Oberhausen. Kaum ein Projekt hat Oberhausen mobiler gemacht als die Bus- und Bahntrasse. Peter Klunk spricht im Rückblick über 22 Monate intensiver Bauarbeiten.

22 Monate dauert es - bis die Trasse für Bus und Bahn zwischen Oberhausen und Sterkrade fertig ist. Doch an eine Nacht erinnert sich Peter Klunk besonders. „Es war der 7. Mai 1996“, sagt der Planer von damals wie aus der Pistole geschossen.

Wenige Wochen vor der Eröffnung fährt er mit einer kleinen Delegation, darunter Oberbürgermeister Friedhelm van den Mond, über die rund sechs Kilometer lange Trasse. Um 22 Uhr geht es los. Erst um 1 Uhr nachts sind sie am Ziel. Zwischendurch müssen sie Steinpaletten zur Seite schieben, die noch von den laufenden Arbeiten auf der Fahrbahn stehen. „Erst nach der Fahrt wussten wir: Wir schaffen das!“

Trasse: Fahrzeit mit dem Bus hat sich für Bürger halbiert

Nein, ein Selbstläufer sei der Zeitplan nicht gewesen. Blut und Wasser habe er bei einigen kniffeligen Projektschritten geschwitzt. 25 Jahre danach blickt er kurz hinter der Haltestelle Neue Mitte auf einfahrende Busse. „Heute wäre der Bau in dieser Zeit wohl nicht mehr möglich.“

Die ehemalige Güterzugtrasse für die Montanindustrie, vornehmlich von Thyssen, liegt damals schon viele Jahre brach. „Es war wichtig, dass alle Beteiligten das Projekt wirklich gewollt haben.“

Wo früher die Waggons die Werke verbinden, sollen Straßenbahnen und Busse pendeln. In 13 Minuten ohne Stau vom Sterkrader Bahnhof bis Oberhausen-Hauptbahnhof. Mit einem Halt am Centro. Die Fahrzeit für die Bürger wird dadurch halbiert.

Klunk ist Betriebsleiter bei den Wirtschaftsbetrieben Oberhausen (WBO). Burkhard Drescher holt ihn in die Projektgruppe, die sich mit Bauorganisation beschäftigt. Für ihn eine Zeit ohne geregelten Feierabend, aber mit viel Aufbruchstimmung. „Der Bau war das eine - aufwändiger war es, die Rahmenbedingungen für die Trasse zu schaffen.“

Trasse: Anspruchsvolle Bauarbeiten an Hochdruckdampfleitungen

Die ÖPNV-Verbindung überspringt Bahngleise, kreuzt Wohngebiete und durchschneidet Industrieflächen. Obwohl die Schneise oft schon vorhanden ist, bleibt es knifflig.

Klunk deutet am Rhein-Herne-Kanal auf die Bahngleise kurz vor dem Gasometer und Rhein-Herne-Kanal. „Es gab Überraschungen. In Plänen waren Brücken eingezeichnet, die plötzlich gar nicht vorhanden waren.“ Die Macher müssen auf und neben der ehemaligen Industriefläche nach und nach Probleme lösen - aber es gelingt.

An der Gutehoffnungshütte (GHH) in Sterkrade führt die Trasse vorbei an einem Turbinenprüfstand. Eine mit 500 Bar Dampfdruck belegte Hochdruckdampfleitung muss verlegt werden. Eine der größten Herausforderungen der gesamten Bauarbeiten.

Trasse: Vor der Eröffnung - Fußgänger und Radfahrer testen Straßen

Doch oftmals liegen die Kniffe nicht am Steuer der Bagger, sondern am Schreibtisch. Mit der Bahn muss gesprochen, mit Unternehmen verhandelt werden. An der Mülheimer Straße werden neben der Feuerwache fünf Wohnhäuser angekauft. Auf der alten Trasse verlaufen noch EDV- und Telefonleitungen, die auf dem benachbarten Stahlwerksgelände benötigt werden. Und der Zeitplan ist eng.

Punktlandung! Die Trasse wird am 1. Juni 1996 eröffnet - noch vor dem Centro Oberhausen. Eine Woche bevor die Busse fahren, dürfen die Oberhausener mit Fahrrad oder zu Fuß die Route erkunden. „Das hatte etwas von der gesperrten A40 im Jahr der Kulturhauptstadt“, erinnert sich Klunk. Oberhausener erhalten erstmals Einblick in den Kern der Centro-Großbaustelle „Auch zur Industriezeit war das Gelände nicht zugänglich - nun konnte man hinter den Bauzaun schauen.“ Das Interesse ist riesig.

Trasse: Viele Erfolge für Bus und Bahn - aber auch Niederlagen

Haltestelle Neue Mitte, Klunk zeigt auf das Dach. In der Bauphase habe ihn einmal ein aufgeregter Arbeiter anrufen. „Herr Klunk, sie müssen sofort kommen. Hier ist etwas zusammengebrochen“, habe dieser gesagt. Die Architektur aus dem Ingenieurbüro von Ralf Wörzberger erinnert an einen Trümmerberg aus Stahl und Eisen. Und soll das Alte und Neue verbinden. Später gewinnt der Macher damit Branchenpreise - wie 1998 den Preis des Deutschen Stahlbaus.

Die Trasse ist eine Erfolgsgeschichte - aber nicht ohne Niederlagen. Sie wird später um 800 Meter von Sterkrade-Bahnhof bis Neumarkt erweitert. Die Anbindung nach Schmachtendorf scheitert jedoch nach Bürgerprotesten gegen die baulichen Einschnitte. Auch der Anschluss über das Stahlwerksgelände zur Linie 105 nach Essen wird 2015 durch einen Bürgerentscheid abgelehnt. In Zeiten der Verkehrswende bleibt das Großprojekt ein Gesprächsthema.

Was würde Peter Klunk mit dem Wissen von heute anders machen? „Eine Fahrradstrecke ergänzen, die durchgehend von Sterkrade bis nach Oberhausen führt.“

>>> Historische Straßenbahnen fahren am Sonntag auf der Trasse

Peter Klunk gehört zu den Machern der Stoag-Trasse. In der Bauphase arbeitet er in der verantwortlichen Projektgruppe. Später wird er städtischer Dezernent und Beigeordneter sowie Stoag-Chef. Seit 2016 befindet sich der 68-Jährige im Ruhestand und engagiert sich unter anderem im Alstadener Bürgerring.

Zum Trassen-Jubiläum fahren am Sonntag, 30. Mai, von 11.15 bis 17 Uhr historische Straßenbahnen zwischen Landwehr und Sterkrade-Neumarkt. Es bleibt eine Schau, wegen der Corona-Pandemie können keine Fahrgäste transportiert werden.