Oberhausen. Der Lockdown hat die Lage verschärft: Wer in der City aufs WC muss, gerät in Not. CDU und Grüne reagieren jetzt mit einer überraschenden Lösung.
Geschäfte und Bank in der City hatten einer hochschwangeren Oberhausenerin den Gang zur Toilette verweigert. Nachdem wir im März 2021 über diesen Fall berichtet hatten, meldeten sich auch viele Eltern, Senioren und Rollstuhlfahrer und erzählten von ähnlichen Erfahrungen. Fakt ist: Es gibt kein öffentliches WC in Alt-Oberhausen mehr. Ausweichmöglichkeiten in Cafés oder Restaurants sind durch den Corona-Lockdown aktuell aber auch kaum zu finden. Bei der Politik vor Ort stößt diese Situation zunehmend auf Kritik. CDU und Grüne reagieren mit einem überraschenden Lösungsvorschlag.
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Die Oberhausener SPD hatte bereits gleich nach unserem Bericht auf ihre jahrelangen Forderungen nach einer besseren Versorgung mit öffentlichen Toiletten in der Stadt hingewiesen. „Bei allem Verständnis für strengere, coronabedingte Hygieneregeln kann es nicht sein, dass eine schwangere Frau von Tür zu Tür laufen und regelrecht betteln muss, auf die Toilette zu dürfen“, erklärte der Sozialpolitiker Ercan Telli damals. Vor knapp zwei Jahren habe er als Stadtverordneter bereits eine Anfrage zu öffentlichen WC-Anlagen im Stadtgebiet gestellt – Defizite sollten behoben werden. „Nur passiert ist leider nichts.“
Bestehende WC-Anlagen behindertengerecht umbauen
So darf es nicht bleiben, betont Yusuf Karacelik, Fraktionsvorsitzender der Linken. „Funktionierende öffentliche Toiletten sind Teil der staatlichen Daseinsvorsorge in allen Stadtgebieten.“ Deshalb müssten in der Innenstadt neue öffentliche Toiletten aufgestellt werden. „Sie hätten nie geschlossen werden dürfen.“ Außerdem sollten die WC-Anlagen für Menschen mit Behinderung nutzbar sein und regelmäßig gereinigt werden. Bestehende sanitäre Anlagen müssten barrierefrei umgebaut werden. „Wie es auch auf unseren Ratsantrag hin Anfang 2020 einstimmig für öffentliche Gebäude beschlossen, aber noch nicht umgesetzt wurde, soll es außerdem Möglichkeiten zum Wickeln und Stillen in den öffentlichen sanitären Anlagen geben“, ergänzt Karacelik.
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Problematisch sei aber, dass die öffentlichen Toiletten, die es in der Stadt überhaupt noch gibt, „nie so aussehen, dass sie wirklich jemand benutzen will“, meint Sebastian Girrullis, sozialpolitischer Sprecher der Grünen. Genau aus diesem Grund seien die öffentlichen Toiletten in Alt-Oberhausen vor Jahren abgebaut worden. „Die waren fast immer besonders stark verdreckt, das schaffte kein Reinigungsdienst mehr.“
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Gerade in der City habe es außerdem ein großes Vandalismus-Problem gegeben. „Die Reparaturkosten für die öffentlichen Toiletten waren so hoch, dass ein Erhalt letztlich nicht mehr zu rechtfertigen war.“ Girrullis hofft darauf, dass sich die Situation in der City nach dem Lockdown deutlich verbessert und setzt dann auch auf eine engere Zusammenarbeit mit den Gastronomen in der Innenstadt. „Nette Toilette“ nennt man das. „Diese Idee könnte eine gute Lösung für alle sein.“
Erst den tatsächlichen Bedarf ermitteln
Ein Plan, an dem auch die CDU-Fraktion bereits feilt. „Der Einsatz öffentlicher Mittel muss dabei aber zielführend erfolgen“, betont CDU-Fraktionsgeschäftsführer Tobias Henrix. Denn noch lasse sich der tatsächliche Bedarf nicht beziffern. Auf öffentliche Toiletten in hergebrachter Form will die CDU allerdings künftig nicht mehr setzen. „Sie stehen in der Regel nicht dort, wo man sie gerade bräuchte und ihr Zustand ist darüber hinaus oft beklagenswert.“ Die CDU regt deshalb die Schaffung eines weitflächigen Angebots über das Citymanagement mit den Gastronomen in den einzelnen Stadtteilen an. Soll heißen: Restaurants und Cafés, die sich beteiligen, ermöglichen auch Passanten, die nichts bei ihnen verzehren, einen freien Zugang zu ihren Toiletten.
Ein Aufkleber am Eingang als sichtbarer Hinweis
So funktioniert die „Nette Toilette“: Ein Aufkleber im Eingangsbereich der Gaststätte weist darauf hin, dass die Toilette umsonst benutzt werden kann. Darauf wird auch angezeigt, ob ein Wickeltisch oder eine behindertengerechte Toilette vorhanden ist.
Im Gegenzug unterstützt die Stadt die teilnehmenden Gastronomen finanziell bei der Pflege der Toiletten. Die jährlichen Unterhaltskosten für zwei öffentliche Toiletten liegen bei rund 30.000 Euro. Erfahrungswerte aus anderen Städten zeigen: Die durchschnittlichen jährlichen Zuschüsse für 30 Toiletten in Gastronomiebetrieben belaufen sich auf insgesamt rund 28.800 Euro.
Die Oberhausener könnten so ein flächendeckendes Netz an frei zugänglichen Toiletten erhalten, die sauber und bis nachts geöffnet sind. Eine entsprechende App, die alle öffentlich zugänglichen Toiletten in einer Stadt anzeigt, ist bereits auf dem Markt.
Ein Angebot, über das sich sicher nicht nur Leserin Andrea Feldhoff freuen würde. Die Oberhausenerin hatte sich erst kürzlich bei dieser Redaktion über den Zustand der öffentlichen Toiletten in Osterfeld beschwert und die Verunreinigungen auch gleich fotografiert. „Natürlich haben wir auch sofort den Marktmeister informiert und um Abhilfe gebeten.“ Sollte sich das Konzept der „netten Toilette“ in Oberhausen durchsetzen, dürften solche Bilder hoffentlich bald der Vergangenheit angehören.