Oberhausen. Kunstschaffende können ab sofort Stipendien für einen Aufenthalt im neuen Kunsthaus Mitte in Oberhausen erhalten.
„Wir sind eine Stufe aufgestiegen“, berichtete Thomas Lehmen am Samstag im Kunsthaus Mitte an der Paul-Reusch-Straße. Zusammen mit Gleichgesinnten hatte er vor einem Jahr die Idee eines Treffpunkts für künstlerisch Interessierte entwickelt. Bis zum Sommer 2021 ist diese Bleibe in einem Gebäude der Katholischen Pfarrgemeinde Herz Jesu nicht nur gesichert. Aus Mitteln der Kunststiftung NRW wird dort ab sofort auch ein sogenanntes Residenzprogramm gefördert, für Künstler, die sich darin für die Arbeit an einem Kunstprojekt für zunächst einen Monat niederlassen.
Profi in Sachen Fördermittel
Beim Informationsnachmittag am Samstag kam aber nur etwa ein halbes Dutzend Interessierte. „Corona hat ja alles lahmgelegt“, gab Lehmen zu bedenken. Anträge für 18 Residenzen hat er schon. Nur zehn hat er vorerst zu vergeben. Aber Lehmen ist ein Profi, wenn es darum geht, Fördermittel für Kunstschaffende an Land zu ziehen. Er setzt auf Beharrlichkeit und Ausdauer. Auf diese Weise füllte er 2018 ein Ladenlokal an der Marktstraße mit Leben, bevor das Stadtteilbüro für das Projekt Brückenschlag darin einzog.
Zu Beginn führt der gelernte Choreograf die kleine Besuchergruppe durch das Haus. Im Erdgeschoss unterhielt die Kirchengemeinde zuletzt ihr Archiv. Die stählernen Archivschränke zeugen noch davon. Die oberen Etagen waren zuletzt vermietet. Lehmen und seine Mitstreiter haben den Altbau entrümpelt und renoviert. Teilweise hängen Bilder an den Wänden. Unter dem Dach ist ein Schlagzeug aufgebaut. Hier darf Musik gemacht werden. Choice Samsin, eine gebürtige Nigerianerin, hat Musik im Blut und arbeitet hier.
Sponsoren gesucht
Pfarrer Vinzent Graw macht die Führung mit. Seine Gemeinde muss sich vom gesamten Gebäudekomplex an der Paul-Reusch-Straße trennen. Dafür Käufer zu finden, wird nicht einfach. „Immerhin tragen sich durch das Kunsthaus vorerst die Betriebskosten“, sagt er. Und wenn es nach Thomas Lehmen geht, dann finden sich vielleicht Sponsoren, die das Projekt für längere Zeit am Leben halten. Denn eine projektbezogene Künstlerresidenz ist neu für Oberhausen.
Bevor Corona alle weiteren Aktivitäten unterband, war eine kombinierte Kunst- und Kochgruppe im Haus aktiv, wurde hier musiziert. Die bildende Künstlerin Naokao Tanaka hat hier ebenso schon gearbeitet wie die Filmemacherin Hanna Dörr und die Malerin Rozan Hamon. „Viele Künstler würden sich gern einmal drei Monate auf ein Projekt konzentrieren“, sagt Thomas Lehmen. Das Residenzprogramm gebe immerhin einen ersten Anreiz dazu. Bei den meisten eingereichten Anträgen vermisst er allerdings noch die geforderte Ausrichtung auf den Schnittpunkt von Gesellschaft und Kunst.
Kulturen zusammenführen
Denn an keinem Ort in der Stadt kommen Menschen aus so verschiedenen Kulturen zusammen wie in der Altstadt. Das soll sich auch im öffentlich geförderten Kunstschaffen wiederfinden. Eine Künstlerin aus Gelsenkirchen, die namentlich nicht genannt werden wollte, zeigt sich begeistert: „So etwas hier ist großartig. Denn es hilft uns über das Problem hinweg, während eines Projekts unseren Lebensunterhalt zu bestreiten, und es ermöglicht den Austausch mit Anderen.“ Ganz ähnlich sieht es der US-Amerikaner Campbell Thibo, ein Mitstreiter von Lehmen, der in Sterkrade wohnt, aber dort noch kein eigenes Atelier hat. Er möchte sich hier künstlerisch vielseitig betätigen.