Oberhausen. In Oberhausen entsteht in einem ehemaligen Gemeindehaus eine Kunstpraxis für Schauspiel, Musik und Malerei. Profis und Laien tauschen sich aus.
Ein altes Gebäude, die alte Mitte – und eine neue Idee. An der Paul-Reusch-Straße in der Oberhausener Innenstadt wächst seit vier Monaten eine Gemeinschaft von Künstlern zusammen. In einem vormals von der Gemeinde Herz Jesu genutzten Gebäude nimmt die Idee der Betreiber Einar Fehrholz und Thomas Lehmen immer weiter Formen an.
Kirchengemeinde bot Kreativen eine Chance
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Wenn man sich in den Gängen des „Kunsthauses Mitte“ umschaut, erinnert der Altbau schon an ein uriges Wohnhaus. Eine schmale Treppe, die bei den Schritten dezent knarzt, führt auf zwei Ebenen mit Räumen, in denen bereits die unterschiedlichen Stilformen der bildenden Kunst verschmelzen. Profis und Laien? Für Thomas Lehmen ist das kein Widerspruch. Im Gegenteil. „Wir wollen einen unabhängigen Ort für Kunstschaffende. Einen Ort, an dem Kunst und Gesellschaft zusammengeführt werden.“
Früher verwaltete die Kirchengemeinde in der Immobilie ihr Archiv. Auch der Küster fand in einer Wohnung eine Bleibe. Nun werden aus den Räumen Schritt für Schritt kreative Quartiere. Pfarrer Vinzent Graw war von der Idee überzeugt – ließ die Neumieter machen.
In den Räumen ist offenbar bereits kräftig von den Handwerkern gewerkelt worden – das sieht man. Die meiste Arbeit machte der ehemalige Speicher. „In diesem Raum steckten noch industrielle Spuren aus vielen Jahrzehnten“, erinnert sich Lehmen an die Anfänge. Nun ist hier alles sauber. Das Dach ist abgedichtet.
Kunsthaus Mitte steht Interessierten offen
Nun liegen auf dem Holzboden Gitarren und Keyboards – und weitere Musikinstrumente. Lehmen probt hier mit dem US-Amerikaner Campbell Thibo schon eifrig am Tanzprojekt „Unsere Stadt“, bei dem aktuelle Nachrichten aus Oberhausen durch darstellende Künste anschaulich untermalt werden. Thibo zog wegen der Liebe aus Seattle nach Deutschland, nun lebt er in Sterkrade – und engagiert sich im neuen Kunsthaus Mitte.
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Mit seinem Schaffen ist er nicht alleine. Kreative, von der Schülerin bis zur rüstigen Seniorin, nutzen die künstlerische Anlaufstellen in der Innenstadt. Für das Tanzprojekt wird donnerstags von 18 bis 20 Uhr geübt und auch samstags werkeln die Künstler zwischen 10 und 13 Uhr. Grundsätzlich soll das Haus den Interessierten offen stehen. Dienstags, mittwochs und donnerstags heißt es „Kunst machen“ – hier sind Außenstehende eingeladen, in den Räumen kreativ zu sein. Die Teilnahme kostet nichts.
Nigeria, USA, Russland, Japan – und Bottrop
Kunsthaus Mitte soll weiter wachsen
Das Kunsthaus Mitte an der Paul-Reusch-Straße 60 finanziert sich durch Mittel des Kulturausschusses der Stadt Oberhausen, den Verfügungsfonds für die Innenstadt, die Sparkassen Bürgerstiftung und die LAG Soziokultur des Landes Nordrhein-Westfalen.
Fester Bestandteil ist aber auch die Eigenleistung der Kreativen. Für November ist eine öffentliche Feier geplant – Details folgen noch.
Die jüngste Besucherin ist zwölf Jahre alt, Julia heißt sie und setzt sich mit Vorliebe ans Schlagzeug oder zückt die Malstifte, wie Lehmen anschaulich beschreibt. Die Gruppe ist international aufgestellt. Neben den Schaffenden aus den USA gibt es Künstler, die ihre Wurzeln in „Nigeria, Russland, Japan – und Bottrop“ haben. Ein Scherz, wie Lehmen kommentiert.
Wer noch künstlerischen Freiraum sucht, der könnte in der charmanten Kulisse des Altbaus fündig werden. Dauerhafte Ateliers können die Initiatoren aus Platzgründen nicht anbieten. Dafür haben Künstler bis zu drei Monate die Gelegenheit, sich zu verwirklichen. Gemeinschaftsküchen sind vorhanden. Die Vergabe der Plätze erfolgt auf Anfrage. Einzige Bedingung: Die Neuankömmlinge müssen sich an der täglichen Pflege der Räume beteiligen.