Oberhausen. Die Nachfrage nach dem digitalen Impfpass ist riesig. Wegen der Honorarkürzung aber wollen viele Apotheker in Oberhausen das Handtuch schmeißen.

43 Apotheken-Filialen in Oberhausen stellen seit dem 14. Juni den digitalen Corona-Impfpass aus. Der Andrang ist riesig. Noch. Denn nachdem auf der letzten Landesministerkonferenz der Beschluss gefasst wurde, das Honorar ab dem 1. Juli 2021 von 18 Euro auf 6 Euro pro Zertifikat zu reduzieren, wollen viele das Handtuch schmeißen.

„Das deckt nicht einmal mehr unsere Kosten – wir fühlen uns von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn verarscht“, bringt Ulf Brenne, Sprecher des Apothekerverbandes Essen-Mülheim-Oberhausen, den Zorn seiner Kollegen auf den Punkt. Ein Dilemma für Urlaubsreisende. Denn der digitale Impfpass wird in der ganzen Europäischen Union anerkannt und sollte das Reisen und Aktivitäten am Urlaubsort deutlich erleichtern.

Geplant war ursprünglich, dass der digitale Nachweis direkt nach der zweiten Impfung von den Arztpraxen und in den Impfzentren ausgegeben wird. Doch an vielen Stellen hapert es bei der technischen Ausstattung. Auch in Oberhausen fehlt bislang die dafür notwendige Software. Frühestens Mitte Juli könnten die ersten Praxen vor Ort einsteigen, räumt ein Ärztesprecher ein. Wer im Impfzentrum geimpft wurde, hat mehr Glück. Auf der Homepage der Stadt Oberhausen heißt es: Der für den digitalen Impfpass benötigte QR-Code wird laut NRW-Gesundheitsministerium bis Ende Juni per Post automatisch zugeschickt. Die Codes sollen die Geimpften dann selbst mit dem Smartphone fotografieren und in der CovPass-App oder der Corona-Warn-App hinterlegen.

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Um den holperigen Start seines Prestigeprojektes zu glätten, holte der Bundesgesundheitsminister nachträglich die Apotheken ins Boot. Ein gelungener Coup. Bundesweit machten seit dem 14. Juni mehr als 10.000 Apotheken mit, in Oberhausen stiegen 43 Filialen ein. Darunter auch die Fortuna-Apotheke von Ulf Brenne. „Allein in unserer Apotheke haben wir bis zum 22. Juni bereits 370 Zertifikate ausgestellt“, sagt Brenne. Täglich kämen mehr als 40 dazu. Die Nachfrage sei enorm. Der Zeitaufwand aber auch.

Enormer Zeitaufwand für die Apotheken

„Natürlich funktioniert das bei technisch fitten Leuten innerhalb von knapp fünf Minuten, aber die meisten Jüngeren sind noch gar nicht geimpft.“ Auf lange Sicht seien es erst einmal die Älteren, die jetzt in die Apotheken drängten.

Das gelbe Impfheft behält seine Gültigkeit

Der digitale Impfnachweis ist eine zusätzliche Möglichkeit, um Corona-Impfungen zu dokumentieren. Geimpfte können damit Informationen wie Impfzeitpunkt und Impfstoff auf ihren Smartphones – entweder in der CovPass-App oder in der Corona-Warn-App – digital speichern.

Der digitale Impfpass wird EU-weit anerkannt. Das gelbe Impfheft behält davon völlig unabhängig ebenfalls seine Gültigkeit. Die Nachfrage nach dem digitalen Nachweis dürfte sich jetzt noch sprunghaft erhöhen, da seit dem 23. Juni weitere Termine für Erstimpfungen gebucht werden können.

„Viele davon wissen nicht einmal, wie sie die Apps überhaupt auf ihren Smartphones installieren sollen.“ Mindestens eine Fachkraft sei inzwischen fast durchgängig mit diesen Zertifikaten beschäftigt. „Wir installieren für unsere Kunden bei Bedarf die Apps, dann geben wir Vornamen, Nachnamen, Geburtsdatum, die zwei Impfdaten und den Impfstoff in unser System ein.“

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Über das Portal des Robert-Koch-Institutes erhalte die Apotheke die entsprechenden QR-Codes. „Für jede Impfung einen eigenen.“ Beide Codes werden über den Monitor ins Handy eingelesen und auf Wunsch auch ausgedruckt. „Schließlich müssen wir unseren Kunden oft noch zeigen, wie sie die Codes auf ihren Handys wieder aufrufen können, wenn sie diese irgendwo vorzeigen sollen.“

Ulf Brenne vom Apothekerverband Essen-Mülheim-Oberhausen fordert eine Rücknahme der Honorarkürzung für das Ausstellen des digitalen Corona-Impfpasses.
Ulf Brenne vom Apothekerverband Essen-Mülheim-Oberhausen fordert eine Rücknahme der Honorarkürzung für das Ausstellen des digitalen Corona-Impfpasses. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Bis zu 20 Minuten pro digitalem Pass kämen schnell zusammen. Dazu kämen die Kosten für die erforderliche Aufstockung der Betriebshaftpflicht-Versicherung. „Und das ist echt keine unerhebliche Summe“, sagt Brenne. Aber eben eine notwendige Absicherung. „Falls in der Apotheke versehentlich doch einmal etwas falsch eingegeben worden ist, ein Kunde sich nur auf den digitalen Pass verlässt – und dann am Flughafen seine Urlaubsreise nicht antreten darf.“

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Ein Aufwand, der sich bei sechs Euro pro digitalem Nachweis nicht mehr lohnt, meint nicht nur Brenne. Der Frust sitze bei allen Kollegen tief. Für Brenne steht fest: „Bleibt es bei dieser Kürzung, werden wir in unserer Apotheke die digitalen Impfpässe nur noch unseren Stammkunden anbieten.“ Andere Kollegen hätten aber bereits klar gemacht, „dass sie dieses Angebot dann ganz aus dem Programm schmeißen“.