Oberhausen. Die Verhandlungen über eine Koalition oder wenigstens eine Kooperation zwischen CDU und Grünen im Oberhausener Stadtrat ziehen sich dahin.

Es ist nicht so, als würden sich die handelnden Verantwortlichen aufseiten der Grünen und der Christdemokraten durch jahrelange Ratsarbeit nicht ziemlich genau kennen: Man weiß, was man voneinander hat, man schätzt sich, findet sich einigermaßen sympathisch, weiß über die Stärken und Schwächen jedes Einzelnen Bescheid und freut sich über die bisher angenehme Atmosphäre der Gespräche – und doch ziehen sich die Verhandlungen über eine richtige Koalition zwischen CDU (19 Sitze), Grünen (acht Sitze) und FDP (zwei Sitze) im neuen 58-köpfigen Oberhausener Rat so dahin.

Vielleicht kommt am Ende doch nur eine lose Kooperationsvereinbarung über einige gemeinsame inhaltliche Punkte heraus, vielleicht zum Schluss gar nichts – so dass der Rat sich in den nächsten Jahren von wechselnder zu wechselnder Mehrheit hangelt. Selbst die tiefsten schwarz-grünen Koalitionsgläubigen vermuten jetzt nicht mehr, dass schon bis zur konstituierenden Ratssitzung am Montag, 16. November, eine Koalition zwischen den drei Parteien mit ihren exakt 29 von 58 Ratssitzen festgezurrt sein wird. Ohnehin käme selbst das Dreier-Bündnis über ein Patt nicht hinaus – und bei vielen Beschlüssen müsste oder dürfte Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) mit seiner Stimme als Vorsitzender des Rates den Ausschlag geben.

Die Knackpunkte zwischen den Grünen und den Christdemokraten liegen auf der Hand: Die einen wollen Tempo 40 im gesamten Stadtgebiet, die anderen wollen Autofahrer auf keinen Fall so strikt abbremsen; die einen wollen einen Fahrradweg auf der Mülheimer Straße, die anderen höchstens auf Nebenstraßen; die einen wollen eine neue Gesamtschule, die anderen eine neue Realschule. Und während die Grünen Kriminalität weitgehend ohne Überwachungskameras bekämpfen wollen, sind die Christdemokraten für flächendeckende Video-Kontrollen an heiklen Standorten. Außerdem ist noch eine wichtige Personalie zu klären, die die Grünen umtreibt: Wer soll (Grünen-)Beigeordneter werden nach der Nicht-Wiederwahl der Oberhausener Grünen-Dezernentin Sabine Lauxen?

Alle strittigen Punkte zwischen CDU und Grünen auf einen Haufen werfen?

Natürlich könnte man alles auf einen Haufen werfen und in den Verhandlungen mal die eine, mal die andere Seite einen Punkt gewinnen lassen – doch so weit sind die Verhandlungsführerinnen von CDU (Ratsfraktionsvorsitzende Simone-Tatjana Stehr) und Grünen (die neue Fraktionsvorsitzende Steffi Opitz) noch nicht, wie man so aus Verhandlungskreisen hört.

Ist von den Wählern bei der Kommunalwahl vom 13. September 2020 neu besetzt worden: Der Sitzungssaal des Oberhausener Stadtrates im Rathaus bei einer Sitzung des Finanzausschusses am 30. April 2020.
Ist von den Wählern bei der Kommunalwahl vom 13. September 2020 neu besetzt worden: Der Sitzungssaal des Oberhausener Stadtrates im Rathaus bei einer Sitzung des Finanzausschusses am 30. April 2020. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Sollte der schwarz-grün-gelbe Pakt doch nicht besiegelt werden, dann geht allerdings kaum jemand davon aus, dass es zu einer offiziellen großen Koalition zwischen Wahlverlierer SPD (19 Sitze) und Wahl-auf-der-Stelle-Treter CDU (19 Sitze) kommen wird – das Interesse daran ist auf beiden Seiten gering. Schließlich profilierte sich die CDU in vielen Wahlkämpfen als scharfer Kritiker der dominanten SPD-Stadtpolitik der vergangenen Jahrzehnte; schließlich hofft die SPD, sich in einer Art Opposition light mit neuen tatkräftigen Ideen für ihre Heimatstadt regenerieren zu können.

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Wie dem auch sei – zumindest eines scheint sich abzuzeichnen: Grundlegende Formalien sind zwischen den bisherigen erfahrenen Fraktionen im alten Stadtrat abgeklärt. AfD-Fraktionschef Wolfgang Kempkes hatte sich zwar schriftlich bereiterklärt, mit den anderen Fraktionen zu reden – doch wie schon im Wahlkampf angekündigt, führen die Parteien keine Verhandlungsgespräche mit der AfD.

Stadtrat gründet zwölf Fachausschüsse

Vier Fraktionen im neuen Stadtrat, die SPD, die CDU, die Linken und die Grünen, haben sich auf die Bildung von zwölf Fachausschüssen geeinigt. Zwar schreibt die NRW-Gemeindeordnung bestimmte Ausschüsse wie den Haupt- und Finanzausschuss vor, die meisten anderen jedoch können vom Stadtrat bestimmt werden.

Diese neuen Ausschüsse wurden mit folgenden Vorsitzenden (in Klammern) am 16. November 2020 vom Rat eingesetzt: Haupt- und Finanzausschuss (Daniel Schranz - CDU) Rechnungsprüfungsausschuss (Jörg Bischoff - SPD), Wahlprüfungsausschuss (Birgit Axt - Grüne), Gleichstellungsausschuss (Louisa Baumann - Grüne), Wirtschafts- und Digitalisierungsausschuss (Eugen Lenz - CDU), Stadtplanungs- und Mobilitätsausschuss (Frank Bandel - CDU), Kulturausschuss (Manfred Flore - SPD), Sozialausschuss (Sonja Bongers - SPD), Schulausschuss (Marita Wolter - CDU), Sportausschuss (Klaus-Dieter Broß - CDU), Umweltausschuss (Jörg Schröer - SPD), Betriebsausschuss SBO Servicebetriebe Oberhausen (Simone-Tatjana Stehr - CDU) (für Eigenbetrieb als Nachfolger der bisherigen Stadttochter Oberhausener Gebäudemanagement OGM).

So haben sich die vier schon früher im Rat agierenden Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und Linken in mehreren Gesprächen geeinigt, dass es aus vielen inhaltlichen und personellen Gründen zwölf Fachausschüsse des Rates geben wird. Sie werden besetzt mit in der Regel jeweils 21 Ausschuss-Mitgliedern (zuletzt 23, davor 19), die die Mehrheitsverhältnisse des Rates widerspiegeln sollen.

AfD erhält wohl keinen Vorsitzenden-Posten im Fachausschuss

Ergebnis, das der Rat in seiner konstituierenden Sitzung in der Stadthalle mit Mehrheit absegnen muss: Die AfD hat nach der Gemeindeordnung zwar das Recht auf einen Sitz in jedem Fachausschuss, aber kein Recht auf den Ausschussvorsitz. Dieses Amt ist politisch nicht unwichtig: Der Ausschussvorsitzende hat durch engen Austausch mit den Fachbeamten der Stadtverwaltung nicht nur einen Wissensvorsprung, sondern bestimmt auch maßgeblich, welche Themen auf die politische Agenda des Ausschusses kommen – und welche Themen verwaltungsinternes Handeln bleiben können.