Oberhausen. So viel steht fest: 2020 ist ein Jahr des tiefen Einschnitts in der Entwicklung des Centros und seines Freizeit-Umfelds. Eine aktuelle Analyse.
23 Millionen Gäste jährlich - das war die magische Rekordmarke zur Neuen Mitte Oberhausen, die auch unsere Berichterstattung über viele Jahre prägte. Es spricht vieles dafür, dass diese beeindruckende Zahl coronabedingt so schnell nicht mehr erreicht werden wird.
Branchenexperten sprechen bereits von einer „Jahrhundertkrise“, in der die Shopping Malls weltweit stecken – ausgelöst durch den Corona-Stillstand, durch die Kontaktbeschränkungen und deren Folgen auf die ökonomische und soziale Lage sowie die Befindlichkeit der Menschen. Die Konsumlaune ist auf dem Tiefpunkt, viele plagt die Sorge um den eigenen Arbeitsplatz. Dazu kommt: Mit griffbereitem Mund-Nasen-Schutz und Abstandsgebot macht der Schaufensterbummel nicht mehr so richtig Spaß.
Auch der börsennotierte Immobilienkonzern Unibail-Rodamco-Westfield (URW) ist hart getroffen. Das Unternehmen mit Sitz in Paris betreibt allein in Deutschland 24 Einkaufszentren, dazu gehört auch das Centro. „Es geht in der jetzigen Phase nicht darum, Renditeziele zu erreichen“, wird URW-Deutschlandchef Andreas Hohlmann im „Spiegel“ zitiert. „Es geht für Mieter und Vermieter ums Überleben.“
Optimismus passé
Bis Mitte März herrschte mit Blick auf künftige Gästezahlen und Umsätze noch weitgehend ungebrochener Optimismus. Zwei neue Hotels wurden in direkter Nähe zum Centro eröffnet; der Konzertreigen in der häufig ausverkauften Arena, die vielen Touristen- und Geschäftsreisen, die Beliebtheit des Centro bei der Kundschaft aus der Rhein-Ruhr-Region und darüber hinaus schienen ein Garant für eine gute und verlässliche Auslastung zu sein. Aus und vorbei. Wer unmittelbar nach dem Corona-Shutdown auf den Platz der Guten Hoffnung blickte und keinen einzigen Menschen sah, konnte vielleicht erahnen, was für ein Einschnitt die Corona-Krise bringen würde.
Konsumlaune sinkt spürbar
Auch die Fußgängerzonen sind von den Corona-Auswirkungen betroffen. Auch hier sinkt die Kundenfrequenz, weil die Konsumlaune der Menschen spürbar geschrumpft ist.
Viele Umfragen bestätigen: Die Verbraucher wollen weniger einkaufen und ausgehen.
Die Insolvenz des Brauhauses, die weitere Schließung des ökumenischen Kirchenzentrums am Centro, das schon vor Corona über die Bühne gegangene Aus für den Musicalbetrieb im Metronom-Theater – es lassen sich eine Reihe von unterschiedlich akzentuierten Krisensymptomen aufzählen, die derzeit allerdings noch nicht abschließend eingeordnet werden können. Denn alles hängt davon ab, wie sich die Situation mittel- und langfristig entwickelt. Kehren die Menschen zu ihren alten Shopping- und Freizeitgewohnheiten zurück? Oder büßen die Einkaufszentren in Deutschland und international dauerhaft an Beliebtheit ein?
Eddie Healey und seine Vision
Als Investor Eddie Healey Mitte der 1990er Jahre seine Pläne für die Neue Mitte in Oberhausen und im Ruhrgebiet vorstellte, wiederholte er unermüdlich seine Vision: Die Menschen, so der Brite, wollten in einem sicheren, sauberen und attraktiven Umfeld einkaufen gehen können, kombiniert mit dem Angebot zum garantiert kostenlosen Parken. Ein recht schlichtes Konzept, das aber in den folgenden Jahrzehnten seine Durchschlagskraft eindrucksvoll bewies. Nicht nur Healeys Shopping Malls in Großbritannien wurden ein echter Renner, sondern auch das Centro boomte. Ein Ende des Wachstums? Das schien über ein Vierteljahrhundert kein Thema zu sein. Bis das Corona-Virus kam.
Die Strahlkraft bewahren
Gerade für Oberhausen bergen das Corona-Jahr 2020 und seine sich abzeichnenden Folgen immense Risiken – nicht nur ökonomisch. Die Neue Mitte prägt seit Ende der 1990er Jahre entscheidend das Stadt-Image, sie hat Oberhausen von der grauen Maus im Revier zur Freizeit-, Shopping- und Entertainment-Hauptstadt der Region werden lassen. Es wird schwierig werden, diese Strahlkraft im neuen Jahrzehnt zu bewahren.