Oberhausen. Viel Fingerspitzengefühl ist am 30. März am Rhein-Herne-Kanal in Oberhausen gefragt: Ein Brückeneinschub für den Betuwe-Ausbau ist hier angesagt.

Eine blaue Bahnbrücke wandert am nächsten Dienstag, 30. März, über den Rhein-Herne-Kanal in Oberhausen. Die 260 Tonnen schwere Überführung ist Teil der Betuwe-Linie und dient dem hier viergleisigen Ausbau der Strecke.

Projektingenieurin Tina Eckelmann (33) betreut den Brückeneinschub federführend. Um fünf Uhr früh sind die Fachleute am Dienstag vor Ort präsent; um etwa 10.30 Uhr soll dann die heiße Phase beginnen. Kernpunkt des Vorhabens: Mit Hilfe eines Schwimm-Pontons wird die Brücke, die derzeit in Höhe Kaisergarten lagert, über den Rhein-Herne-Kanal geschoben bis sie - voraussichtlich am späten Nachmittag - das andere Kanalufer und das dortige Widerlager erreicht: eine technische Herausforderung, bei der es auf jeden Zentimeter ankommt und bei der vor allem die Richtung des Einschubs genau stimmen muss.

Die Schifffahrt auf dem Kanal ist am Dienstag gesperrt; zudem ist in den verkehrsärmeren Osterferien die Bahnstrecke zwischen Emmerich und Oberhausen vom 26. März, 21 Uhr, bis 9. April, 21 Uhr, voll gesperrt, da noch zahlreiche andere Betuwe-Ausbauarbeiten im weiteren Verlauf zu erledigen sind.

Vor Ort montiert

Schon seit Ende 2020 konnten Bahnpassagiere die 64 Meter lange und acht Meter breite blaue Brücke in Höhe Kaisergarten sehen. Die Fertigteile wurden per Schwertransport angeliefert und vor Ort montiert und geschweißt. Bis zuletzt wurde an der Konstruktion gearbeitet, wobei auch der Korrosionsschutz eine wichtige Rolle spielte.

Letzte Vorbereitungen: Die Gerüste an der neuen Bahnbrücke verschwinden, der Einschub ist für den 30. März geplant.
Letzte Vorbereitungen: Die Gerüste an der neuen Bahnbrücke verschwinden, der Einschub ist für den 30. März geplant. © FFS | Gerd Wallhorn

Am Schnittpunkt der Betuwe-Linie mit Emscher und Kanal sind bereits weitere Bahnbrücken für den Betuwe-Ausbau eingeschoben worden. So wird sich die künftig breitere Bahntrasse dem RWO-Trainingsgelände beträchtlich annähern. Hier entsteht eine platzsparende Stützwand statt des klassischen Bahndamms. Neue Weichen, neue Oberleitungsmasten – all das zählt zum weiteren Programm.

Der Betuwe-Ausbau ist eigentlich dreigleisig vorgesehen, doch in Oberhausen liegt teils schon ein drittes Gleis. Die Planungen für den entsprechenden Planfeststellungsabschnitt sehen deshalb den viergleisigen Ausbau vom Rhein-Herne-Kanal bis zum Bahnhof Sterkrade vor. So lassen sich künftig Güterverkehr und Personenverkehr in diesem Abschnitt trennen.

Vielfältige Aufgaben

Korridor für Europas Güterverkehr

Der Brückeneinschub ist Teil des seit Jahren kontrovers diskutierten Betuwe-Ausbaus, der sich auf einer Streckenlänge von 73 Kilometern zwischen Emmerich und Oberhausen vollzieht.

So soll ein durchgängiger europäischer Güterverkehrskorridor von Rotterdam (Niederlande) bis Genua (Italien) entstehen.

Wer mit Tina Eckelmann ins Gespräch kommt, merkt der 33-Jährigen in jeder Sekunde die Begeisterung für ihren Job an. Studiert hat sie in Berlin, seit Oktober 2014 arbeitet sie bei der DB Netz; zu ihrer Tätigkeit gehören Schreibtischarbeiten ebenso wie die persönliche Präsenz auf der Baustelle und die technische Abstimmung aller Vor-Ort-Maßnahmen. „Wenn wir am Dienstag mit der Brücke die Kanalmitte erreicht haben, dann haben wir das Schwerste wohl geschafft“, sagt die Fachfrau mit Blick auf den 30. März.

Warum sind hier die neuen Bahnbrücken eigentlich blau? Auch dazu hat Tina Eckelmann eine Antwort parat. „Wir wollen uns auf diese Weise optisch dem Thema Wasser annähern“, sagt sie. Schließlich gehe es hier über den Kanal und die künftig renaturierte Emscher. Anfang 2023 sollen die ersten Züge auf dem neuen Gleis und über die blauen Brücken rollen.