Oberhausen. Nicht nur Alstaden am Ruhrbogen ist ein Flut-Risikogebiet; auch andere Oberhausener Stadtteile in Nähe von Emscher und Bächen sind zu schützen.
Seit der Hochwasserkatastrophe in der Eifel und in Rheinland-Pfalz mit ihren verheerenden Folgen und zahlreichen Todesopfern blicken die Oberhausener auf eine neue Weise auf ihre kleinen Bäche und Wasserläufe, auf den Elpenbach und Reinersbach, auf den Handbach und den Hauptkanal Sterkrade. Und auch auf die gute alte Emscher. Kann so eine Flutwelle auch hier rollen?
Die Wucht der Regenmassen hat Mitte Juli viele Experten geschockt. Flächendeckend wurden im Emscher-Gebiet in 24 Stunden rund 64 Millimeter Niederschlag gemessen, davon fielen rund 40 Millimeter in nur zwölf Stunden. Zum Vergleich: Der mittlere Niederschlag im Emscher-Gebiet im gesamten Monat Juli beträgt normalerweise 83 Millimeter. In diesem Juli gab es im Emscher-Gebiet Starkregenzellen mit lokalen Niederschlägen, die statistisch gesehen seltener als einmal in hundert Jahren wiederkehren.
Mobile Sperre an der Eichelkampstraße
Überflutungs-Risiko in Oberhausen: Zu einem besonders gefährdeten Punkt entwickelte sich bis 2016 die Tiefgarage einer Wohnanlage an der Eichelkampstraße in Sterkrade. 1996, 2003 und 2016 – das sind die drei Jahre, in denen die besagte Tiefgarage jeweils nach Starkregen überflutet worden ist.
Zuletzt war das am 30. Mai 2016 der Fall. Mit fatalen Folgen: 40 dort geparkte Autos seien damals in den Wassermassen untergegangen, berichten die Hausbewohner, die mittlerweile eine mobile Sperrvorrichtung angeschafft haben, um sich im Falle des Falles zu schützen.
Den maximalen Wasserstand erreichte die Emscher an der Königstraße in Oberhausen mit 7,13 Metern – der mittlere Wasserstand beträgt hier mit 2,93 Meter weniger als die Hälfte. Die Deiche haben diesmal gehalten. Das System hat dem „Härtetest“ (Emschergenossenschaft) standgehalten. Doch Experten sagen auch: Viel schlimmer darf’s nicht kommen.
Seitdem läuft die Debatte um einen bestmöglichen Hochwasserschutz. Begriffe wie „Retentionsflächen“ (unproblematische Überschwemmungsbereiche für Flussläufe) und „Schwammstadt“ (Stadtgebiete, die in der Lage sind, Überflutungen schadlos aufzunehmen) sind plötzlich in aller Munde.
Gute Voraussetzungen durch die Emscher-Renaturierung
Für Oberhausen ist dabei mit Blick auf die Emscher festzuhalten: Die Stadt hat gute Voraussetzungen, um konkrete Schritte Richtung Schwammstadt zu machen. Die Renaturierung der Emscher, die aus ihrem Betonkorsett geholt und von Abwässern befreit wird, verbessert den Hochwasserschutz. In Holten erhält die Emscher eine große Auenlandschaft. Der Deich ist dort verlegt worden; die sicheren Ausweichflächen für das Wasser sind damit stark vergrößert. Ähnliche Vorkehrungen geschehen in kleinerem Maßstab: So hat der Hauptkanal Sterkrade direkt an der neu gebauten Straßenbrücke Erlenstraße eine neue, sichere Überschwemmungsfläche erhalten.
Seit Jahren abrufbares Kartenmaterial gewinnt nach der Hochwasser-Katastrophe im Westen Deutschlands neue Brisanz: Das NRW-Umweltministerium hat Hochwasserkarten für häufigere, mittelwahrscheinliche und Extremhochwasser erstellt. Eine Karte zum Oberhausener Stadtgebiet zeigt, wie verblüffend umfangreich jene Gebiete sind, die im absoluten Extremfall (sogenanntes „Jahrtausendhochwasser“) von Überflutungen betroffen wären. Dabei spielen die Ruhr im Süden, der Rhein im Westen, aber eben auch die Emscher und die Bäche im zentralen Stadtgebiet eine wichtige Risiko-Rolle.
Die Emschergenossenschaft schließt im Laufe der nächsten Monate ihr 5,2-Milliarden-Projekt der Fluss-Renaturierung mit neuen Retentionsflächen und Regenrückhaltebecken ab. Doch was tut die Stadt Oberhausen selbst, damit das Flut-Risiko an den Bächen in ihrer Zuständigkeit geringer wird?
Der Fachverwaltung listet eine Reihe von Maßnahmen gerade mit Blick auf die kleineren Fließgewässer auf: So erhält etwa der Reinersbach 2021 neue Retentionsmulden, um den Hochwasserschutz zu verbessern; entsprechende Überlaufbecken entstehen auch am Nassenkampgraben und am Alsbach; Renaturierungen zum Beispiel am Elpenbach und am Alsbach sollen die Fließgeschwindigkeit des Wassers vermindern. Ein Bündel von passgenauen, kleineren Maßnahmen soll also Flut-Risiken begrenzen. Zudem rücken die Wasserfachleute selbst aus: Jährlich werden die Bäche bei einer Gewässerschau vor Ort kontrolliert.