Oberhausen. Im sardischen Carbonia ist die Lage viel entspannter als im Rest Italiens. Im britischen Middlesbrough steigt die Zahl der Erkrankten rasant.

Ganz unterschiedliche Stimmungsbilder zeichnen die Berichte aus Oberhausens Partnerstädten in Zeiten der Corona-Pandemie. Desbina Kallinikidou vom Büro für Interkultur hat aus den Rathäusern der Partner um Situationsberichte gebeten: Sie reichen von „surreal“, so die sehr britische Selbstbeschreibung aus Middlesbrough, bis zu einer entspannten Kurznotiz ausgerechnet aus dem schwer getroffenen Italien.

Die zweitgrößte Mittelmeerinsel ist eben doch eine eigene Welt: Ganz Sardinien meldete am Mittwoch 780 Covid-19-Infizierte – die 30.000 Bürger zählende Partnerstadt Carbonia nur einen einzigen. Auch für die Bürger der einstigen Bergbaustadt im Südwesten der Insel gilt die Anordnung, zu Hause zu bleiben – „und sie folgen ihr“, heißt es aus dem Rathaus von Bürgermeisterin Paola Massidda.

Kein Schutzschirm gegen das Corona-Virus – aber eine schmucke Straßenszene aus Oberhausens sardischer Partnerstadt.
Kein Schutzschirm gegen das Corona-Virus – aber eine schmucke Straßenszene aus Oberhausens sardischer Partnerstadt. © Frank Klinnert

Aus dem nordenglischen Middlesbrough war unmittelbar vor Zuspitzung der Krise noch eine Delegation nach Oberhausen gereist, um hier vom 9. bis 12. März ein ambitioniertes Paket von elf Kulturprojekten zu besprechen. „Das alles ist auf Eis gelegt“, bedauert Desbina Kallinikidou, „bis wir wissen, wie es weitergeht“.

Elf Kranke starben bereits im James Cook Hospital

Die konservative Regierung Großbritanniens hat spät reagiert. Erst seit dem 24. März sind auch in Middlesbrough mit seinen rund 125.000 Einwohnern die Schulen geschlossen, berichtet Julie Lewis, „Twinning Officer“ im Rathaus der Partnerstadt aus ihrem Homeoffice. Nur die Kinder von Eltern in „systemrelevanten“ Berufen werden in den Schulen und Tagesstätten betreut. Spät ermahnte die britische Regierung, auf unnötige Reisen zu verzichten – „aber die Bürger scheinen so oft auszugehen wie gehabt“, beobachtete Julie Lewis. Die Polizei sei jetzt ermächtigt, gegen Versammlungen einzuschreiten.

Die Zahl der bestätigten Covid-19-Infizierten in Middlesbrough stieg in den sieben Tagen bis Mittwoch, 1. April, von 0 auf 44 Erkrankte. Elf Menschen sind bereits im James Cook Hospital gestorben, dem einzigen Krankenhaus in der „South Teesside“-Region. Julie Lewis: „Wir erwarten, dass diese Zahl täglich steigt.“

Eine positive Nachricht für Middlesbrough kam am Dienstag aus der Pressestelle des britischen Unternehmers und Milliardärs Jim Ratcliffe: Sein Chemiekonzern „Ineos“ will in Oberhausens Partnerstadt innerhalb von zehn Tagen eine Produktion von Hand-Desinfektionsmitteln aufbauen: Monatlich soll die neue Rekord-Fabrik eine Million Flaschen ausstoßen.

Angestrahlt, aber verschlossen: Das Waterhouse Building, ältester Teil der jungen Teesside University in der nordenglischen Partnerstadt Middlesbrough. Die Studenten lernen nun online.
Angestrahlt, aber verschlossen: Das Waterhouse Building, ältester Teil der jungen Teesside University in der nordenglischen Partnerstadt Middlesbrough. Die Studenten lernen nun online. © Teesside University

Ausführlich beschreibt der Bericht aus Saporishja die Situation in der mit über 900.000 Einwohnern sechstgrößten Stadt der Ukraine, in der Menschen aus 90 Nationen leben. Zum Stand 31. März gab es in der Fast-Millionenstadt neun bestätigte Covid-19-Infektionen, die sich sämtlich auf Auslandsreisen zurückführen ließen. Ein Patient ist inzwischen genesen.

Online-Konzerte für die Stimmung in Saporishja

100 Millionen Griwna, umgerechnet 33 Millionen Euro, setzt der Stadtrat von Saporishja gegen die Krise ein: Zum einen, um die Krankenhäuser mit Tests und Schutzausstattungen zu versorgen. Zum anderen gilt es, die vielen armen und älteren Menschen zu versorgen. „Saporishja gewöhnte sich schnell an die neuen Lebensbedingungen“, heißt es im Bericht aus dem Rathaus, der ausführlich das umfassende ehrenamtliche Engagement vorstellt.

So organisierte Dmitri Matjuchin vom „Saporishja Help Center“ seit den ersten Tagen der Quarantäne die Verteilung von Lebensmittelpaketen – und erklärt: „Unsere Helfer überreichen sie mit Worten der Unterstützung, so dass die Menschen wissen, dass sie nicht allein gelassen werden.“ Und die Kultur-Szene in Saporishja bemüht sich nach Kräften, mit Online-Konzerten und virtuellen Führungen „die Stimmung zu heben“.

Vor wenigen Wochen erst besiegelten Maciej Gramatyka (li., Vize-Stadtpräsident von Tychy) und Oberbürgermeister Daniel Schranz  in Oberhausen ihre Städtepartnerschaft.
Vor wenigen Wochen erst besiegelten Maciej Gramatyka (li., Vize-Stadtpräsident von Tychy) und Oberbürgermeister Daniel Schranz in Oberhausen ihre Städtepartnerschaft. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Der erst am 17. Februar im Oberhausener Rathaus offiziell besiegelten Partnerschaft mit Tychy in Oberschlesien sollte im April eine Feierstunde bei den polnischen Partnern folgen: Das ist nun aufgeschoben. Die neuen Partner melden aus ganz Schlesien – Stand 30. März – 203 Erkrankte und 6 Verstorbene, aus Tychy zwei Erkrankte und 132 Bürger in Quarantäne.

Die Bürger in Tychy helfen einander

Seit dem 16. März hatten Anordnungen der polnischen Regierung das öffentliche Leben zum Stillstand gebracht – „doch unsere Bürger sind sehr aktiv“, berichtet die Pressestelle aus dem Hochhaus der Stadtverwaltung. Gemeint ist: Man näht engagiert Schutzmasken und versorgt einsame und alte Mitbürger. „Unsere Bürger helfen einander.“

Das größte Krankenhaus im 127.000 Einwohner zählenden Tychy soll sich ganz den Covid-19-Patienten der Region widmen. Und so galt der Versorgung mit Schutzmasken, Handschuhen und Desinfektionsmitteln die größte Sorge der Stadtverwaltung. Doch die gemeinsam mit Oberhausen anvisierten Projekte wollen die neuen Partner „so bald wie möglich nachholen“.