Oberhausen. Unternehmen bangen um ihre Existenz, Arbeitsplätze sind in Gefahr. Experten fordern schnelle, unbürokratische Hilfe. Jeder Einzelne kann helfen.
Betriebe in Oberhausen stehen mit dem Rücken zur Wand. Ende März müssen sie die Gehälter ihrer Angestellten, Mieten und Sozialabgaben zahlen. Doch wegen der Coronakrise steht das öffentliche Leben still, die meisten Geschäfte sind geschlossen, Umsätze brechen ein. Experten von Unternehmerverband und Kreishandwerkerschaft sind sich einig: Die Hilfen müssen schnell und unbürokratisch fließen, damit das Vertrauen in die Politik nicht schwindet.
Viele Unternehmen sind verunsichert. Die Umsetzung der angekündigten Hilfsmaßnahmen wie die Vergabe günstiger Kredite habe lange auf sich warten lassen, der Informationsfluss liefe nicht reibungslos, sagt Wolfgang Schmitz, Geschäftsführer des Unternehmerverbandes. „Gerade kleinere Betriebe haben uns zudem zurückgemeldet, dass Kredite nicht die Hilfe sind, die sie brauchen.“ Nach der Krise stünden die Unternehmer dann vor einem Schuldenberg – ohne Chance, wirtschaftlich wieder Fahrt aufzunehmen.
Bearbeitung dauert lange
Ankündigungen allein würden den Betrieben nicht helfen, sagt auch Barbara Yeboah, Geschäftsführerin der hiesigen Kreishandwerkerschaft. „Die Unterstützung muss sofort kommen.“ An einem Beispiel macht sie deutlich, wie brenzlig die Situation für viele Betriebe derzeit ist: Seit über einer Woche liefen bereits die Anträge auf das Kurzarbeitergeld. Doch die Bescheide der Arbeitsagenturen liegen in vielen Fällen nicht vor (Stand: 23. März). Dabei müssen die Betriebe dieser Tage aber den Krankenkassen die laufenden Bezüge melden.
Überbrückungskredite helfen laut Yeboah und dem Oberhausener Kreishandwerksmeister Jörg Bischoff nur bedingt: Sie müssten zinslos sein und innerhalb weniger Tage gewährt werden. Die Bearbeitungszeit der Hausbanken dürfe nicht zu lange dauern. Yeboah und Bischoff haben vor Corona andere Erfahrungen gemacht: Gelte das übliche Prozedere der KfW-Kredite auch für die Corona-Hilfen, „wird das für manchen Betrieb zu lange dauern.“
Unternehmerverband fordert Flexibilität
Herausfordernd sei dieser Tage mancherorts auch das Verhältnis Chef-Angestellter. „Die Situation ist für beide Seiten neu und enorm herausfordernd“, wirbt Wolfgang Schmitz vom Unternehmerverband für Verständnis auf beiden Seiten. „Wenn sich eine Seite sperrt und ausschließlich auf Paragraphen beruft, dann ist das einer konstruktiven zukünftigen Zusammenarbeit nicht dienlich.“ In einer Krisensituation sollten alle flexibel sein, Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Die Krise erfasse indes die gesamte Wirtschaft, manche Unternehmen waren früher betroffen, andere später. Messebauer, Caterer und Eventdienstleister habe es als erstes getroffen. Mittlerweile stehen auch in vielen industriellen Betrieben die Fließbänder still, Auftragsbücher leeren sich, seit wenigen Tagen sind neben dem Einzelhandel jetzt auch Restaurants, Kneipen und Bars dicht.
Gleiches gilt für das Handwerk, das zum Teil zwar unter strengen Voraussetzungen weiter arbeiten darf, aber dennoch vor großen Problemen steht, wie Barbara Yeboah, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Mülheim-Oberhausen sagt. Mitarbeiter fehlen, weil sie in Quarantäne müssen, erkrankt sind oder wegen fehlender Kinderbetreuung nicht arbeiten können.
Handwerksfirmen im Notbetrieb
Einige Handwerksfirmen wie der Sanitär-, Heizungs- und Elektrofachmann Blum & Schneider haben bereits auf einen Notbetrieb umgestellt. „Zum Schutz der Mitarbeiter“, wie Geschäftsführer Harald Blum erklärt, werden diese nur noch Notfälle allein bearbeiten. Betriebe, die einen Mindestabstand von anderthalb Metern zu Kunden nicht einhalten können, wie etwa Friseure, müssen komplett schließen.
Umgekehrt würden aber auch Branchen profitieren, erklärt Schmitz: Paketdienstleister, Apotheken, Drogerien, Lieferdienste, Supermärkte und IT-Dienstleister. Und allen voran: der Online-Handel.
Gerade hier liegt laut Unternehmerverband eine große Gefahr: „Gewöhnen sich noch mehr Menschen zu sehr an den Online-Handel, wird es der stationäre Einzelhandel nach der Krise noch schwerer haben“, warnt Schmitz. Vielleicht komme es aber auch genau umgekehrt „und die Menschen legen nach der Krise wieder mehr Wert auf den persönlichen Kontakt. Hier muss sich jeder immer wieder selbst hinterfragen, was ihm wirklich wichtig ist.“ Barbara Yeboah ergänzt für das Oberhausener Handwerk: „Halten Sie ihren Betrieben die Treue und sorgen Sie beim Anlaufen der Wirtschaft nach der Krise für eine gute Auftragslage und haben Sie Verständnis dafür, wenn nicht alles sofort erledigt werden kann.“