Oberhausen. Erinnerung an den Komponisten von „Tanz der Vampire“ und „Bat out of Hell“: Sie stehen für Glanz und Ende der Oberhausener Musical-Historie.

Bis nach Oberhausen ist der New Yorker nie gereist – anders als etwa Roman Polanski, mit dem er die Musical-Version von „Tanz der Vampire schuf“. Und doch hat Jim Steinman, der jetzt im Alter von 73 Jahren im ländlichen Danbury, Connecticut, verstorbene Komponist, Textdichter und seltener Sänger seiner eigenen Werke, dem Showbusiness in der „Freizeitmetropole des Ruhrgebiets“ für mehrere Spielzeiten (und Jahre) seinen Stempel aufgeprägt.

Den darf man sich als protzigen Siegelring vorstellen, veredelt mit einigen Glitzerklunkern. Denn das kreative Genie hinter der Karriere von Meat Loaf und dem anhaltenden Comeback von Bonnie Tyler liebte die Rockmusik nur, wenn sie ganz groß auftrumpft, wenn die Songtitel lang und länger werden und sich die Klischees in seinen Texten derart auftürmen, dass aus (in anderen Händen) Lächerlichem unversehens Erhabenes wird.

Viel mehr als „nur“ ein fettes Rockalbum

2008 der größte Hit der an Erfolgen gar nicht so knappen Metronom-Bilanz – zwölf Jahre später der Abgesang: „Tanz der Vampire“ von Roman Polanski mit den Songs von Jim Steinman.
2008 der größte Hit der an Erfolgen gar nicht so knappen Metronom-Bilanz – zwölf Jahre später der Abgesang: „Tanz der Vampire“ von Roman Polanski mit den Songs von Jim Steinman. © FFS | Gerd

Derartige Opulenz – die natürlich auch nach wuchtigen Stimmen verlangt – gibt es pro Song selten unter fünf Minuten. Steinmans berühmtester, „Bat out of Hell“, dehnt sich in der Originalfassung sogar auf annähernd zehn Minuten, ohne auch nur für eine Sekunde zu langweilen. Es steckte also viel mehr im 1977er Geniestreich als „nur“ ein fettes Rockalbum, für das Meat Loaf und Jim Steinman anfangs sehr viele Klinken putzen mussten, um es überhaupt veröffentlichen zu können.

Dieses „Mehr“ war im Oberhausener Metronom Theater denn auch gleich mehrfach zu erleben: Zunächst seit 2008 im gefeierten und höchst erfolgreichen Grusical-Spaß „Tanz der Vampire“ nach der Filmparodie von Roman Polanski: Hier lieferte „Total Eclipse of the Heart“, Bonnie Tylers Über-Hit, als „Totale Finsternis“ das Leitmotiv für die spritzige Jagd auf dekadente Untote. Und der sonst oft allzu routiniert dahintextende Michael Kunze hatte eine Sternstunde als Librettist von Steinmans Gnaden.

Zu ausgefuchst für schlichte Mitsing-Ohrwürmer

Zwiespältiger geriet zehn Jahre später, jedenfalls im 1800 Plätze aufbietenden Metronom, die Bilanz für das ganz auf die Hits für Meat Loaf bauende „Bat out of Hell“: Eigentlich hätte man hoffen dürfen, dass das Musical den Operetten-Staub aus den Polstern klopft. Und der Witz nebst der Selbstironie, mit der Jim Steinman über dieses oft allzu plüschige Genre hergefallen ist, zündete auch in der Übersetzung von Frank Ramond.

Doch der Rock Marke Steinman war zu ausgefuchst für schlichte Mitsing-Ohrwürmer, ein gewitztes Spiel mit den Sounds der 1950er bis ‘70er Jahre. Und die kamen in New York und London besser an als in Oberhausen. Traurigerweise läuteten Polanskis und Steinmans schaurig-schön ausstaffierte Vampire dann auch noch die Totenglöckchen für den Metronom-Betrieb. Im März 2020 zeigte sich das Coronavirus noch bissiger als Graf Krolock – nach fast 21 Jahren Oberhausener Musical-Historie.