Oberhausen. Der Hausarzt testet eine Oberhausenerin trotz Symptomen nicht auf Corona. Das kommt immer wieder vor. Wer jetzt überhaupt noch getestet wird.

Kapituliert Oberhausen vor immer stärker steigenden Corona-Fallzahlen? Eine Oberhausenerin wandte sich jetzt jedenfalls mit folgender These an diese Zeitung: „Es gibt in dieser Stadt viel mehr Corona-Infizierte, als offiziell gemeldet.“ Denn viele Ärzte würden ihre Patienten selbst bei Symptomen gar nicht mehr testen lassen. „Das weiß ich aus eigener Erfahrung“, erzählt die verschnupfte Frau, die anonym bleiben möchte. Ihr eigener Hausarzt habe ihr folgenden Grund genannt, als er ihre Bitte auf einen Corona-Test ablehnte: „Die Laborkapazitäten sind erschöpft.“

Wir hakten bei der Stadt nach und erhielten aus der Pressestelle folgenden Hinweis: Die aktuelle Höchstgrenze bei den vom Gesundheitsamt in Auftrag gegebenen PCR-Testungen pro Tag liegt bei 600. Für die Stadt nimmt das Testzentrum (stationär an der Brücktorstraße bei der Feuerwehr und ambulant von mobilen Testteams der Feuerwehr und des Deutschen Roten Kreuzes) Abstriche ab, Labore in der Region werden mit der Auswertung beauftragt. PCR-Tests werden aber auch von den Krankenhäusern in Oberhausen für ihre Patienten und Mitarbeiter durchgeführt (hauseigene Labore). Diese besonders treffsicheren Tests bieten außerdem Hausärzte, Kinderärzte und Hals-Nasen-Ohren-Ärzte an, die die Abstriche selbst nehmen und Labore beauftragen.

Auch niedergelassene Ärzte führen Corona-Tests durch

„Die regelmäßig von der Stadt Oberhausen veröffentlichten Zahlen erfassen die Angaben des Testzentrums und der Krankenhäuser“, sagt Dr. Stephan Becker. Der Vorsitzende der Oberhausener Kreisstelle der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein vertritt die niedergelassenen Ärzte auch im Krisenstab der Stadt. Die Zahl der von den Arztpraxen selbst durchgeführten Abstriche dagegen würde nicht zentral erfasst. Gleiches gelte für die beauftragten Labore. „Es gibt deshalb für Oberhausen gar keine exakte Zahl der täglichen PCR-Testungen.“

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Bereits mehrfach sei es aber vorgekommen, dass ausgelastete Labore eingesandte Proben selbst an ein anderes Labor weitergeleitet hätten. „Die Ergebnisübermittlung ist aber auch in diesen Fällen stets ohne weitere Verzögerung und korrekt an den Einsender erfolgt“, weiß der Allgemeinmediziner aus eigener Erfahrung. In seiner Praxis würden täglich zwischen fünf und 15 Abstriche genommen. „Die Befunde erhalten wir entweder am Abstrichtag abends oder am Folgetag.“

Getestet wird nur noch bei schweren Symptomen

Bei der Entscheidung, welche Patienten nun überhaupt noch auf Corona getestet werden und welche nicht, hielten sich auch die Oberhausener Ärzte an die zentralen Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (zentrale Einrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitsüberwachung). „Wobei sicher immer ein individueller Ermessensspielraum bleibt.“

Was das bedeutet, erläutert das RKI selbst auf seiner Homepage sehr deutlich: „Es ist vor dem Hintergrund der derzeit begrenzten Testkapazitäten und der Häufigkeit von Erkältungskrankheiten in den Wintermonaten nicht möglich, alle Covid-19-Erkrankungen durch Tests zu bestätigen.“ Diese sollten nur durchgeführt werden bei Patienten mit schweren Corona-Symptomen wie Bronchitis, Lungenentzündung, Atemnot, Fieber, Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns. Außerdem bei Patienten, deren Gesundheitszustand sich nach akuten Erkältungssymptomen verschlechtert.

Sorgloses Verhalten führt zur Ausbreitung

Die Stadt Oberhausen lässt ihre PCR-Tests in folgenden Laboren auswerten: Labor Eberhard, Dortmund; Labor Eveld, Essen; Labor CVUA, Krefeld; Labor EKO. Das Labor Eberhard kann nach Angaben der städtischen Pressestelle 150 bis 250 Tests pro Tag bearbeiten, das Labor Eveld 150, das Labor CVUA 150 und das Labor des Evangelischen Krankenhauses Oberhausen 50. Damit liegt die aktuelle Höchstgrenze bei 600 Tests am Tag.

Stephan Becker, Vorsitzender der Kreisstelle Oberhausen der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, hält die starke Fixierung auf das Testen für falsch. „Testen verhindert keine Infektion.“ Infektionen würden nur durch Abstand, Hygiene und Mundschutz verhindert. Der Allgemeinmediziner weiß aus seiner eigenen Praxis: „Testen wird oft angestrebt, um empfohlene Beschränkungen zu vermeiden.“ Gerade ein allzu sorgloses Verhalten aber führe zur Ausbreitung des Coronavirus – auch in Oberhausen.

Nach wie vor getestet werden sollten alle, die Kontakt zu einem Infizierten hatten. Verstärkte Testungen befürwortet das RKI darüber hinaus in Gemeinschaftseinrichtungen und -unterkünften (z. B. Arztpraxen, Schulen, Kitas), wenn in der Einrichtung ein Infektionsfall festgestellt wurde. Gleiches gelte für Bewohner und das Personal in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern. Fazit des RKI: „Ein Teil der Infektionen bleibt damit unerkannt.“ Gerade deshalb sei es so wichtig, sich an die Abstands- und Hygieneregeln zu halten und eine Maske zu tragen.