Oberhausen. Kann man aus den Abfallbergen der Oberhausener Bürger klimafreundlichen Wasserstoff herstellen? Oberhausen will das beweisen.

Nach dem ersten Vorbereitungstreffen zur kommunalen Wasserstoff-Konferenz zeichnen sich konkrete Projekte ab, mit denen sich Oberhausen als Standort des neuen Energieträgers profilieren will.

Eine 20-köpfige Runde mit potenziellen Erzeugern und Abnehmern von Wasserstoff hat dem Vernehmen nach im Rathaus konkrete Schritte in den nächsten Wochen vereinbart. So soll bis Ende Oktober 2020 ein Antrag auf Bundesförderung für eine kleine 6-MW-Wasserstoff-Produktionsanlage bei der Müllverbrennungsanlage GMVA gestellt werden. Der dort durch die Verbrennung der Abfälle entstehende Strom wird zur Hälfte als regenerativer Strom eingestuft – und so kann mit dessen Hilfe aus Wasser sogenannter grüner, also klimafreundlicher, Wasserstoff entstehen.

Wasserstoff-Tankstelle bei den Müllöfen?

Mit diesem Treibstoff sollen dann einige große Müllfahrzeuge und Laster der Wirtschaftsbetriebe Oberhausen (WBO) betrieben werden, die den Wasserstoff direkt an einer neuen Wasserstoff-Tankstelle auf dem GMVA-Gelände tanken können.

In aller Munde

Nach dem Willen der Bundesregierung soll Deutschland bis zum Jahr 2050 klimaneutral sein. Kraftwerke, Heizungen, Hochöfen, Aluhütten, Schiffe und Autos müssen so funktionieren, dass keine Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen. Überall dort, wo die Elektrifizierung oder Batterien nicht weiterhelfen, ist nach Ansicht von Uwe Lauber, Vorstandschef des Anlagenbauers MAN Energy Solutions (Augsburg), Wasserstoff „der Schlüssel zum Erfolg“.

Auch Christian Bruch, der Siemens Energy mit Standorten in Duisburg und Mülheim führt, sagt voraus: „Wasserstoff wird eine extrem wichtige Rolle spielen.“ So ist es beispielsweise möglich, mit Hilfe von viel Strom aus erneuerbaren Quellen Wasser durch Elektrolyse in energiereichen Wasserstoff umzuwandeln. Dieser Wasserstoff kann ins Pipeline-Netz eingespeist und für die Stromerzeugung oder Stahlherstellung verwendet werden.

Auch Edeka Rhein-Ruhr zeigt Interesse, ihre Laster mit Wasserstoff zu betanken – bisher fehlen aber noch entsprechend zugelassene Fahrzeuge. Für ein Pilotprojekt mit Wasserstoff-Tankstelle auf ihrem neuen Gelände des Logistikzentrums Rhein-Ruhr an der Waldteichstraße in Sterkrade sind die Edeka-Manager offen.

MAN Energy Solutions ist in der Lage, Wasserstoff-Produktionsanlagen zu bauen, und strebt an, eine Großanlage auf dem Werksgelände in Oberhausen an der Steinbrinkstraße 1 zu errichten – am besten eine 100-MW-Megaanlage zur Wasserstoff-Produktion inklusive Speicherungsmöglichkeit. Auch dafür kann es Fördergelder aus dem Neun-Milliarden-Euro-Fonds zur Nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung geben.

Wissenschaftliche Begleitung durch Umsicht

Zur Entwicklung einer kommunalen Wasserstoffstrategie in Oberhausen wollen die Akteure von MAN Energy Solutions, die Energieversorgung Oberhausen (EVO), die Wirtschaftsbetriebe WBO, die Stoag, die GMVA, die Wirtschaftsförderung OWT und Edeka Rhein-Ruhr zu einem Workshop noch im September zusammenkommen. Dabei sind natürlich auch die Wasserstoff-Experten des Fraunhofer-Instituts Umsicht, die gerade mit Thyssenkrupp die CO2-freie Produktion von Stahl in Duisburg entwickeln.

„Wir haben uns kurze Zeitziele gesetzt, die Projekt sind realistisch, weil wir vor Ort sowohl Stromproduzenten, Wasserstofferzeuger, Wasserstoffabnehmer, Anlagenbauer und die wissenschaftliche Expertise haben. Das ist eigentlich eine ideale Situation“, sagt der Oberhausener Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) nach dem Treffen auf Anfrage der Redaktion. Im weiteren Verlauf soll auch mit anderen Ruhrgebiets-Städten, die Interesse an Wasserstoff haben, eine gemeinsame Strategie abgesprochen werden.