Oberhausen. Seit Montag dürfen auch Schüler ab der sechsten Klasse in Oberhausen notbetreut werden. Wie die Schulen sich jetzt anpassen müssen.

Distanzunterricht, Homeschooling, Digitalisierung im Rekordverfahren: Die Oberhausener Schullandschaft ächzt, um Schülern trotz der Lockdown-Vorschriften in der Corona-Pandemie Wissen beizubringen. In der vergangenen Woche folgte eine Ausweitung der Corona-Notbetreuung durch die NRW-Landesregierung: Seit dem 1. Februar haben Schüler aller Jahrgangsstufen und Klassen die Möglichkeit, in der Schule vor Ort zu lernen -- freiwillig und natürlich mit Distanz. Begrenzt ist das Angebot momentan bis zum 12. Februar 2021.

In der Schulmail des NRW-Schulministeriums vom 28. Januar heißt es, dass sich das Angebot an diejenigen richtet, die den Distanzunterricht zu Hause und "ohne Begleitung nicht zielgerichtet wahrnehmen können". Bisher gab es dieses Angebot in NRW nur für Schüler bis zur sechsten Klasse.

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In Oberhausen freuen sich Schulleitungen und Stadtspitze über diese neue Möglichkeit gerade für Schüler, die zu Hause nicht gut auf Computer, Drucker und Internet zurückgreifen können. Doch wie schlagen sich die Schulen nach diesem Beschluss? "Es war doch recht kurzfristig", sagt Schuldezernent Jürgen Schmidt offen. "Etwas mehr Vorlaufzeit wäre hilfreich gewesen, um das Angebot besser vorbereiten zu können."

Das Besondere: Nun darf die Schulleitung auf Eltern zugehen, und ihnen die Möglichkeit der Notbetreuung vorschlagen. "Ich bin froh, das tun zu dürfen", betont Marcus Kortmann, Schulleiter des Heinrich-Heine-Gymnasiums. Die Leiter der Klassen hätten sehr schnell ihre Schüler mit Lernproblemen genannt, denen es besser gehen würde, wenn sie direkten Kontakt zu ihren Lehrern haben. "Das wissen wir aber natürlich schon seit Wochen und Monaten." Allerdings würden gerade mal fünf Schülerinnen und Schüler das Angebot derzeit wahrnehmen und mit Leihgeräten der Schule in gesonderten Klassenräumen am Distanzunterricht teilnehmen.

Notbetreuung wird unterschiedlich wahrgenommen

Denn die Notbetreuung ist weiterhin kein echter Präsenzunterricht, sondern eine reine "Bereitstellung eines lernförderlichen Umfelds mit einer Betreuungsperson" im Raum, wie es unter Bürokraten umständlich heißt. Diese Betreuungsperson, so heißt es von der Landesregierung, soll im besten Fall kein Lehrer sein.

Heine-Gymnasialleiter Marcus Kortmann setzt für diese Aufgabe Mitarbeiter aus der Ganztagsbetreuung ein. "Der Zeitpunkt ist vielleicht nicht ideal gewählt, letzte Woche gab es Zeugnisse und jetzt startet die Anmeldung für das neue Schuljahr. Es ist stressig", gibt der Schulleiter zu. "Wir haben zum Glück die Kapazitäten, um die Schüler begrüßen zu können und wir freuen uns über jeden, dem wir die Möglichkeit bieten können."

Macht der Schulleiter den Eltern das Angebot, müssen diese das schriftlich bestätigen. "Eine Gratwanderung ist es schon", erläutert Kortmann. "Alle wollen nur das Beste für das Kind, aber manche Eltern fühlen sich vielleicht vor den Kopf gestoßen." Doch die Lehrer sehen genau hin: Welches Kind nimmt nicht an den Videokonferenzen teil oder ist nicht zu erreichen? "Es geht um Zuverlässigkeit", so der Schulleiter. "Wir rufen an, schreiben Briefe oder fahren im Notfall auch vorbei, um zu sehen, was los ist." Brenzlige Fälle würde es am Heinrich-Heine-Gymnasium allerdings nicht geben: "Zum Glück."

Gesamtschule Osterfeld bietet Notbetreuung für rund 60 Schüler

An der Gesamtschule Osterfeld ist der Bedarf höher. Die Schule gehört zum "Standorttyp 5" und unterrichtet somit Schüler, die oft aus ärmeren Schichten stammen. "Wir arbeiten mit Listen, die die Klassenleitungen aufbereiten", erklärt Schulleiter Gregor Weibels-Balthaus. Darin werden die Schüler in Kategorien eingeteilt, etwa ob die Kinder nur telefonisch zu erreichen sind und keine Aufgaben abliefern. Einige könnten außerdem Materialien daheim nicht ausdrucken oder hätten kein Internet und würden sich stattdessen ein Aufgabenpaket am Sekretariatsfenster abholen.

Liegen solche Fälle vor, macht der Schulleiter in diesen Tagen den Eltern das Notbetreuungsangebot. "Es ist durchweg positiv, dass wir dies für rund 60 Schüler anbieten können", meint Weibels-Balthaus. "Bedarf und Angebot passen allerdings nicht zusammen. Insgesamt haben wir 1450 Schüler in beiden Sekundarstufen." Trotz allem hofft der Schulleiter darauf, bald alle seine Schüler wieder begrüßen zu können: "Die Notbetreuung ist gut und der Distanzunterricht läuft, aber dies alles kann das Präsenzlernen nicht ersetzen."

Stadt beobachtet die Entwicklung der Notbetreuung

An den Schulen wurden in der letzten Woche insgesamt 652 Kinder der Klassen 1 bis 6 betreut. Davon 581 in Grundschulen, 6 in Realschulen, 8 in Gymnasien, 12 in Gesamtschulen und 45 in Förderschulen. Es ist offen, wie sich diese Zahlen nun entwickeln, wenn weitere Jahrgangsstufen hinzukommen.

Schuldezernent Jürgen Schmidt möchte genau beobachten, wie das erweiterte Angebot nun angenommen wird: "Wenn sich Handlungsbedarf zeigt, werden wir diese Erkenntnisse auch überregional bekannt machen, damit sich die Situation in den nächsten Beschlüssen der Landesregierung niederschlagen kann."