Oberhausen. Die Volksinitiative „Gesunde Krankenhäuser in NRW – für alle“ setzt sich für Gemeinwohl im Gesundheitswesen ein. Ihr Ziel: 66.000 Unterschriften.

Als vor fast 20 Jahren das Fallpauschalen-System eingeführt und dadurch medizinische Eingriffe pauschal nach einem Kostenkatalog abgerechnet wurden, hat man den Wettbewerb unter den Kliniken ordentlich angeheizt. Befürworter der Fallpauschalen sagen, das Gesundheitssystem sei so effizienter geworden. Kritiker sehen eine Profitorientierung auf Kosten der Patientinnen und Patienten. Petra Stanius ist beides: Kritikerin des sogenannten DRG-System und potenzielle Patientin. „Und sollte ich mal in ein Krankenhaus müssen, würde ich gerne die bestmögliche Versorgung erhalten – nicht die, die sich wirtschaftlich am meisten lohnt“, sagt sie.

Diesen Wunsch sah Stanius umso mehr bedroht, als das Katholische Klinikum Oberhausen (KKO) 2019 Insolvenz anmeldete und danach von der Schweizer Holding Ameos übernommen wurde. Aus Sorge vor „noch weniger Gemeinwohlorientierung“ in der hiesigen Kliniklandschaft gründete sie das „Oberhausener Bündnis für eine menschenwürdige Gesundheitsversorgung“ mit, das nun die Volksinitiative „Gesunde Krankenhäuser in NRW - für alle!“ tatkräftig unterstützt.

Volksinitiative fordert weniger Profit in Krankenhäusern

Die Initiative fordert ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitswesen, ein Ende des Fallpauschalensystems, eine wohnortnahe und bedarfsorientierte Krankenhausplanung sowie gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten der Kliniken. Die Initiative will bis Ende Oktober 66.000 Unterschriften sammeln, damit sich der nordrhein-westfälische Landtag mit ihrem Forderungskatalog befassen muss.

In Düsseldorf arbeitet das Ministerium von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) weiterhin an einer neuen Krankenhausplanung. Kliniken sollen sich mehr spezialisieren und Arbeitskraft bündeln – was sehr wahrscheinlich nicht funktionieren wird, ohne dass Krankenhäuser in Ballungsräumen geschlossen werden müssen. [Lesen Sie auch:Trotz Corona-Krise: Sollten Krankenhäuser in NRW schließen?]

NRW will weniger Kliniken – Verdi wehrt sich: „Brauchen wohnortnahe Versorgung“

Die Volksinitiative fordert, dass bei der Umplanung des Gesundheitswesens auch die Stimmen der Patienten gehört werden – und die seien meist gegen die Schließung von Grundversorgern vor ihrer Haustür. Dies hätten etwa auch die Proteste gegen die Schließung von Krankenhäusern im Essener Norden deutlich gezeigt. Dort hat die Contilia-Gruppe zum Jahresende 2020 den Betrieb zweier Kliniken eingestellt.

Befürworter einer Neustrukturierung betonen meist, eine Spezialisierung sei auch im Sinne der Patienten. Diese müssen zwar gegebenenfalls weiter fahren, erhielten dann aber eine bessere Versorgung. Björn Jadzinski, Gewerkschaftssekretär bei Verdi und Mitunterstützer der Initiative, lässt das nicht gelten. „Für häufig auftretende Probleme – der Haushaltsunfall oder Herzinfarkt – muss es eine wohnortnahe und ordentliche Erstversorgung geben. Dabei geht es nicht um Spezialisierung, sondern um Basisversorgung.“

NRW-Volksinitiative für weniger Profit in Kliniken hat bunten Unterstützerkreis

Wie sich mitmachen lässt

Wer die Volksinitiative „Gesunde Krankenhäuser in NRW - für alle!“unterstützen möchte, erhält eine Unterschriftenliste per Mail an fb03.ruhr-west@verdi.de. Die Unterschriftenliste gibt es außerdem im Netz als Download aufgesunde-krankenhaeuser-nrw.de. Die unterschriebene Liste kann dann in folgenden Oberhausener Sammelstellen abgegeben oder dort in den Briefkasten geworfen werden: Verdi (Friedrich-Karl-Straße 24) im Linken Zentrum (Elsässer Straße 19), in der Anna28 (Annabergstraße 28) oder im Ev. Gemeindebüro (Forststr. 71). Zudem soll es in den kommenden Monaten an Infoständen im Stadtgebiet die Möglichkeit zur Unterzeichnung geben.

Gerade die Corona-Krise habe gezeigt, dass man nicht einfach auf Krankenhäuser verzichten kann und dass die Beschäftigten der Kliniken längst am Limit arbeiten. Bei ihnen für Entlastung zu sorgen, sei nicht nur im Interesse der Pflegekräfte und Ärzte selbst. „Wenn die Beschäftigten auf dem Zahnfleisch gehen, leiden auch die Patienten“, sagt Petra Stanius.

Die Stärke der Volksinitiative sei, dass die Unterstützung aus verschiedensten Richtungen komme. Dort sei die Pflegekraft genauso aktiv wie die Buchhalterin, als die Stanius hauptberuflich arbeitet. Dementsprechend bunt ist auch der Unterstützerkreis: von der Linkspartei zu der SPD und den Grünen bis zur Awo und den Naturfreunden NRW. Getragen wird die Initiative von Organisationen wie Attac, Verdi und dem Gesundheitsbündnis NRW.