Oberhausen. In Oberhausens Lichtburg glänzen die Kinderfilmtage mit einer extraschrägen NRW-Premiere. Und das Walzenlagerkino beweist französischen Charme.
Die Neustarts dieser Kinowoche in der Lichtburg sind schon jetzt hochgehandelte und ausgezeichnete Filme. Mit der „Schachnovelle“ nach dem modernen Klassiker von Stefan Zweig erwarb sich Regisseur Philipp Stölzl den Bayrischen Filmpreis sowie den Friedenspreis des Deutschen Films und geht mit sechs Nominierungen ins Rennen um den Deutschen Filmpreis.
Der zweite Neustart im Filmpalast an der Elsässer Straße „Helden der Wahrscheinlichkeit – Riders of Justice“ des dänischen Regisseur Anders Thomas Jensen liefert skandinavisches Erzählkino in seiner klügsten Form. Ein tolles Ensemble um Mads Mikkelsen spielt virtuos mit Erwartungen und Wahrscheinlichkeiten. Das sahen auch schon etliche Kinofans so, die diesen Film bei Überraschungs-Vorpremieren sehen durften, weiß Lichtburg-Theaterleiterin Petra Rockenfeller: Sie gaben die „Riders of Justice“ als „Muss“ an alle Filmfans weiter.
![Gefangen im Hotel „Metropol“: Gestapo-Chef Boehm (Albrecht Schuch) verhört Vermögensverwalter Bartok (Oliver Masucci, re.): Szene aus „Schachnovelle Gefangen im Hotel „Metropol“: Gestapo-Chef Boehm (Albrecht Schuch) verhört Vermögensverwalter Bartok (Oliver Masucci, re.): Szene aus „Schachnovelle](https://img.sparknews.funkemedien.de/233393011/233393011_1632306589_v16_9_1200.jpeg)
Weiter geht’s natürlich auch mit den 38. Kinderfilmtagen im Ruhrgebiet, die tolle jahresaktuelle Filme im Programm haben und sogar mit einer NRW-Premiere aufwarten: „Mission Ulja Funk“ erzählt von den Abenteuern einer zwölfjährigen Hobby-Astronomin – und ist ganz anders als die oft recht braven deutschen Kinderfilme: Regisseurin Barbara Kronenberg und ihr Team trauen sich einen tüchtigen Schlag ins Schräge. Zu sehen ist diese turbulente Komödie am Sonntag, 26. September, um 11 und 16 Uhr.
Theaterstars sorgen für großes Schauspielerkino
Die „Schachnovelle“ ist als Erzählung viel zu packend, um zum Abiturstoff degradiert zu werden – erst recht wenn ihre neue Verfilmung mit Oliver Masucci in der Hauptrolle aufwartet, der als Hitler ebenso überzeugen konnte wie als R. W. Fassbinder. In Philipp Stölzls Film verweigert er sich als Anwalt Bartok den gerade in Wien einmarschierten NS-Kadern: Als Vermögensverwalter des Adels soll er dem neuen Gestapo-Chef zuarbeiten – und übersteht die Isolationshaft dank eines Schachbuches. In Nebenrollen bieten auch die Theaterstars Birgit Minichmayr und Samuel Finzi großes Schauspielerkino, jeweils um 18.15 und 20.30 Uhr.
![Unrasierte Rächer: Mads Mikkelsen (re.) beweist in „Helden der Wahrscheinlichkeit – Riders of Justice“ nordisch coolen Humor. Unrasierte Rächer: Mads Mikkelsen (re.) beweist in „Helden der Wahrscheinlichkeit – Riders of Justice“ nordisch coolen Humor.](https://img.sparknews.funkemedien.de/233393007/233393007_1632306589_v16_9_1200.jpeg)
Anders Thomas Jensen und Mads Mikkelsen, das seit vielen Jahren eingespielte Team, aus Regie-Renegat und Hollywoodstar mit Hang zu vermeintlich „kleinen“ Produktionen, erzählt Geschichten auf höchstem Niveau. Bei ihrem schwarzhumorigen Ansatz können die überlieferten Genres schon mal ins Schlingern geraten.
Störrisches Grautier als geduldiger Zuhörer
So auch beim Actiondram „Helden der Wahrscheinlichkeit“ der deftigen Dänen, in dem Mikkelsen als vollbärtiger Kriegsveteran antritt, den vermeintlichen Unfalltod seiner Frau zu rächen. Die „Riders of Justice“ in seinem vollgequetschten Pkw sind: ein arbeitsloser Mathematiker, ein Hacker und Hornbläser sowie ein Veteran von 187 Therapiestunden – harte Helden mit buschiger Barttracht, zu bestaunen jeweils um 18 und 20.45 Uhr.
Weitere Highlights der Kinderfilmtage
Im aktuellen Programm der 38. Kinderfilmtage zeigt die Lichtburg am Donnerstag um 11 und 16 Uhr „Drachenreiter“, frei nach Cornelia Funke: Der junge Silberdrache Lung verlässt sein Dschungelversteck, um den Älteren zu beweisen, dass ein richtiger Drache in ihm steckt. Mit dem Koboldmädchen Schwefelfell fliegt er der Menschenwelt entgegen.
Ganz anders der Freitagsfilm „Binti – es gibt mich!“ aus Belgien: Dort will die Titelheldin als Vloggerin genauso berühmt werden wie ihre Internet-Vorbilder. Sie nutzt jede Gelegenheit, um mit ihrem Smartphone fantasievolle Clips zu drehen. Aber Binti lebt auch in großer Unsicherheit.
Am Samstag (nur um 14 Uhr) gibt’s schließlich ein Wiedersehen mit dem früheren Kinderfilmtage-Preisträger Solomon Gordon in „Jim Knopf und die wilde 13“ nach Michael Ende.
Wer’s entschieden charmanter – aber doch ein bisschen widerborstig – mag, dem bietet das kleine Kino im Walzenlager, Hansastraße 20, französisches Flair in schönster Landschaft: „Mein Liebhaber, der Esel & Ich“ erzählt, jeweils um 18 Uhr, von der Lehrerin Antoinette (Laure Calamy), die sich auf den Urlaub mit ihrem heimlichen Geliebten Vladimir (Benjamin Lavernhe) freut – dem attraktiven, aber verheirateten Vater einer ihrer Schülerinnen. Doch ihr Traum zerschlägt sich, als Vladimirs Frau ebenfalls einen Wanderurlaub mit der ganzen Familie plant. Antoinette reist ihrem Liebhaber in den Süden Frankreichs nach und leiht sich für ihre Trekkingtour einen Esel. Und dieser artgemäß störrische Begleiter erweist sich als ziemlich geduldiger Zuhörer. Auf einsamen Trampelpfaden durch malerische Natur sammelt Antoinette neue Erkenntnisse.