Oberhausen. Die Ruhrgebietsgröße Tiemeyer kauft das Oberhausener Traditionsautohaus Plätz – und verspricht, Mitarbeiter einzubinden und zu investieren.
Die Übernahme-Ankündigung des Oberhausener Traditions-Familienunternehmens „Autohaus Plätz“ durch die Tiemeyer-Gruppe, einer der größten VW-Händler Deutschlands, kam für die Mitarbeiter im November 2019 wie aus heiterem Himmel. Angst und Verunsicherung machten sich breit – und lösten sich nach eigenem Bekunden in den vergangenen Wochen weitgehend auf. Denn statt – wie befürchtet – Stellen zu streichen, investieren die neuen Besitzer laut Betriebsleiter Damian Schendzielorz in diesem Jahr über eine Million Euro.
Die Audi-Verkaufshalle direkt an der Mellinghofer Straße in Alt-Oberhausen steht leer. Wo normalerweise schicke Sportflitzer um die Wette funkeln, schwingen jetzt die Fliesenleger ihre Kellen. Spätestens zum Ende des Jahres 2020 sollen die Arbeiten erledigt sein – in der Halle genauso wie auf dem kleinen Grundstück nebenan.
Tiemeyer-Gruppe investiert in Steine und Beine
Dort duckt sich aktuell noch ein verrammeltes Einfamilienhaus, in Zukunft nimmt „Audi-Gebrauchtwagen“ den Platz ein. Lediglich fehlende Genehmigungen halten die Abriss-Bagger noch zurück. Das Autohaus investiert in Steine – und auch in Beine, denn in den neuen Hallen werden ab Sommer 2020 sieben frische Auszubildende ihr Handwerk lernen.
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Kurzum: Bei VW Plätz bewegt sich etwas, trotz großer Unsicherheit noch wenige Monate zuvor. Denn im Autohaus steckt seit dem 1. Januar 2020 ja nicht mehr ganz das drin, was vorne drauf steht. Der Bochumer Großhändler Tiemeyer übernahm das Autohaus mit 99-jähriger Oberhausener Geschichte und gliedert das Familienunternehmen jetzt in den Kosmos des Schwergewichts ein. Die Tiemeyer-Bilanz weist für das Geschäftsjahr 2018/19 einen Rekordumsatz von 683 Millionen Euro aus.
Was passiert mit dem Familienunternehmen Plätz?
Ruhrgebiets-Händler-Riese kauft kleines Familienunternehmen mit zwei Filialen in Oberhausen. Geht das gut? Was wird aus den Verträgen? Was haben die vor? Fragen, die sich die 137 Mitarbeiter von Plätz im November 2019 vom einen auf den anderen Tag stellten. Denn: „Der Verkauf kam sehr plötzlich“, sagt Emine Güc-Özcan, Leiterin aller Empfangsmitarbeiter. Ihr Kollege Marc Endemann, Audi-Verkaufschef, beschreibt die Folgen: „Am Anfang gab es viel Unruhe und Angst.“
Tiemeyer: Standorte im ganzen Ruhrgebiet
Der Autogroßhändler Tiemeyer mit Sitz in Bochum hat im Ruhrgebiet, im Bergischen Land und im Sauerland insgesamt 24 Standorte – unter anderem in Duisburg, Gelsenkirchen und Recklinghausen. Rund 1500 Mitarbeiter arbeiten für das Unternehmen, das zu den größten VW-Händlern in Deutschland gehört.
Die Tiemeyer-Gruppe verkaufte im abgelaufenen Geschäftsjahr 31.519 Fahrzeuge. Dazu gehörten 19.605 Gebrauchtwagen (2017/18: 16.133), 10.522 Neuwagen (9315) sowie 1392 Vorführwagen. Neben VW führt Tiemeyer die Marken Audi, Seat, und Skoda – außerdem verschiedene Nutzfahrzeuge.
Güc-Özcan: „Es ging sehr emotional zu. Ich bin seit 20 Jahren hier, deswegen ist das auch mein Baby. Wir haben versucht, die Mitarbeiter aufzufangen und Ängste zu nehmen – das hat ganz gut geklappt.“ Endemann bestätigt, während im Hintergrund zwei Frauen kichernd die Köpfe zusammen stecken. Die Stimmung in der Belegschaft scheint sich wieder erholt zu haben.
Schendzielorz: „Jeder Kilometer hier her lohnt sich“
Auch Damian Schendzielorz macht nicht den Eindruck, als wäre es für ihn nach zehn Jahren in Bochum eine Last, den Emscherschnellweg herunter in Richtung Oberhausen zu brausen. Im Gegenteil: „Jeder Kilometer lohnt sich. Wir sind sehr herzlich und gut aufgenommen worden“, sagt der neue Plätz-Betriebsleiter und das Bindeglied zur Tiemeyer-Gruppe – und spricht darüber, wie es an der Mellinghofer bzw. an der Vestischen Straße in Sterkrade weitergeht.
Die zweite Filiale in Sterkrade soll zum exklusiven Seat-Zentrum werden, sieben Auszubildende lernen ab Sommer 2020 im technischen und kaufmännischen Bereich, es wird aus- und umgebaut – und das Wichtigste: Das Stammpersonal behält seine Jobs. Auf die Mitarbeiter warten zudem umfangreiche Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen. Insgesamt betrage das Investitionsvolumen laut Schendzielorz über eine Millionen Euro.
Im Autohaus Plätz weiche die Angst der Zuversicht
„Das war sicher keine typische Übernahme“, sagt Emine Güc-Özcan und schließt mit einem Lachen. Statt der anfänglichen Angst verspüre man im Autohaus Plätz Zuversicht. Das Familienunternehmen geht in der Tiemeyer-Familie auf und will neue Herausforderungen anpacken, von denen genug warten. Die Stichwörter sind Fachkräftemangel, drohende Diesel-Fahrverbote und E-Mobilität.
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