Oberhausen. Am 1. Juli öffnen die Kinos bundesweit. Cinestar-Kette testet seit Mai im Stammhaus Lübeck. Lichtburg verspricht Countdown mit Überraschungen

Womit könnte eine filmvernarrte Theaterchefin wohl den sieben Monate lang arbeitslosen Werkstudenten im Lichtburg-Team eine besondere Freude machen – außer, sie bald wieder einzustellen? Petra Rockenfeller hat ihre Getreuen schon mal zu „Team Screenings“ eingeladen – sprich: Sie durften im großen Saal der Lichtburg schon einige der kommenden Attraktionen sehen. „Ein bisschen musste ich sie verwöhnen“, sagt die Kino-Fachfrau, „und ich habe gemerkt, wie sie das einatmen“.

Für Petra Rockenfeller endet die einsame Zeit in der Lichtburg: „Mitte des Monats kommt das Team ins Kino zurück.“
Für Petra Rockenfeller endet die einsame Zeit in der Lichtburg: „Mitte des Monats kommt das Team ins Kino zurück.“ © Unbekannt | Ute Gabriel / FFS

Am Donnerstag, 1. Juli, wollen bundesweit die Lichtspielhäuser wieder öffnen. Und die selbst reichlich Gremien-erfahrene Lichtburg-Chefin weiß: Dass sich fünf Verbände – vonseiten der Kinos wie der Verleihfirmen – derart einig waren, gleicht an sich schon einer kleinen Sensation. Man will’s halt mit vereinten Kräften besser machen als nach dem ersten Lockdown im Juni 2020, als etliche Kinogänger erst nach Wochen des Spielbetriebs überhaupt bemerkt hatten, dass „ihr“ Kino wieder nach Besuchern lechzt.

Die Lichtburg hat ihre Stammgäste natürlich nicht vergessen – ganz im Gegenteil: Neun der Treuesten erhob Petra Rockenfeller quasi in den Rang von Festival-Kuratoren. „Sie haben ihre Wunschfilme ausgesucht und werden die Einführung übernehmen.“ So kommt Kino von Herzen. Mit ihrem ausgezeichneten Ruf als engagiertes Familienkino freut sich die Lichtburg-Crew, dass zum großen Tag 1. Juli zwei Hits (nicht nur) fürs junge Publikum starten: Zum einen „Catweazle“ mit Otto Waalkes in jener Rolle, die man sich ein halbes Jahrhundert nur mit dem 2014 verstorbenen Geoffrey Bayldon vorstellen konnte, zum anderen „Peter Hase 2 – ein Hase macht sich vom Acker“.

„Wir haben jetzt einen Riesenfilmstau“

Neustart mit „Nomadland“: Hier stemmt Regisseurin Chloé Zhao ihre beiden Oscars.
Neustart mit „Nomadland“: Hier stemmt Regisseurin Chloé Zhao ihre beiden Oscars. © A.M.P.A.S. via Getty Images | Matt Petit

In die bis zur Pandemie so hingebungsvoll ausgestaltete Doppelrolle der Lichtburg zwischen Arthouse und Mainstream passen zur Wieder-Eröffnung zwei preisgekrönte Werke: Für „Nomadland“ durfte die zierliche chinesische Regisseurin Chloé Zhao gleich zwei Oscars wie Hanteln in die Höhe stemmen. Und für „Ich bin dein Mensch“ ehrte die Berlinale Regisseurin Maria Schrader mit einem silbernen Bären. Last, not least, darf bereits am Vormittag des 1. Juli auch das beliebte WAZ-Kinocafé wieder öffnen – und zwar mit „Percy“: Hier streitet Christopher Walken als Farmer in der kanadischen Prärie gegen einen (unschwer als Monsanto erkennbaren) Agrarchemie-Konzern.

Wie steht’s denn überhaupt um den Filmbestand nach 15 Monaten verschobener Start-Termine und unvollendeter Synchronisationen? Zwar jongliert Petra Rockenfeller noch mit der Frage, welchen Blockbuster die Lichtburg zum Start zeigen wird – antwortet aber mit hörbarem Ausrufezeichen: „Total gut!“ Dies sei ein großer Unterschied zum Sommer 2020, als manche Kinos nur Oldies zeigen konnten. „Wir haben jetzt einen Riesenfilmstau“ – sprich: die Theaterleiterin kann aus einem Füllhorn neuer Werke schöpfen.

„Wollen die Leute weiter auf der Couch sitzen?“

„Nein, wir haben keine Titel an Streaming-Portale verloren.“ Energisch widerspricht Petra Rockenfeller dieser Vermutung. „Wir hatten einfach zu.“ Im kommenden Kino-Sommer mit einem guten Familienprogramm entscheide sich: „Wollen die Leute weiter zuhause auf der Couch sitzen?

Cinestar startet mit „Catweazle“ und „Godzilla“

Der einheitliche Start ist für die Filmbranche so wichtig, weil Kino als „national funktionierender Markt“ gilt, wie es in der Cinestar-Pressemitteilung heißt: Erst wenn sich Neustarts bundesweit bewerben lassen, lohnt es auch für die Verleihfirmen, ihren Betrieb wieder hochzufahren.Mit vier Wochen Vorlaufzeit kalkulieren auch die Kinos, wie Nathalie Schulte-Ostrop als Theaterleiterin des Centro-Cinestar erläutert: „Wir müssen die vollständig geleerten Warenbestände auffüllen, Abläufe testen und den Einsatz unserer Mitarbeiter planen.“Der Filmpalast am Luise-Albertz-Platz startet am 1. Juli für die Jüngsten und Junggebliebenen mit „Peter Hase 2“ und „Catweazle“ sowie mit „Cats & Dogs 3“. In 3D gibt’s den Monsterfilm „Godzilla vs. Kong“ und für Liebhaber verschärften Horrors „A Quiet Place 2“: Fortsetzungen bleiben, so scheint’s, ein Über-Trend.

So voll war’s beim letzten WAZ Kinocafé unmittelbar vor der Pandemie: Im Februar 2020 zeigte die Lichtburg die klassische US-Literaturverfilmung „Little Women
So voll war’s beim letzten WAZ Kinocafé unmittelbar vor der Pandemie: Im Februar 2020 zeigte die Lichtburg die klassische US-Literaturverfilmung „Little Women". © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Ganz ähnlich argumentiert auch Oliver Fock, der Geschäftsführer der Cinestar-Gruppe mit ihren 49 Kinos vom Lübecker Stammhaus bis zum Centro: „Gerade weil die Menschen dieses Jahr bestimmt noch Urlaub in Deutschland machen, steht der gemeinsame Kinobesuch sicher hoch im Kurs.“ Als „Modellprojekt“ konnte Cinestar in Lübeck bereits seit 15. Mai den Kinobetrieb testen: mit 50 Prozent Auslastung und Verzehr am Platz. Beides habe sich „bestens bewährt“, so Oliver Fock.

In der Lichtburg lässt man noch auf sich zukommen, nach welchen Vorgaben an der Elsässer Straße 26 geöffnet werden darf – einen Tag nach dem Ende der „Bundesnotbremse“. Wie ihre Oberhausener Cinestar-Kollegin Nathalie Schulte-Ostrop plädiert auch Rockenfeller für Maskenbefreiung am Platz. Schließlich leben die Kinos – und nicht nur das Kinoflair – auch von Snacks und Getränken.

Lobbyarbeit hat sich ausgezahlt

Rückblickend sagt die stets positiv gestimmte Lichtburg-Chefin: „Die Staatshilfe war relevant“ – auch wenn die Filmtheater sicher Jahre brauchen werden, um die Not der Pandemie auszugleichen. „Unsere Verbände machten gute Lobbyarbeit“, resümiert Rockenfeller. „Wir wurden genauso wahrgenommen wie die Theater und Konzerthäuser.“

Damit diesmal auch die Filmfans nichts verpassen, verspricht sie einen „Countdown“ während der letzten zehn Tage bis zum 1. Juli: „Wir werden uns bemerkbar machen.“