Oberhausen. Für „Der Ursprung der Liebe“ übernahmen Ronja Oppelt und Lise Wolle vom Ensemble selbst die Regie. Schon für die Vorpremiere gab’s Bestnoten.
Zum Schluss des Gesprächs droht Ronja Oppelt übermütig mit Aischylos – und dem ältesten erhaltenen Drama der Welt: „Als nächstes machen wir die PerserInnen.“ Die erste gemeinsame Regiearbeit, zusammen mit Lise Wolle, beflügelt ganz offensichtlich. Nach einer bereits beglückenden Vorpremiere für die Abonnenten steigt am Samstag, 27. März, um 19.30 Uhr nun die offizielle Premiere von „Der Ursprung der Liebe“ nach der Graphic Novel von Liv Strömquist.
Auf 130 Seiten zitiert die junge Feministin aus Lund nicht nur im Dutzend gewichtige Werke der Soziologie, sondern jongliert auch – teils zornig, teils irrwitzig komisch – mit einer Fülle von Personal: von Lady Diana bis zur wesentlich unbekannteren schwedischen Autorin Victoria Benedictsson. „Seit zwei Jahren schwirrt das in unseren Köpfen.“ Lise Wolle ergänzt – „und Herzen.“ Ronja Oppelt nennt ihre Text-Quelle „extrem amüsant und zugänglich“. Wichtiger noch: Sie habe sich oft genug „ertappt“ gefühlt. Wenn man „die Falle“ der romantischen Liebe denn so nennen will, die Liv Strömquist schließlich nach allen Regeln der Zeichenkunst als Konstrukt der kapitalistischen Gesellschaft entlarvt.
„Ein stranges Paar, immer lustig, manchmal etwas peinlich“
Doch die beiden Schauspielerinnen des Oberhausener Ensembles inszenierten zum Glück kein soziologisches Traktat, sondern eine „Liebes-Erklärung“, die ihren Anspruch erfüllt, den didaktisch erhobenen Zeigefinger zu vermeiden. „Sobald ein Ismus erwähnt wird“, weiß Lise Wolle, schalteten allzu viele ab. „Der Zugang ist über uns selbst“, betont Ronja Oppelt, „die wir in die romantische Falle ‘reintappen“. Ein guter Grund mehr, sich selbst vor den beiden Livestream-Kameras zu inszenieren.
Zu erleben ist, in angedeuteten Show-Kulissen, hinter denen aber der Saal 2 des Theaters erkennbar bleibt, „ein stranges Paar“, wie Ronja Oppelt sagt, „immer lustig, manchmal etwas peinlich“. Für den Livestream, das war beiden klar, musste ihr Spiel noch pointierter werden, die Auswahl aus dem Strömquist’schen Szenenfundus noch knapper gehalten sein.
Höchstleistungen der Abteilung „Spezialeffekte“
„Für die Kamera müssen wir stärkere Entscheidungen treffen“, sagt Lise Wolle. „Vor Publikum“ – eine stets präsente Sehnsucht – „könnten wir dann neue Töne finden. Zwischentöne machen ja das Theater aus.“ Dafür leistet in den zwischen den Livestream montierten Filmszenen die Abteilung „Spezialeffekte“ Außerordentliches – und machte beiden Schauspielerinnen / Regisseurinnen großen Spaß. Tanja Hagedorn, zuständig für die Videos, forderte und erhielt „gute Bilder“: von Ronja Oppelt als Schar lüsterner altnordischer Zwerge bis zu Lise Wolle als eklig-bettlägerigem Ernest Hemingway. Ein Feuerwerk der Verwandlungen, gefilmt in nur einer Woche.
So funktioniert’s mit dem Livestream
Ronja Oppelt und Lise Wolle spielen und singen im Saal 2. Die Inszenierung wird live gefilmt und übertragen. Den Zugangslink verschickt das Besucherbüro nach Anmeldung, zu erreichen unter 0208 - 8578 184, montags bis freitags von 10 bis 15 Uhr. Am Samstag, 27. März, beginnt um 19.30 Uhr die Livestream-Premiere. Karten gibt’s zu 15 Euro, ermäßigt 5 Euro – und zum „Sehnsuchtspreis“ von 25 Euro.
Zwei weitere Aufführungen von „Der Ursprung der Liebe“ stehen im April auf dem Online-Spielplan des Theaters: am Freitag, 9., und am Donnerstag, 29., jeweils um 19.30 Uhr und mit einem anschließenden Publikumsgespräch via Zoom.
Lise Wolle freute sich, wie Maske und Bühnenbildnerei „nach diesem Dornröschenschlaf“ wieder zu blühendem Leben erwachten. „Mit der Regie übernahmen wir auch viele praktische Aufgaben, vor denen wir uns gerne gedrückt hätten. Das war richtiges Lernen.“ Aber neben zunächst beängstigenden Herausforderungen wie der Lichtprobe gab’s eben auch das Vergnügen, gemeinsam „Hits“ zu schreiben zur Musik von Yotam Schlezinger.
„Wir können die Distanz überbrücken“
Noch schöner, auf ganz andere Art, wäre „Der Ursprung der Liebe“ vor Publikum im Theater. „Es wäre total toll, wieder Menschen in die Augen zu gucken“, schwärmt Lise Wolle. „Wir haben noch Szenen in unserer Kiste“. Ronja Oppelt: „Unserer Beziehungskiste.“ Dabei sind beide froh, dass ihr gemeinsames Herzensprojekt nicht während der Monate des Lockdowns vollends in der Schublade verschwand.
Auch wenn noch niemand im Saal 2 oder im Großen Haus Platz nehmen darf: Das Theater ist wieder da – jedenfalls online. Ronja Oppelt probt parallel zum „Ursprung der Liebe“ für den großen Tanzfilm „Sturmtief O’Hara“ von Monika Gintersdorfer. Und für Lise Wolle beginnen gleich nach der Livestream-Premiere die „Nebraska“-Proben: „Wir können die Distanz überbrücken.“