Oberhausen. Der Oberhausener Ordnungsdienst kontrolliert mehrmals täglich die Einhaltung der Maskenpflicht in der City. Ton der Passanten immer aggressiver.

Schuldbewusst stoppt der Mittfünfziger sein Fahrrad und steigt ab. Erwischt. Mit dem Rad durch die Fußgängerzone. Dass ihm die Maske dabei unterm Kinn hängt statt Mund und Nase zu bedecken, war ihm gar nicht bewusst. Doch genau darauf achten die vier Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes an diesem Vormittag ganz besonders: Halten sich die Menschen an die Maskenpflicht in der Oberhausener Innenstadt?

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Ein Oberhausener war ohne Maske unterwegs (re.), Mitarbeiter des Ordnungsdienstes nehmen die Personalien auf.
Ein Oberhausener war ohne Maske unterwegs (re.), Mitarbeiter des Ordnungsdienstes nehmen die Personalien auf. © FUNKE FotoServices | Gerd Wallhorn

Um die andauernde Corona-Pandemie einzudämmen, gilt seit Mitte Oktober eine Maskenpflicht in den Oberhausener Innenstädten. Damals hatte Oberhausen den kritischen Inzidenzwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner überschritten – und musste reagieren. Der Ordnungsdienst kontrolliert seitdem mehrmals täglich, jeweils über anderthalb bis zwei Stunden, ob sich die Passanten an die Regeln halten. Wer ohne Maske erwischt wird, dem droht ein Bußgeld von 50 Euro.

Freundliche Erinnerung an die Maskenpflicht

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Marktstraße, 11 Uhr am Mittwoch. In Höhe der Gewerkschaftsstraße machen sich vier Ordnungskräfte und ein Lebensmittelkontrolleur bereit für ihre Streife. Ein älterer Herr macht direkt große Augen, sein Griff geht Richtung Gesicht, um die etwas zu schludrig sitzende Maske zu richten. „’Tschuldigung. Meine Frau muss mich auch immer daran erinnern.“ Ein Bußgeld muss er zwar erst einmal nicht fürchten, aber er ist vorgewarnt. „Denken Sie beim nächsten Mal bitte sofort daran“, mahnt ihn Ordnungsdienst-Mitarbeiter Frank L.

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Seinen vollen Namen möchten weder er noch seine Kollegen in der Zeitung lesen. „Ich möchte mich privat nicht für meine Arbeit rechtfertigen müssen“, sagt einer von ihnen. Patrick K. hat damit bereits Erfahrung gemacht: Bürger, die sich mit einer Anzeige konfrontiert sahen, haben ihn über Facebook privat angeschrieben.

Angriff mit dem Küchenmesser

Nicht alle Erwischten reagieren so einsichtig wie der ältere Herr oder der Radler – obwohl letzterer bald Post von der Stadt bekommen dürfte. In Dortmund ist am Dienstag eine Frau gar derart bei einer Corona-Kontrolle ausgerastet, dass sie einen Mitarbeiter des Ordnungsamtes mit einem Küchenmesser angegriffen hat. „Wir haben jetzt zwar keine Angst, sind aber vorsichtig“, sagt Frank L. Die Sicherheitsweste gehört auch bei den Oberhausener Einsatzkräften zur Pflichtgarderobe. Nicht erst seit dem Angriff in Dortmund.

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Über verbale Attacken regen sich Frank L. und die Kollegen schon gar nicht mehr auf. „Das prallt an mir ab“, sagt Patrick K. „Ich bin mir bewusst, dass ich nicht persönlich beschimpft werde; der Ärger richtet sich gegen die Stadt im Allgemeinen.“ Und so raunzt auch an diesem Vormittag eine Passantin Dirk J. unverschämt von der Seite an. Die Stadt solle doch lieber mal bei ihrer Nachbarin vorbei schauen. Im Gespräch stellt sich heraus: Der Ärger in ihrem Wohnhaus hat andere Gründe, der Frust musste offenbar dennoch raus.

Kippe auf den Boden geschnippt

166 Verstöße seit Oktober registriert

Erwischen sie Maskenmuffel , nimmt der Ordnungsdienst die Personalien auf und gibt den Fall weiter an den Bereich Recht der Stadt Oberhausen. Der stellt dann eine Ordnungswidrigkeiten-Anzeige. Seit dem ersten Oktober zählt die Stadt 166 solcher Verstöße.

74 Mal gab es Anzeigen , weil in Bus oder Bahn keine Maske getragen wurde – Bußgeld: jeweils 150 Euro. 91 Anzeigen gab es für Verstöße gegen die Maskenpflicht in anderen Bereichen – Bußgeld: je 50 Euro. Ein gastronomischer Betrieb hatte trotz Verbots geöffnet und muss ein Bußgeld von 500 Euro fürchten. Es handelt sich um laufende Verfahren.

Vor Oberhausener Schulen zeigt der Ordnungsdienst zudem seit knapp zwei Wochen verstärkt Präsenz, um die Oberhausener daran zu erinnern, dass auch dort mittlerweile in einigen Bereichen außerhalb der Schulen eine Maskenpflicht herrscht. Anzeigen wurden bislang aber noch nicht geschrieben.

Auch ein weiterer Passant reagiert nicht gerade freudig, als er von den Oberhausener Ordnungshütern angesprochen wird. Dabei wäre er um ein Haar sogar noch um eine Ordnungswidrigkeiten-Anzeige herum gekommen. Denn er läuft rauchend über die Marktstraße, dafür hat er die Maske kurz heruntergezogen. „In so einem Fall ist die Bewertung schwierig“, erklärt Patrick K. Zum Essen und Trinken dürfe die Maske kurz abgenommen werden, beim Rauchen sei die Sache komplizierter. „Daher bitten wir die Raucher lediglich, sich an den Rand der Straße zu stellen, so wie man es auch zum Essen und Trinken tun sollte.“ Doch dem gestoppten Duisburger wird etwas anderes zum Verhängnis: Er schnippt seine Kippe einfach auf den Boden. Mürrisch zeigt er seinen Ausweis, lässt die Personalien aufnehmen und zieht meckernd weiter.

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Rund anderthalb Stunden ist der Ordnungsdienst bei dieser Streife unterwegs, die Zahl der eindeutigen Verstöße lässt sich an einer Hand abzählen. Was jedoch vergleichsweise häufig passiert: Viele Passanten haben die Maske unter der Nase oder dem Kinn. Bemerken Sie die Ordnungskräfte, ziehen sie die Maske in Windeseile über Mund und Nase, wenden sich teilweise auch ab. „Wir verfolgen hier niemanden durch die halbe Stadt“, sagt Dirk J. zu solchen Fällen. So ein Verhalten sei ärgerlich, „aber sie ziehen die Maske auf, Zweck erfüllt.“

Kritik: zu wenige Hinweisschilder

„Wir haben insgesamt deutlich weniger zu tun als noch am Anfang“, sagt sein Kollege Frank L. „Die Leute halten sich zunehmend an die Regeln, dafür wird der Ton immer aggressiver.“ Passanten schimpfen über die „Abzocke“, Stadt und Politik im Allgemeinen. Viele kritisieren auch die in ihren Augen unzureichende Beschilderung, die auf die Maskenpflicht hinweist. Letzteres sehen die Mitarbeiter des Ordnungsdienstes sogar ähnlich, da gebe es an einigen Stellen tatsächlich Nachholbedarf für die Stadt. „Mehr Schilder würden unsere Arbeit erleichtern“, sagen sie. So manche Diskussion käme gar nicht erst auf. „Wir könnten auf die ausreichende Beschilderung verweisen und gut ist.“