Oberhausen. Die CDU glaubt, eine neue Gesamtschule in Oberhausen ist gegen den Elternwillen. Bertha-Schulleiter Sascha Reuen sieht noch andere Probleme.

Die mit knapper Mehrheit getroffene Entscheidung der Politik in der jüngsten Hauptausschuss-Sitzung, eine neue Gesamtschule auf dem Gelände der ehemaligen Hauptschule St. Michael zu errichten, schlägt hohe Wellen. Die CDU befürchtet, dass der Beschluss auf Kosten der Eltern geht, die ihre Kinder unbedingt an ein Gymnasium schicken wollen.

Die Union hatte sich für eine Erhöhung der Klassenanzahl an Gymnasien ausgesprochen, ergänzt durch den Bau einer neuen Realschule: „Das wäre eine sinnvolle und weitsichtige Ergänzung der Oberhausener Schullandschaft, die auch langfristig dem Elternwillen Rechnung tragen würde“, heißt es weiter. Das „absichtliche Niedrighalten der Schulplätze an den Gymnasien“ diene lediglich der Erhaltung der Gesamtschulen. Im Haupt- und Finanzausschuss hatten CDU und FDP deshalb den Antrag gestellt, die Zügigkeit an den Oberhausener Gymnasien auf 25 zu erhöhen – dieser wurde jedoch abgelehnt.

Sascha Reuen, Schulleiter am Bertha-von-Suttner-Gymnasium, kann den Frust von Eltern und Schülern nachvollziehen.
Sascha Reuen, Schulleiter am Bertha-von-Suttner-Gymnasium, kann den Frust von Eltern und Schülern nachvollziehen. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Ähnlich sieht das auch Olaf Hilz. Sein Kind besucht das Bertha-von-Suttner-Gymnasium in Alt-Oberhausen. „Es ist und bleibt nicht nachvollziehbar, jetzt eine Gesamtschule zu planen, wo aktuell Schulen am Limit arbeiten“, stellt er fest. Seit Jahren wachse die Raumnot am Bertha – Planungen für einen Neubau seien oft aufgenommen, aber nie zu Ende gebracht worden. „Aus eigener Erfahrung und als Elternvertreter kann ich sagen, dass die Schulform Gymnasium die angestrebte Schulform der Eltern ist und hier ausreichende Plätze benötigt werden“, erklärt der Vater weiter. „Die Macht und die Wünsche der Eltern sollten nicht leichtfertig ignoriert werden. Man wird durch ein Überangebot an Gesamtschulen die Eltern nicht von einer Entscheidung fürs Gymnasium abbringen. Das ist eine absolute Fehleinschätzung.“

Bertha-Schulleiter sieht hohen Bedarf an Gymnasien

Bertha-Schulleiter Sascha Reuen kann den Frust von Eltern, Lehrern und Schülern nachvollziehen. „Da hat sich eine Menge angestaut“, sagt er offen. „Vor allem, da wir auch in diesem Jahr so einen großen Zulauf haben, dass wir mit fünf statt vier Klassen ins nächste Schuljahr für die Klasse 5 starten werden.“ Das sei durch die vorherrschende Raumnot allerdings kaum noch zu stemmen. Viele der Unterrichtsräume sind bedeutend zu klein für die vorherrschenden Klassenstärken. Weitere Räume sind im Keller untergebracht – unter teils unwürdigen Bedingungen. „Wir nutzen hier jeden Winkel“, betont Reuen.

Die ehemalige Hauptschule St.Michael im Knappenviertel in Oberhausen. Hier soll die neue Gesamtschule gebaut werden.
Die ehemalige Hauptschule St.Michael im Knappenviertel in Oberhausen. Hier soll die neue Gesamtschule gebaut werden. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Den Elternwillen stellt auch der Schulleiter in den Fokus. „Der Bedarf ist ganz klar da, so hat sich unsere Gesellschaft in den letzten Jahren nun einmal entwickelt. Die meisten Eltern wollen ihr Kind unbedingt auf ein Gymnasium schicken.“ Solange dieser Wille als ausschlaggebendes Argument im Schulgesetz verankert sei, müsse auch darauf geachtet werden, meint Reuen weiter. Ob eine neue Gesamtschule die Probleme in Oberhausen löst, kann er weder bekräftigen noch dementieren. Aber: „Ich weiß gar nicht, wo die neue Gesamtschule so viele Schüler hernehmen soll. Im Prinzip haben wir genug Schulplätze in Oberhausen, erst nach Klasse 7 wird es durch die Schulformwechsler komplizierter.“

Stadtschulpflegschaft: „Es gab keine Befragung der Eltern“

„Es gab keine Umfrage bei den Eltern“, setzt die Stadtschulpflegschaftsvorsitzende Nina Theilenberg der CDU-Aussage entgegen. „Ich frage mich, woher diese Überzeugung kommt, diese Entscheidung würde dem Elternwillen komplett widersprechen.“

Allerdings bestätigt sie die unterschiedlichen Meinungen zur Gesamtschulentscheidung unter den Eltern. „Doch der Großteil zeigt sich erleichtert, auch darüber, dass die Entscheidung nun endlich gefallen ist.“ Nina Theilenberg sieht auch Potenzial in den Beratungsgesprächen zwischen Lehrern und Eltern von Kindern, die vor dem Einstieg in Klasse 5 stehen: „Nach gezielterer Beratung kommen vielleicht auch nur Kinder an Gymnasien, die eine absolute Gymnasialempfehlung haben, und nicht nur eine eingeschränkte.“ Auch so könnten sich die Schüler besser auf die bestehenden Schulformen in der Stadt aufteilen.


„Haben Angst, vergessen zu werden“

Zu bedenken gibt Sascha Reuen auch das Thema Oberstufe: „Für die gymnasiale Oberstufe gibt es durch Gymnasien, Berufskollegs und Gesamtschulen mehr als genug Möglichkeiten in Oberhausen.“ Dass das Projekt Neubau an seinem Gymnasium auf Eis liegt, aber 60 Millionen Euro für den Bau einer neuen Schule ganz in der Nähe zur Verfügung stehen, sticht viele ins Herz, weiß der Schulleiter. „Ich akzeptiere die Entscheidung des Schulträgers“, erklärt er weiter, „aber ich teile auch die Angst, dass unsere Schule durch den Neubau vergessen wird oder am Ende kein Geld mehr für andere Sanierungsmaßnahmen übrig ist. Wir haben keine Zeit, um noch lange auf Fördergelder zu warten. Wir müssen jetzt handeln.“