Oberhausen. Ganz normale Gartenpflanzen wachsen nun als Fassade an der Zentrale der Energieversorgung Oberhausen in die Höhe. Ein Pilotprojekt für alle?

In den vergangenen Jahren hat die Energieversorgung Oberhausen AG (EVO), die halb der Stadt und halb dem RWE-Konzern gehört, an ihrem zentralen Standort am Rande der Oberhausener Innenstadt massiv investiert. Rund 17 Millionen Euro flossen in die Sanierung der in die Jahre gekommenen Hauptverwaltung und den Einbau neuer Gasmotoren, die umweltfreundlicher Strom erzeugen sollen.

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An dieser zentralen Stelle nahe der Mülheimer und Danziger Straße, mit ihrem weit sichtbaren Schornstein, produziert die EVO mit ihren neuen Gasmotoren immerhin so viel Elektrizität (9 Megawatt), das damit 10.000 Haushalte versorgt werden können. Da es sich hier um ein Blockheizkraftwerk handelt, die Abwärme also nicht in die Luft gepustet, sondern für warmes Heizungswasser genutzt wird, werden weitere 5500 Haushalte mit Wärme (9,5 Megawatt) beliefert. Der Wirkungsgrad der zwölf Millionen Euro teuren Gasmotoren soll dank dieser Kraft-Wärme-Koppelung bei 92 Prozent liegen. Die Investition lohnt sich auch wirtschaftlich für die EVO: Das Projekt erhält verteilt über die nächsten acht Jahre eine Förderung auf Basis des „Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes“ von rund zehn Millionen Euro.

Nur 15 Monate bis zum Betriebsstart des Blockheizkraftwerks

Die Bauzeit des neuen Kraftwerks-Inneren betrug nur elf Monate – von der Planung bis zur kürzlichen Inbetriebnahme vergingen gerade mal 15 Monate. Die Anwohner sollen auch profitieren: Die Gasmotoren sind eingehaust, das Blockheizkraftwerk übertrifft laut EVO die neuesten Lärmschutzverordnungen deutlich.

Das historische Kraftwerksgebäude aus dem Jahr 1901 auf dem Gelände der EVO an der Danziger Straße in Oberhausen.
Das historische Kraftwerksgebäude aus dem Jahr 1901 auf dem Gelände der EVO an der Danziger Straße in Oberhausen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Nicht in Monaten, sondern in Jahren kann man dagegen die Realisierung der neuen Fassade und der Sanierung des Haupt-Bürogebäudes der EVO-Zentrale berechnen: 15 Jahre Überlegungen und Planungen, drei Jahre Bauarbeiten, fünf Millionen Euro Kosten. Der Verwaltungsbau mit seinem Ursprung aus den 1950er Jahren wurde zweimal in den 1960ern und einmal in den 1970er Jahren erweitert – und soll nun Oberhausen nach der Sanierung als Eingangstor zur Innenstadt ein wenig glänzender und umweltfreundlicher erscheinen lassen. Und trotzdem an die historischen Wurzeln erinnern: Man griff zu roten Klinkern als typisches Baumaterial des Ruhrgebiets, das bereits vor 120 Jahren bei der Errichtung des ebenfalls sanierten alten Elektrizitätswerks auf dem Gelände verwendet wurde.

Der neue Technische Vorstand der EVO, Christian Basler.
Der neue Technische Vorstand der EVO, Christian Basler. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Durch die Modernisierung sprießen nicht nur bald bunte Wildblumen auf der Rasenfläche am Eingang, sondern Pflanzen begrünen zwei Flachdächer und wachsen nun neu sogar vertikal an der vorderen Fassade hoch. „Vergissmeinnicht, Schillergras, Storchschnäbel – was wir so an Pflanzen im Garten haben, gedeiht nun in der Vertikalen und begrünt unsere Fassade“, erläutert der neue Technische Vorstand, Christian Basler. Immerhin sind so insgesamt 2000 Quadratmeter auf dem Gelände der EVO begrünt – „das ist ein schönes Ergebnis gerade hier im dicht besiedelten Bereich von Oberhausen.“

45 Prozent Energie im zentralen Bürogebäude eingespart

Durch die neue Dämmung der Hauptverwaltung spart die EVO nach eigenen Angaben 45 Prozent der Energie im Vergleich zur Nutzung des alten unsanierten Bürogebäudes. Das vorgesetzte Glas an der Fassade ist übrigens eine nicht ganz billige Spezialanfertigung: Es dämpft nicht nur den Schall, sondern mindert auch im Sommer die Überhitzung der Innenräume. „Das Glas reflektiert zwar zu 80 Prozent die Sonnenwärme, mindert aber nicht den Lichteinfall, die Helligkeit.“ Und nachts wird dieser Fassaden-Teil mit energiesparsamen LED-Leuchten interessant illuminiert.

EVO feiert Doppel-Jubiläum

Oberhausen im beginnenden 20. Jahrhundert: Gerade einmal ein paar Tausend Menschen leben in der 1862 gegründeten Gemeinde. Es gibt kaum Straßen, keine Schulen – und keine Elektrizität.

Am 1. Januar 1901 geht der Stadt erstmals ein Licht auf: Als erstes Gebäude versorgt das „Staedtische Electricitaetswerk“ den Oberhausener Bahnhof mit Strom. Diesen Moment vor 120 Jahren feiert die Energieversorgung Oberhausen (EVO) heute als Geburtsstunde der öffentlichen Stromversorgung.

Das Unternehmen EVO selbst ist allerdings nur 50 Jahre alt – 1971 wurde die Firma im Handelsregister eingetragen. Der Energieanbieter spendierte deshalb zum Jahresbeginn an 50 Sportvereine Trikotsätze im Wert von 25.000 Euro. Das Tiergehege im Kaisergarten erhielt zwölf neue Parkbänke. Und im September soll es den großen EVO-Familientag am Gasometer geben.

Oberbürgermeister Daniel Schranz, zugleich auch Aufsichtsratsvorsitzender der EVO, sieht die neue Fassade mit ihrer Mischung aus Innovation und Tradition jedenfalls auch als Vorbild für andere Immobilieneigentümer in der nach Herne zweitdicht besiedelten Stadt des Ruhrgebiets. „Unsere Stadt benötigt als ein Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel noch viele weitere begrünte Fassaden und Dächern“, fordert Schranz Haus- und Gewerbeimmobilienbesitzer zu Investitionen auf.