Oberhausen. Trotz Corona: Die drei Oberhausener Berufskollegs wollen den Präsenzunterricht. Doch Plan B gibt es: Das „Hans-Sachs“ probt Dienstag den Lockdown.
Der Verband der NRW-Berufsschullehrer fordert mehr Möglichkeiten, Schüler in den Distanzunterricht zu schicken . In Essen streiken Berufsschüler für ein Hybrid-Modell aus Präsenz- und Distanzunterricht . In Duisburg gelten die Berufskollegs als Corona-Hotspot . Und in Oberhausen? Ist das Infektionsgeschehen den offiziellen Zahlen nach zu urteilen an den drei Berufskollegs nicht stärker als an anderen Schulformen. Schüler, Kollegien und Leitungen sind hier überzeugt: Der Unterrichtsbetrieb vor Ort soll so lange wie möglich aufrecht erhalten werden.
Teilung von Klassen, Distanzunterricht im Schichtmodell, digitales Homeschooling: Als Plan B haben das Hans-Sachs-, das Hans-Böckler- und das Käthe-Kollwitz-Berufskolleg diese Konzepte nicht nur in der Schublade, sondern aktuell auch auf dem Tisch liegen. Doch die Beteiligten in allen drei Schulen sind mehrheitlich daran interessiert, den Präsenzunterricht trotz Corona nicht aufzugeben.
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Das sei im Sinne der Schüler, betonen alle Leitungen unisono: „Mit Blick auf die Schulschließungen im Frühjahr haben wir von Schülern die Rückmeldung bekommen, dass sie ganz große Probleme mit der Aufrechterhaltung der Tagesstruktur hatten“, sagt Peter Högerle, Leiter des „Käthe“, an dem u. a. angehende Bäcker, Friseure oder Erzieher unterrichtet werden. Die persönliche Rückmeldung, der persönliche Kontakt sei ganz wichtig. Mal abgesehen davon, dass bei vielen Schülern nach wie vor digitale Endgeräte und eine stabile, ausreichende Internetverbindung fehlten sowie an den Schulen eine entsprechende digitale Infrastruktur. Zudem belasteten Schicht- und Hybridmodelle in enormer Weise die Lehrer, weil sie doppelt arbeiten müssten: Unterricht vor Ort und für Schüler zu Hause organisieren müssten. Denn es sei nicht damit getan, einfach im Unterricht eine Kamera mitlaufen zu lassen und die anderen verfolgen das dann per Livestream. Zukunftsmusik, allein schon wegen der fehlenden Technik.
Keine Corona-Ansteckung im Klassenraum
So sieht es auch David Fischer, Leiter des „Hans-Böckler“. „Ich halte nichts von Distanzunterricht und Klassenteilung, weil die Ursache nicht im Klassenraum liegt“, sagt Fischer. Eine Corona-Ansteckung in der Schule „ist so gut wie ausgeschlossen“. Denn in den Schulen würden die Hygieneregeln, die Maskenpflicht, das Abstandhalten, wo es möglich ist, eingehalten. „Das setzen wir knallhart durch.“ Das bestätigen auch seine Schulleiter-Kollegen. Das Problem liege vor dem Schultor – buchstäblich, weshalb die Schulleitungen die Einführung der Maskenpflicht im Umfeld der Schulen seitens der Stadt begrüßen und sich eine Durchsetzung wünschen . Aber auch im übertragenen Sinn, also im privaten Bereich: Dort würden die jungen Leute die Corona-Disziplin vielfach fahren lassen. „Ich finde das teilweise unverantwortlich, wie sie sich verhalten“, sagt David Fischer.
Betriebe berücksichtigen
Berufsschulen müssen in der Corona-Pandemie nicht nur auf ihre eigenen Systeme gucken, sondern auch auf die Ausbildungsbetriebe ihrer Schüler . Mehrheitlich gebe es keine Probleme mit den Unternehmen, so die Schulleitungen, vereinzelt würden sich Firmen melden und Bedenken anmelden. So zum Beispiel ein Dachdecker-Betrieb, bei dem die Alt-Gesellen über sechzig Jahre alt seien und damit zur Risikogruppe gehörten, weshalb die Sorge bestehe, dass der Berufsschüler sich in der Schule infiziere und die Krankheit dann in der Belegschaft einschleppe.
Für solche Fälle gebe es immer Möglichkeiten, besondere Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, so die Schulleitungen. Sie betonen aber auch, dass die Schulpflicht gelte und in ihren Einrichtungen die Hygieneregeln eingehalten würden.
Solche Beobachtungen haben auch Peter Högerle erreicht, weshalb er nun ein pädagogisches Projekt plant: Er will Schüler, die wirklich an Corona erkrankt waren, fragen, ob sie bereit wären, ihre Erfahrungen mit anderen zu teilen. Die sollen sich anhören, dass eine junge Frau nicht mehr in einem durch die Treppe in die zweite Etage hochkommt, weil das Coronavirus sie, obwohl genesen, beeinträchtigt. Vielleicht mache das ja den Jugendlichen den Ernst der Lage deutlich, so Högerle.
Digitaler Unterricht unter Volllast
Derweil bereitet sich das „Hans-Sachs“ auf einen möglichen Lockdown vor. „Es wäre unklug, die Zeit nicht zu nutzen“, sagt Schulleiter Marc Bücker, da müsse man schon realistisch sein. „Wir proben am kommenden Dienstag die komplette Schließung, dann ist kein Schüler vor Ort.“ Getestet werden soll an diesem Tag, wie unter Volllast mit der Kommunikationsplattform IServ gearbeitet werden kann, wie Schüler die Lehrer erreichen und den virtuellen Raum, in dem unterrichtet wird. Das muss eigens angemeldet werden, damit für das System genug Kapazitäten freigeschaltet werden. Parallel bereitet sich das „Hans-Sachs“ trotz Bevorzugung des Präsenzunterrichts auch auf die Teilung von Klassen vor. Die kämen hier aber nicht wochenweise versetzt, sondern jeden Tag: die eine Gruppe morgens, die andere nachmittags. Denn lange, so vermutet Marc Bücker, werde NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer dem Druck wohl nicht mehr standhalten können und dann doch Klassenteilungen in der Fläche erlauben.