Oberhausen. Neues Klimaschutzprojekt der Stadt will insgesamt 180 abschließbare Abstellboxen im Quartier schaffen. Auch ein Lastenrad-Verleih ist geplant.
Es ist kaum zwei Jahre her, da startete in Oberhausen ein Vorzeigeprojekt für Fahrradfahrer in der Region: Am Bahnhof Sterkrade entstand die erste Fahrradgarage von „Dein Radschloss“ mit zwölf verschließbaren Boxen, die man alle bequem und schnell per Handy buchen kann. Mittlerweile stehen die vom VRR geförderten Boxen an zahlreichen weiteren Standorten an Rhein und Ruhr – vor allem an Bahnhöfen.
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Nun will die Stadt zum nächsten Paukenschlag ansetzen und ein ganzes Quartier mit solchen modernen Abstellanlagen ausstatten – ein Vorhaben, an das sich bislang noch keine Ruhrgebietskommune in dieser Größenordnung gewagt hat. Im Bismarckviertel in Alt-Oberhausen sollen an 18 Straßenabschnitten jeweils zehn wetter- und diebstahlgeschützte City-Fahrradgaragen geschaffen werden – insgesamt also beachtliche 180 Boxen.
Vorgesehen ist ebenso, an sechs Standorten zusätzlich eine Station für ausleihbare Elektro-Lastenräder zu verwirklichen. Der Lastenrad-Verleih soll Anwohnern beim Transport größerer Lasten helfen und auch für Ladenbesitzer und Gewerbetreibende zur Verfügung stehen.
Radverkehr im Alltag fördern
Mit dem Modellprojekt will die Stadt den Bürgern bei der Erledigung der täglichen Geschäfte eine umweltfreundliche Alternative zum Pkw anbieten und durch die Förderung des Alltagsradverkehrs einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Denn nach wie vor fahren die Oberhausener am liebsten mit dem Auto zum Supermarkt. Dagegen machen Radfahrer nach Erhebungen der Stadt gerade einmal 6,5 Prozent am Gesamtverkehrsaufkommen aus. Die Idee zu dem Projekt geht auf einen gemeinsamen Antrag von BUND und ADFC zurück.
Wie der Nahmobilitätsbeauftragte Marcel Knauff im Umweltausschuss erklärte, fiel die Wahl aus mehreren Gründen auf das Bismarckviertel. Letztlich habe die neue Parkraumbewirtschaftung, die große Einwohnerdichte und die enge und mehrgeschossige Wohnbebauung im Quartier eine entscheidende Rolle gespielt. Denn da, wo sich Mehrfamilienhaus an Mehrfamilienhaus reiht, fehle es an ausreichenden Möglichkeiten, sein Fahrrad ebenerdig, schnell und sicher auf privatem Gelände abzustellen.
Das Problem: Wer erst sein schweres Rad aus dem Keller hieven muss, wird seltener oder eben gar nicht damit fahren, meint Fahrrad-Experte Knauff. Auch würde niemand gerne sein teures (E-)Bike draußen vor der Tür stehen lassen. Die Gefahr eines Diebstahl sei einfach zu groß.
Umweltministerium des Bundes fördert das Projekt
Die zweigeschossigen Radabstellanlagen werden daher über ein elektronisches Schließsystem verfügen, welches die Öffnung mit einer Chipkarte – etwa durch das E-Ticket des VRR – oder einen Pincode erlaubt. Über eine Onlineplattform sollen die Boxen, ähnlich wie bei „Dein Radschloss“ am Bahnhof Sterkrade, schnell buchbar sein. Eine Beleuchtung der Anlage soll zusätzliche Sicherheit in den Abend- und Nachtstunden bieten. Außerdem ist eine Lademöglichkeit für Pedelecs geplant.
Die endgültige Entscheidung über die Standorte steht unter Einbeziehung der Naturschützer vom BUND und der Fahrradexperten des ADFC noch aus – bislang gibt es nur ungefähre Pläne (siehe Grafik). Sicher ist, dass das Aufstellen der Fahrradgaragen nicht zu Lasten der Fußgänger gehen soll. Es würden keine Gehwege eingeschränkt, so der Nahmobilitätsbeauftragte Knauff. Jedoch könnte es sein, dass der ein oder andere Parkplatz weichen müsse.
Klimaschutzprojekt mit Vorbildfunktion
Über den Fördertopf „Klimaschutz durch Radverkehr“ des Bundesumweltministeriums können modellhafte, investive Projekte zur Verbesserung der Radverkehrssituation in konkret definierten Gebieten wie beispielsweise Wohnquartieren, Dorf- oder Stadtteilzentren gefördert werden.
Ziel ist es, neben der Einsparung von Treibhausgas-Emissionen den Anteil des Radverkehrs zu erhöhen und einen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität vor Ort zu leisten. Die Projekte sollen durch ihren Vorbildcharakter bundesweit zur Nachahmung anregen.
Finanziert werden sollen die City-Fahrradgaragen zu 90 Prozent mit Mitteln des Bundes. Bereits im Oktober 2019 hat die Stadt im Rahmen des Förderaufrufs „Klimaschutz durch Radverkehr“ beim Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) eine Förderskizze eingereicht und Gesamtkosten von etwa 945.000 Euro für das Projekt einkalkuliert. Gerade einmal 95.000 Euro davon muss die Stadt aus Eigenmitteln beisteuern.
City-Fahrradgaragen könnten 2021 aufgestellt werden
Der Weg für das Projekt ist längst frei, die Förderzusage im zweistufigen Verfahren erfolgte schon Ende März. Bis zum 15. Juni muss die Stadt nun einen offiziellen Antrag einreichen, damit die Gelder bewilligt werden können. „Das ist reine Formsache“, meint Marcel Knauff. Ein Beschluss des Rates gilt ohnehin als sicher. Der Umweltausschuss begrüßte das Vorhaben der Stadt bereits ausdrücklich und erhofft sich bei Erfolg zukünftig eine Ausweitung auf weitere Stadtviertel.
Nach Eingang des Förderbescheids, der noch in diesem Jahr zu erwarten ist, könnten die City-Radgaragen voraussichtlich im Jahr 2021 aufgestellt werden.