Oberhausen. Die ersten Residenzen an der Paul-Reusch-Straße 60 in Alt-Oberhausen übernehmen Aktionskünstlerin Marie-Luise O'Byrne-Brandl und US-Sänger Thibo.
Das Kunsthaus Mitte in Alt-Oberhausen trotzt unter der Leitung des Choreographen Thomas Lehmen der Corona-Krise und hat sogar, ganz nach Plan, sein Residenzprogramm auf den Weg gebracht. In Absprache mit einem eigens etablierten Beirat sind nun die ersten beiden Residenten für das Haus an der Paul-Reusch-Straße 60 ausgewählt: Es sind die als „amouröse Stadtschreiberin“ über Oberhausen hinaus bekannte Aktionskünstlerin Marie-Luise O´Byrne-Brandl und der sowohl jüngere als auch unbekanntere Sänger und Rezitator Campbell Thibo.
Einst Gemeindearchiv, jetzt Kunsthaus Mitte
Kunsthaus-Impresario Thomas Lehmen ist ein Profi, wenn es darum geht, Fördermittel für Kunstschaffende an Land zu ziehen. Er setzt auf Beharrlichkeit und Ausdauer. Auf diese Weise füllte er bereits 2018 ein Ladenlokal an der Marktstraße mit Leben, bevor das Stadtteilbüro für das „Brückenschlag“-Projekt darin einzog – um seitdem wenig von sich hören zu lassen.
Bis zum Sommer 2021 ist die Kunsthaus-Bleibe in einem Gebäude der Pfarrgemeinde Herz Jesu vorerst gesichert. In dem Altbau an der Paul-Reusch-Straße 60 war einst das Archiv der katholischen Gemeinde.
Marie-Luise O´Byrne-Brandl bleibt als Residenz-Künstlerin ihrem bevorzugten Metier der letzten Jahre treu. Auch für eine WAZ-Aktion hatte die 63-Jährige – pandemiebedingt zumindest im eigenen Zuhause – ihre rote Robe und den Blütenkranz angelegt. Auch im Kunsthaus Mitte wird sie Liebesbriefe für geliebte Menschen und für beliebte Oberhausener Wahrzeichen mit Tinte auf Papier schreiben, um sie – ganz alte Schule – per Post zu versenden. Die Liebesbrief-Bestellungen jeglicher Art wird O´Byrne-Brandl allerdings nur per E-Mail annehmen. Menschen ohne einen Computer können ihre Telefonnummer im Kunsthaus hinterlegen. Die Künstlerin meldet sich dann telefonisch, um zu besprechen, welche Art von Brief gewünscht wird.
Die „Transformation der Sehnsucht vom Digitalen ins Analoge“ ist ein erklärtes Ziel ihrer Residenz. So plant die Oberhausenerin anknüpfend an dieses neu-vertraute Projekt einen Stadtführer mit den „Liebesbriefen für Oberhausener Wahrzeichen“, illustriert vom Fotografen Rainer Schlautmann. Dergleichen muss sie sich für die ihr anvertrauten Liebesbriefe für Menschen versagen – denn die bleiben streng vertraulich. Anfragen sowohl für geliebte Menschen als auch für verehrte Oberhausener Wahrzeichen nimmt sie ab 1. September per Mail (info.obyrnebrandl@t-online.de) entgegen.
Der Platz soll den Nachbarn „tatsächlich gehören“
Der zweite Resident der ersten Runde, Campbell Thibo, zog wegen der Liebe aus Seattle nach Deutschland und lebt nun in Sterkrade. Sein Residenz-Projekt ist der dem Kunsthaus benachbarte Parkplatz im Innenhof der Herz-Jesu-Gemeinde. Thibo möchte das Gefühl vermitteln, „dass den Nachbarn dieser gemeinsame Platz tatsächlich gehört“. Er lädt die Alt-Oberhausener zum Mitwirken ein: Sie sollen „die Geschichte dieses Ortes miteinander teilen und kleine, kreative Aktionen üben, um die Fläche zu erhalten und zu verschönern“.
Außerdem ermöglicht das Kunsthaus Mitte der jungen Künstlerin Marlene Ruther, ihr Projekt an der Paul-Reusch-Straße 60 zu erarbeiten. Diese Residenz finanziert das Haus durch Eigenmittel. Eine Infoveranstaltung mit Kaffee und Kuchen beginnt am Samstag, 8. August, um 14 im Kunsthaus. Die Gastgeber bitten um Anmeldung per Mail an info@kunsthausmitte.de.
Nächste Ausschreibung folgt im November
Das Residenzprogramm des Kunsthauses Mitte ist ein Pilotprojekt der Kunststiftung NRW, in Kooperation mit der Herz-Jesu-Gemeinde, gefördert durch den Kulturausschuss und aus Mitteln des „Brückenschlag“-Verfügungsfonds. Die nächste Ausschreibung folgt im November 2020.