Oberhausen. Kurz und bündig das Eröffnungszeremoniell der digitalen Kurzfilmtage Oberhausen: Nach Grußworten präsentiert Festivalleiter Gass einen Kurzfilm.
Der Oberbürgermeister lobte, wie es einer Festival-Eröffnung zukommt, doch der parlamentarische Staatssekretär aus dem NRW-Kulturministerium goss etwas Wasser in den Wein: Für aufschäumende Festival-Atmosphäre zum Start dieser Online-Ausgabe der 66. Internationalen Kurzfilmtage musste jeder der rund 300 Zuschauer am Mittwochabend vor dem heimischen Bildschirm schon selber sorgen.
Ohne den „rauschhaften Moment, der ein Festival ausmacht“
Daniel Schranz hatte mit Bedacht auf die beachtliche Leistung verwiesen, ein ganz neues Festival-Format für ein weltweites Publikum innerhalb von nur knapp zwei Monaten aus der Taufe zu heben. Wie Staatssekretär Klaus Kaiser erschien auch der OB klassisch als „Talking Head“ auf dem Bildschirm. Der rote Vorhang im festlichen Ambiente des großen Lichtburg-Saals blieb geschlossen. „Auf den rauschhaften Moment, der ein Festival ausmacht“, so hatte es CDU-Politiker Kaiser formuliert, „müssen wir verzichten“. Die Bildregie zeigte dazu jene Gemeinschaftsmomente der 2018er Kurzfilmtage, als Peter Miller für sein fasziniertes Publikum Filmstreifen von Hand zu Hand durch den Kinosaal reichen ließ – in diesen Tagen ein undenkbarer Vorgang.
Ein Schlingensief-Zitat muss sein vor dem anstehenden zehnten Todestag und 60. Geburtstag des Oberhausener Allround-Künstlers, der stets „die Krise als Chance“ wahrnehmen wollte. Doch dieser wohlfeile Satz, betonte Klaus Kaiser, sei in diesen Tagen „mit äußerster Vorsicht zu verwenden“: Für Kulturschaffende zumal sei die Corona-Krise wahrhaft existenzbedrohend. Die Kurzfilmtage aber, erkannte der Staatssekretär „erfinden sich neu: Wie nie zuvor stimmen sie das Publikum seit Wochen virtuell ein“. Klaus Kaiser: „Ich danke dem Festival für das Wagnis.“
Weltall-Bilder von der „Fiktion einer Welt ohne uns“
Der Festivalleiter ließ nach wohlgesetzten Worten die Bilder sprechen: Lars Henrik Gass präsentierte als seinen Beitrag eine kurze filmische Collage mit höchst unterschiedlichen Zutaten. Aus „Silent Running“, dem wohl ersten ökologischen Science-Fiction-Werk von Douglas Trumbull, zeigte er, wie der kleine Roboter Dewey die Pflanzen im Raumschiff „Valley Forge“ wässert: Von der „Fiktion einer Welt ohne uns“ raunte dazu die englische Textzeile. Eine andere, bebildert mit einem possierlichen Stummfilm-Tauziehen, lautete: „Wir wollen sicher gehen, dass Kunst und die Künstler nicht verstummen.“ Das letzte Wort allerdings gönnte Gass dem unerreicht coolen Steve McQueen neben Ali McGraw in „The Getaway“: Feuer frei für die Online-Kurzfilmtage. Des selbstironischen Schlussbildes vom Untergang der „Titanic“ hätte es in dieser filmischen Ouvertüre gar nicht mehr bedurft.