Oberhausen. Einige Oberhausener Apotheken beteiligen sich an einem Grippeschutz-Pilotprojekt. Warum die Impfung in ihren Augen noch nie so wichtig war.

Sechs von insgesamt 44 Apotheken in Oberhausen haben sich nach Angaben des Apothekerverbands Nordrhein bereit erklärt, in diesem Jahr erstmals Grippeschutz-Impfungen durchzuführen. „Wir gehen vom jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass die Apotheken Ende Oktober mit den Impfungen starten können“, sagt Verbandssprecher Peter Szynka. Die Namen der Filialen und das genaue Datum sollen folgen.

Oberhausen bildet mit Essen und Mülheim eine von vier Modellregionen für ein Pilotprojekt der AOK Rheinland/Hamburg, bei dem Impfungen in Apotheken erstmals getestet werden. Insgesamt 17 Apothekerinnen und Apotheker aus Oberhausen werden dafür derzeit von Ärzten geschult. Nach Angaben des Berufsverbandes nehmen rund 200 Apotheker aus rund 130 Geschäften in Nordrhein an den Schulungen teil, darunter rund 30 Betriebe aus der Testregion Oberhausen-Mülheim-Essen.

Apotheker: Mildere Corona-Verläufe durch Impfstoff denkbar

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„Wir gehen davon aus, dass während der Impfsaison r und 20 Impfungen in jeder Apotheke stattfinden werden“, sagt Thomas Preis, Vorsitzender des hiesigen Apothekerverbandes. Eine Hausarztpraxis komme auf etwa 600 Impfungen. Somit würden etwa 30 Apotheken so viele Impfstoffe wie eine einzige Hausarztpraxis verabreichen. „Wir befinden uns eben noch in einem Modell“, so Preis.

Dass nun Apotheken eine eigentlich originäre Aufgabe der Ärzte übernehmen, wird von den Ärzten aufgrund möglicher Komplikationen bei Impfungen kritisch gesehen. Eine höhere Durchimpfungsrate wird angesichts der Corona-Pandemie allerdings von allen Seiten des Gesundheitssystem für erstrebenswert gehalten. „Es war noch nie so sinnvoll, sich gegen Grippe impfen zu lassen, wie in diesem Jahr“, teilt Ulf Brenne, Sprecher der Apotheker in Oberhausen mit. Mit jeder Impfung werde das Immunsystem trainiert. „Dadurch sind durchaus auch mildere Verläufe einer Corona-Infektion vorstellbar.“

Ameos-Betriebsärztin: Nachfrage um 100 Prozent gestiegen

Die beste Zeit für eine Impfung sind nach Einschätzung von Ärzten die Monate Oktober und November. „Dann ist man zu Beginn der Grippewelle, die in der Regel zu Beginn des neuen Jahres auftritt, geschützt“, sagt Carsten König, Vize-Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein. Nach der Impfung dauere es etwa zwei Wochen, bis der Körper genügend Antikörper produziert hat. Eine Impfung aus dem Vorjahr ist in diesem Jahr nicht mehr wirksam. Der Impfstoff wird den sich jährlich verändernden Viren jedes Jahr neu angepasst.

Ärzte rechnen mit Anstieg

Die Zahl der Grippeimpfungen im Rheinland ist in den vergangenen Jahren stetig auf inzwischen rund 1,1 Millionen Impfungen gestiegen.

In diesem Jahr rechnet die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein mit einem deutlichen Anstieg von etwa 20 Prozent. Entsprechend mehr Impfdosen seien zu Jahresbeginn von den Praxen bestellt worden.

Empfohlen wird der Impfschutz insbesondere für Senioren, Menschen mit Vorerkrankungen, Schwangere und medizinisches Personal. Deshalb versuchen auch die Oberhausener Krankenhäuser, eine hohe Impfquote unter ihren Beschäftigten zu erzielen, indem sie ihrem Personal anbieten, sich direkt vor Ort von der Betriebsmedizin impfen zu lassen.

„Dieses Jahr ist das Interesse an der freiwilligen Grippeschutzimpfung besonders groß“, sagt Birgit Rieger, die als Betriebsärztin für die drei Ameos-Kliniken in Oberhausen tätig ist. Dort wirbt man auch mit internen Kampagnen für den Impfschutz. „Die Nachfrage ist um zirka 100 Prozent gestiegen“, so Rieger. Wegen der hohen Zahlen werde zudem derzeit geprüft, ob noch Nachbestellungen des Impfstoffs möglich sind.

Arzt: Influenza und Corona dürfen sich nicht überlagern

Mit internen Werbekampagnen will man auch an der Helios St. Elisabeth Klinik („Für Euch sind wir im Team #Grippeschutz“) und dem Evangelischen Krankenhaus Oberhausen („Wir stemmen uns gegen die Welle“) zum kleinen Piekser gegen die Grippe motivieren. „Eine Grippewelle wollen wir während der Corona-Krise möglichst vermeiden, damit sich Influenza und Pandemiegeschehen nicht überlagern“, sagt Ali Avci, stellvertretender ärztlicher Direktor am Evangelischen Krankenhaus.

Den Appellen zu mehr Impfschutz schließt sich auch Henning Karbach, Leiter des Oberhausener Gesundheitsamtes an. „Aus amtsärztlicher Sicht sehe ich eine Grippeschutzimpfung schon seit Jahren als ein geeignetes Instrument an, die Weiterverbreitung der Influenza einzudämmen“, so Karbach. Angesichts der doppelten Gefahr durch Influenza und Corona sei es zu begrüßen, dass in diesem Jahr verstärkt für den Grippeschutz geworben wird.

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