Oberhausen. Freiwillige Schnelltests sollen für Sicherheit in Kitas sorgen. Aber dort ist die Corona-Lage gefährlicher denn je. Aus der Sicht eines Vaters.

Die Ausgeglichenheit merkte man meiner Tochter immer an, wenn sie in die Kita gehen konnte. Und auch für mich war es natürlich eine Entlastung, wenn unsere Dreijährige nicht ständig auf der Tastatur meines Laptops Klavier spielte, sondern im Kindergarten beschäftigt wurde. Aber so sehr ihr – und auch mir – der tägliche Kita-Besuch guttut: Jetzt, nach dem Osterurlaub, bleibt sie weiter daheim. Die Ansteckungsgefahr wiegt für uns derzeit mehr als die enorme Belastung zu Hause.

Die Lage hat sich durch die britische Mutation verändert

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„Viele Grüße an diejenigen, die mir ‚Ignoranz der Wissenschaft‘ vorwerfen“, twitterte NRW-Familienminister Joachim Stamp sarkastisch Anfang April – und verwies auf eine Studie der Universität München, in der festgehalten wird, dass Corona-Infektionen wohl selten von Kindern ausgehen. Allerdings haben die Statistiker dabei einen Zeitraum der Pandemie beobachtet, zu dem die britische Variante B.1.1.7 noch wenig im Umlauf war. Diese gilt in allen Altersklassen als ansteckender. Das nicht zu beachten, ist in der Tat ignorant.

Kleine Kinder tragen zwar immer noch nicht überproportional zum Infektionsgeschehen bei, sie sind weiterhin weitaus seltener betroffen. Dass die Infektionen auch in den jüngsten Altersgruppen nicht Halt machen, lässt sich aber täglich in den Lageberichten des Robert-Koch-Instituts nachlesen. Dass von Kindern „zunehmend Übertragungen und Ausbruchsgeschehen ausgehen“ steht so etwa im Bericht vom 11. April. Oder, dass Ausbrüche momentan insbesondere auch Kitas betreffen.

Freiwillige Schnelltests geben keine Sicherheit

Zu den RKI-Ausführungen kommen die schrecklichen Schicksale aus dem eigenen Bekanntenkreis: Junge, fitte Eltern, die plötzlich mit Atemnot im Krankenhaus landen – weil sich ihr Kind zuerst im Kindergarten angesteckt hat. Natürlich hat es auch an unserer Kita schon mehrere Fälle in den letzten Wochen gegeben.

WAZ-Redakteur Gordon Wüllner-Adomako.
WAZ-Redakteur Gordon Wüllner-Adomako. © FUNKE Foto Services | Marit Langschwager

Jetzt versucht man mit Schnelltests zur Eigenanwendung für mehr Sicherheit zu sorgen. Die Tests für Kinder sind freiwillig; es liegt natürlich auch nicht im Geiste eines FDP-Ministers, negative Ergebnisse von Zwang-Tests als Eintrittskarte für die tägliche Kita-Betreuung zu verlangen. Besser wäre es gewesen, Stamp wäre über seinen liberalen Schatten gesprungen. Denn als Vater fühle ich mich jetzt kein Stück sicherer.

Schwierig, sich auf alle anderen Eltern zu verlassen

Natürlich kann ich mich nicht hundertprozentig auf die anderen Eltern verlassen. Schließlich gibt es die Teams „Vorsicht“ und „Risiko“ unter den Ministerpräsidenten genauso wie in der Elternschaft: Während die einen diszipliniert testen werden, dürften die anderen die Gratis-Tests als Freifahrtsschein für weitere ungeschützte Kontakte interpretieren – oder die Testung ihrer Kinder gleich als Schwachsinn abtun. Zu der weit verbreiteten Corona-Müdigkeit kommt hinzu, dass den Familien ein Jahr lang eingehämmert wurde, Kitas seien keine Infektionsherde.

Spätestens B.1.1.7 scheint daran nun etwas zu ändern. Wenn Herr Stamp das nicht hinreichend berücksichtigt, tun es mit Sicherheit auch viele Eltern nicht. Als Konsequenz bleibt für uns die eigenständig verlängerten Osterferien. Aber das Durchhaltevermögen bekommt jeden Tag mehr Kratzer.

Lesen Sie hier: Warum WAZ-Redakteur Sinan Sat seine Kinder trotzdem in die Kita bringt.