oberhausen. . 40 Kleingärten an der Ackerfeldstraße sollen für ein neues Gewerbegebiet weichen. Die Pächter haben schon die Kündigungen bekommen.
In Oberhausen gibt es eine neue Bürgerinitiative (BI). „Grüne Lunge 3 Sterkrade“ nennt sie sich. Der Name steht für die privaten Kleingärten hinter den Häusern an der Ackerfeldstraße. Ihren rund 40 Pächtern flatterten jetzt Kündigungen ins Haus. Bis Ende Oktober sollen sie komplett räumen.
Denn manch einer der Bewohner der Häuser am Westrand der Ackerfeldstraße ist schon als Kind dort herumgetollt. Christel Fensterseifer (63) zum Beispiel. Sie ist dort aufgewachsen, hat den Garten vom Vater übernommen. Der hatte seine Kakteen-Sammlung darin untergebracht. „Ich kann ohne den Garten gar nicht leben“, sagt auch Klaus Sperling (81). Dabei ist er „erst“ seit 1989 Pächter.
„Die 3 steht für unsere wichtigsten drei Ziele“
Jahrzehntelang haben die Pächter ihre Angelegenheiten ohne Formalien geregelt. Jetzt läuft es wohl auf die Gründung eines Vereins hinaus. Denn so einfach aufgeben wollen zumindest die Nutzer des südlichen Teils nicht. Weiter nördlich, an der Bodenstraße, haben dagegen schon Pächter damit begonnen, abzubauen.
Die anderen haben einen Anwalt eingeschaltet. Das Mindeste, was sie verlangen, ist mehr Zeit dafür, sich von ihrem liebgewonnenen Freizeitidyll zu trennen. Notfalls soll das gerichtlich durchgesetzt werden. „Die 3 in unserem Namen steht für unsere wichtigsten Ziele“, sagt Christel Fensterseifer. Sie gehört neben Rebekka Würker und Frank Endemann zum Sprecherkreis. Diese drei Ziele lauten: „Wir wollen den Grüngürtel so erhalten, wie er ist. Damit wollen wir auch dem Klimawandel entgegenwirken. Und wir wollen unsere Solidargemeinschaft erhalten.“
Bebauungsplan in Arbeit
Bei der Gründung der BI war Professor Roland Günter dabei, streiterprobter Kämpfer für einen sorgsamen Umgang mit den Erinnerungen an die Industriekultur im Revier. Auch die Kleingärten der ehemaligen GHH-Mitarbeiter gehören dazu. So hat die BI ihre Fühler in Richtung Politik ausgestreckt, zur SPD etwa und zu „Offen für Bürger“ in der Bezirksvertretung.
Die Lokalpolitiker freilich haben den Nachbarn von der Ackerfeldstraße ihr Problem erst eingebrockt. Auch die Bezirksvertretung Sterkrade hatte im Dezember 2017 keine Bedenken, den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 743 Ackerfeldstraße / Steinbrinkstraße zu fassen. Der sieht vor, die riesige Industriebrache der ehemaligen Gutehoffnungshütte bis zu den im Westen und Süden angrenzenden Gleisen der ÖPNV-Trasse und den vorhandenen Gebäuden westlich der Bodenstraße zu einem neuen Gewerbegebiet zu machen. Ausdrücklich erklärte der Vertreter der Stadtverwaltung damals, die Planung diene auch dem Ziel, die Zufahrt dazu zu regeln.
Jahrespacht nur sieben bis zehn Euro
Und dafür sah schon eine Vorläufer-Planung aus dem Jahr 2003 den Grünstreifen hinter den Häusern an der Ackerfeldstraße vor. Sie wurde jedoch nicht vorangetrieben. Den Grüngürtel als solchen diesmal zu erhalten, das schrieben die Politiker nicht in den Aufstellungsbeschluss. SPD-Sprecher Hubert Cordes bat lediglich um eine „intelligente Erschließung“ des Geländes.
Für die MAN-GHH-Immobilien war’s das Startsignal, sich von den Kleingärtnern zu trennen. „Ein Gelände ohne Pächter verkauft sich leichter“, sagt dazu Rebekka Würker. Sie gibt zu bedenken, dass sich hier seltene Arten wie Laufkäfer, Eichelhäher und Kernbeißer aufhalten. „Wir pflegen das hier ja auch“, sagt Frank Endemann. Die GHH habe damit nie Last gehabt. Dafür beträgt die Pacht auch nur sieben bis zehn Euro pro Jahr.
>>>>>>>> Die Pflichten der gekündigten Pächter
Weil der Verpächter die Fläche rechtlich als Grabeland bewertet, könnte den Pächtern sogar mit vier Wochen Frist gekündigt werden, sagen die Nachbarn. Angesichts des Aufwandes, der für sie mit der Aufgabe ihrer Gärten verbunden sei, halten sie aber selbst die Zeit bis Ende Oktober für nicht zumutbar.
Wie Frank Endemann berichtet, ist es einer über 80-jährigen Pächterin auf Nachfrage so erklärt worden: Alle Pflanzen, die älter als ein Jahr sind, müsse sie beseitigen. Dazu gehören in vielen Fällen auch stattliche Bäume. „Pächter wie diese alte Frau können das gar nicht leisten“, sagt Endemann. Wie sich die nötigen Fällungen mit der Baumschutzsatzung der Stadt vertragen, ist Rebekka Würker ein Rätsel.