Essen. Thomas Vinterbergs Oscar-prämierter Film „Der Rausch“ ist eine Tragikomödie um einen ausgebrannten Lehrer. Mads Mikkelsen spielt die Hauptrolle.

Wann auch immer in einem Film die Sprache auf das Thema Alkohol kommt, ist die Herangehensweise an das Thema immer schon völlig klar. Wer im Stillen trinkt muss krank sein, und wer säuft, ist asozial. Dass es zwischen diesen Polen tatsächlich noch etwas anderes geben könnte, das erfährt man nun in Thomas Vinterbergs süffiger Tragikomödie „Der Rausch“. Der dänische Regisseur („Das Fest“ „Die Jagd“) bringt uns auch noch große Männer der Weltgeschichte nahe, die man zu den hartgesottenen Konsumenten des hochprozentigen Stoffes zählen kann. Winston Churchill etwa („Ich trinke nie vorm Frühstück“), von dem es heißt, dass er seine Befehle gerne unter Promille gegeben hat. Oder der Prosa-Berserker Ernest Hemingway, dessen Wahlspruch es war, keinen Tropfen mehr nach acht Uhr abends zu trinken.

Thomas Vinterbergs Film „Der Rausch“ erhielt den Oscar als „Bester ausländischer Film“

In Vinterbergs Film, der Oscar-Gewinner dieses Jahres in der Kategorie „Bester ausländischer Film“, geht es letztlich nicht um unkontrolliertes Trinken. Hier geht es vielmehr um einen exakten Versuch, der ausgebrannte Lehrer wieder ins frühere Leben zurückbringen soll. Die Idee hat Martin (Mads Mikkelsen), der von seiner Familie kaum noch wahrgenommen wird und den seine Schüler inzwischen für die Abschlussprüfung ablehnen. Bei einer feuchtfröhlichen Geburtstagsfeier erklärt er drei Freunden, denen es nicht besser geht, seinen waghalsigen Plan. Demnach hält jeder bei der Arbeit einen Alkoholpegel von 0,5 Promille. Auswirkungen sollten registriert werden.

Mit dem Flachmann in der Aktentasche funktioniert alles prächtig. Martin bekommt wieder Kontakt zu den Schülern, selbst seine Frau (Maria Bonnevie) glaubt, einen neuen Mann vor sich zu haben. Und auch die drei Kollegen (herrlich: Thomas Bo Larsen, Magnus Millang, Lars Ranthe) blühen förmlich auf. Regisseur Vinterberg hat es ebenso mitgerissen, denn in seinen Anmerkungen zum Film erinnert er sich an seine Jugend, „als man mit 16 um vier Uhr morgens nach Hause kam. Als die Frühlingsblumen dufteten, man verliebt und betrunken war“.

Man sieht den Schauspieler Mads Mikkelsen mit einer nahezu akrobatischen Leistung

So romantisch dies auch klingen mag, die Regie kann nicht umhin, einen Ausstieg aus der Trunkenheit vorzubereiten. Vinterberg macht es kurz und schmerzhaft. Alle vier Probanden versuchen schließlich, ihre Promillegrenzen gezielt zu durchbrechen. Daraus entwickelt sich in der Tat nun ein Rausch aus gewollter Zügellosigkeit, in der sie gefährlich nahe am Abgrund jonglieren.

Man sollte als Zuschauer nach diesem düsteren Segment nicht verzagen. Vinterberg weiß genau, wie er seine Bilder zu ordnen hat, wie er Bedrückendes einfach vergessen macht. Das Ende dieses Films ist ein Paradebeispiel für sommerliche Verheißungen, die Kameramann Sturla Brandth ganz wunderbar eingefangen hat. Ebenso wie er die strahlenden Schüler beim großen Abschiedstanz und einen völlig in sich ruhenden Martin zeigt. Plötzlich aber reißt es ihn vom Stuhl und man sieht den Schauspieler Mads Mikkelsen mit einer nahezu akrobatischen Leistung. So wie es dieser Martin in den glücklichen Momenten seiner Jugend wohl getan hat. Für Mikkelsen aber ist dieser Auftritt höchst ungewöhnlich.