Oberhausen. Über seinen Namen wurde Strom angemeldet und ein Staubsauger gekauft: Ein Oberhausener wurde Opfer von Identitätsraub. Wie man sich wappnen kann.

Mit einem Knöllchen begann der Ärger – nicht der typische Ärger, der einen eben so überkommt, wenn man ein kleines Bußgeld zahlen muss. Sondern Ärger gepaart mit Angst und Verunsicherung. Denn als sich die Stadt Düsseldorf bei Thomas Heinemann* meldete, weil er angeblich falsch geparkt haben soll, war ihm klar, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. „Nicht nur, weil ich nicht in Düsseldorf unterwegs war“, erzählt der 58-Jährige, „sondern weil ich überhaupt kein Auto besitze.“

In den kommenden Monaten hörte es mit den sonderbaren Zahlungsaufforderungen nicht auf: Heinemann erhielt eine satte Stromrechnung der Energieversorgung Oberhausen (EVO) – für eine Wohnung, in der er gar nicht wohnte. Auch der Beitragsservice des öffentlich-rechtlichen Rundfunks forderte für jene Adresse Beiträge von ihm nach. Und einen Staubsauger plus eine Hautcreme soll er in einem Online-Shop gekauft haben.

Oberhausenerin wechselte Nummer nach Paket-Betrugsmasche

„Es melden sich immer wieder Leute bei uns, die etwas auf Internetseiten bestellt haben sollen, die sie aber nie besucht haben“, sagt Angelika Wösthoff, Leiterin der Verbraucherzentrale Oberhausen. Wösthoff macht darauf aufmerksam, dass Betrüger über falsche Identitäten nicht nur einzelne Artikel bestellen, sondern teils sogar ganze Datensätze mit vielen privaten bis intimen Informationen aus sozialen Medien abkaufen.

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Die Verbraucherberaterin rät, möglichst unterschiedliche und schwierige Passwörter zu verwenden sowie sparsam mit eigenen Daten im Netz umzugehen – gibt aber auch zu, dass die Prävention sehr schwierig ist. „Schon alleine, wenn Sie kostenlose Apps herunterladen, gewähren Sie meist zahlreiche Zugriffe, zum Beispiel auf das Kontaktbuch.“ Zudem sei es schwer, bei den immer wieder neuen Maschen des sogenannten Phishings hinterherzukommen.

Unterschiedliche Straftaten

Wie häufig Identitätsdiebstähle stattfinden, kann die Polizei nicht mit verlässlichen Zahlen benennen. Wie Sprecherin Luise Lakhal mitteilt, ist ein solcher Identitätsraub oft Bestandteil unterschiedlichster Delikte.

Dazu zählen etwa Straftaten wie die Fälschung beweiserheblicher Daten, Täuschung im Rechtsverkehr bei Datenverarbeitung oder mittelbare Falschbeurkundung. Laut Lakhal werden dabei oftmals auch Daten verstorbener Personen, etwa aus Todesanzeigen, genutzt.

„In allen Fällen richten sich dann die Ermittlungen anfangs meist immer gegen die Person, deren Daten vom Täter genutzt wurde“, sagt die Polizeisprecherin. „Da viele Unternehmen die Daten nicht weiter hinterfragen oder verifizieren, ist es oftmals unproblematisch für die Täter, fremde Daten einzusetzen“

Aktuell, so berichtet Wösthoff, würden viele Verbraucher mit SMS getäuscht, in denen es um Informationen zu einem angeblich verschickten DHL-Paket geht. Diese Nachrichten enthalten dann häufig einen Link. „Sobald Sie dann darauf klicken, wird auf all ihre Kontaktadressen zugegriffen und an alle eine weitere SMS geschickt.“ Eine Verbraucherin habe 20 bis 30 solcher SMS am Tag erhalten. „Am Ende hat sie deshalb dann sogar ihre Mobilfunknummer gewechselt.“

Identitätsbetrug: Oft reichen schon Name und Adresse

Im Fall von Thomas Heinemann hätte die zusätzliche Vorsicht im Internet wohl nichts genutzt. Er sei fast nie im Netz unterwegs, sagt der Oberhausener. Jemand habe sich wohl auf andere Weise seine Daten erschlichen. Vielleicht jemand aus der Nachbarschaft, der sich am Briefkasten zu schaffen machte. Tatsache ist: Oft reicht Tätern Name und Adresse, um Waren zu bestellen.

Es sind – neben Stromzählernummer und Zählerstand – auch die Daten, die man für die Anmeldung des Stroms bei der EVO benötigt. „Den Mietvertrag oder ein Übergabeprotokoll können wir in der Regel nicht verlangen“, sagt Unternehmenssprecherin Sabine Benter. Auch der Personalausweis müsse nur bei der Anmeldung im Kundenzentrum, nicht bei der – in Corona-Zeiten immer häufiger stattfindenden – telefonischen Anmeldung vorgezeigt werden. Dort, wo ein Personalausweis benötigt wird, etwa bei der Kfz-Anmeldung, ist dann noch der Betrug über eine gefälschte Vollmacht denkbar.

Polizei empfiehlt: Bei Verdacht sofort melden!

Wie es denn auch zu solchen Missbrauchsfällen kommt: Beim Polizeipräsidium Oberhausen empfiehlt man, dass Bürger bei einem Verdachtsfall von Identitätsraub nicht zögern sollten, sich bei der Polizei zu melden. „Es ist aber auch sehr wichtig, sich an das geschädigte Unternehmen zu wenden, weil dort natürlich Unkenntnis über die betrügerische Masche vorherrscht“, sagt Sprecherin Luise Lakhal. Sollte dabei deutlich werden, dass die Bestellung von einer anderen Person unter Nutzung der eigenen Daten erfolgte, sei dann eine Strafanzeige zu erstatten.

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Auch Thomas Heinemann meldete sich nach dem ersten Knöllchen aus Düsseldorf direkt bei der Polizei. „Auch wenn ich zunächst dachte: Warum soll ich mich darum kümmern? Ich habe doch nichts verbrochen!“ Aufgeklärt werden konnte der mehrfache Betrug nicht. Dafür sei es aufwendig gewesen, die Unternehmen davon zu überzeugen, dass sie von dem Falschen Geld verlangen. „Bei der EVO wollten sie zum Beispiel eine aktuelle Meldebescheinigung sehen.“

Nun hat Heinemann seit längerer Zeit Ruhe, der letzte ungemütliche Brief ist länger her – das komische Gefühl beim Gang zum Briefkasten bleibt. (*Name geändert)