möglichen Mietzuschläge zu den Tabellenwerten für besondere Ausstattung und Investitionen (etwa in Dämmungen und Heizungen) sind üppiger worden.
Nach der neuen Systematik werden Investitionen der vergangenen 20 Jahre nun künftig stärker berücksichtigt durch Zuschläge – und damit belohnt. Vielleicht auch ein Anreiz für künftige energetische Investitionen für Hauseigentümer?In der neuen Tabelle befinden sich deshalb die Miethöhen von einer im Prinzip schlechteren Standardwohnung als in der Mietpreistabelle von 2019. „Wenn man das mit Zuschlägen ordentlich ausrechnet, sind die Mieten für eine Altbauwohnung gestiegen. Gesunken sind sie tatsächlich nur für Altbauwohnungen, in die in der Vergangenheit nichts investiert worden ist“, heißt es von der Stadt.
Nach der Auswertung von über 2000 tatsächlichen Mietverträgen der vergangenen sechs Jahren ist das Mietniveau in den ältesten Oberhausener Altbauwohnungen insgesamt gleich geblieben oder leicht gestiegen. Nach den ermittelten Daten der Stadt fanden offenbar Neuvermietungen von unsanierten Altbeständen ohne Balkon tatsächlich zu niedrigeren Preisen statt – weil sie trotz gestiegener Nachfrage kaum noch Mieter finden. Die Stadtexperten waren von dieser Entwicklung ebenfalls überrascht und überprüften dies an realen Objekten – die Daten waren tatsächlich plausibel.
Der Eigentümerverband allerdings ist nicht so glücklich mit all diesen vielen Zuschlägen zur Tabelle. „Dies macht rechtlich eine Mieterhöhung nicht einfacher. Mit den Zuschlägen außerhalb der Tabellenwerte erhöht man zwar die Einzelfallgerechtigkeit, aber nimmt in Kauf, dass es darüber vermehrt zu Rechtsstreitigkeiten kommen kann. Denn über jeden Zuschlag und dessen Höhe lässt sich diskutieren“, meint Jochen Schütz, Geschäftsführer von Haus und Grund Oberhausen. „Ich hoffe, die privaten Vermieter lassen sich vor einer Mieterhöhung bei uns beraten.“ Den neuen Mietspiegel habe er den Vorständen des Vereins in einer Sitzung sehr, sehr lange erläutern müssen.
Klar und eindeutig – auch nach der neuen Tabelle – teurer geworden sind Wohngebäude seit den 65er Jahren. Je neuer desto teurer. Nach dem neuen Mietspiegel nehmen Hauseigentümer für neue Wohnungen mit Balkon, die nach 1995 errichtet wurden, grob betrachtet 6,70 Euro an Kaltmiete. Das ist ein Durchschnittswert: Die ermittelte Spanne liegt zwischen 5,30 und 7,90 Euro Kaltmiete je Quadratmeter. Das ist fast ein Euro höher als die Miete für mittelgroße Wohnungen der 80er Jahre. Bei komfortablen Neubauwohnungen sind natürlich auch höhere Mietpreise möglich – wie rund 9,50 Euro pro Quadratmeter beim Wohnprojekt an der Hermann-Albertz-Straße in der Oberhausener Innenstadt.
Um es anschaulicher zu machen, hier die monatlichen Kaltmiete-Kosten einer 80 Quadratmeter-Wohnung nach dem neuen Mietspiegel für Oberhausen im Mittel: Baujahr bis 1949: rund 366 Euro, Baujahr zwischen 1950 und 1964: rund 400 Euro, Baujahr zwischen 1965 bis 1979: 450 Euro, Baujahr 1980 bis 1994: 463 Euro – und Baujahr ab 1995: rund 540 Euro. Dazu kommt noch die „zweite Miete“: Heizung und andere Betriebskosten.
DISCLAIMER: In der ersten Fassung dieses Artikels hatten wir die ersten beiden Spalten der Mietpreise in der alten und neuen Tabelle der Mietspiegel von 2019 und 2021 vertauscht – und dadurch den Eindruck, dass sich insbesondere die Mietpreise von Altbauten verteuerten hatten. Stattdessen sind die Tabellenwerte für Altbauten vor 1964 gesunken. Woran das liegt, haben wir versucht, im oberen aktualisierten Artikel zu erläutern. Wir bitten, den Fehler in der ersten Fassung zu entschuldigen.
Mietzuschläge für Dämmungen
Der neue nach wissenschaftlichen Kriterien erstellte qualifizierte Mietspiegel unterteilt Mietwohnungen in drei Größen und in fünf Baujahr-Klassen (siehe Grafik oben). Diese Tabellenwerte gelten erst einmal als Orientierung. Die Kaltmieten-Werte pro Quadratmeter sind die Basis für umfangreiche Abschläge und Zuschläge. So gilt die Tabelle im Mietspiegel für Wohnungen in mittleren Lagen. Das trifft auf die meisten Gebäude zu. Für einfache Wohnlagen ist ein Abschlag von bis zu 24 Cent pro Quadratmeter möglich, für gute Wohnlagen ein Zuschlag von 40 Cent.
Plus- oder Minuspunkte gibt es für Ausstattung (etwa größerer Balkon als üblich, gepflegtes hochwertiges Gebäude), Beschaffenheit und energetischen Ausbau der Immobilie.
Erstmals deutliche Mietzuschläge von bis zu 65 Cent pro Quadratmeter sind nun von den Vermietern für den Einbau neuer Heizungen, Isolierfenster und guten Dämmungen möglich.