Oberhausen. Der Betriebsrat des Babcock Fertigungszentrums Oberhausen schildert die Stimmung der Mitarbeiter. Arbeitsbedingungen im Sea Life in der Kritik.

Die Auftragslage hatte sich verbessert, bei den Mitarbeitern keimte wieder Hoffnung auf. Doch alle Mühe war vergebens, bei den Mitarbeitern des alten Babcock Fertigungszentrums herrscht nun nur noch „stumme Verzweiflung“. Mit diesen Worten beschreibt Gerd Schäfer die Gefühlslage seiner Kollegen. Der Betriebsrat war am Montag zu Gast beim Stadtgespräch von WAZ, Volkshochschule sowie Arbeit und Leben. Ausgangsfrage: „Wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es den Beschäftigten gut?“

Die wirtschaftliche Lage in Oberhausen schätzen Experten als vergleichsweise gut ein, die Zahl der Beschäftigten ist so hoch wie lange nicht. Doch es gibt auch Sorgen: Nach einer jahrelangen Phase des Aufschwungs könnten leichte Dämpfer folgen. So prophezeit es unter anderem Martin Jonetzko, stellvertretender Geschäftsführer des Unternehmerverbandes. Vor allem in der Industrie würden weitere Arbeitsplätze wegfallen.

Keine Transfergesellschaft für Babcock-Mitarbeiter

Jüngst betroffen: Gerd Schäfer und seine alten Babcock-Kollegen. Gleich mehrfach mussten sie in den vergangenen Jahren um ihre Existenz fürchten. Auch der letzte Versuch, die Insolvenz abzuwenden, ist gescheitert. Schäfer spricht von schwerwiegenden Fehlern der Investoren, von großen Versprechungen, die nicht eingehalten wurden. Nun stehen die Mitarbeiter auf der Straße, eine Transfergesellschaft wird aller Voraussicht nach nicht gegründet, Verhandlungen über einen Interessensausgleich und einen Sozialplan laufen.

Wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es den Beschäftigten gut? Diese Frage beantwortete der Großteil der Teilnehmer des Stadtgespräches mit „Nein“.
Wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es den Beschäftigten gut? Diese Frage beantwortete der Großteil der Teilnehmer des Stadtgespräches mit „Nein“. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Immerhin: Einige ehemalige Babcöcker hätten tatsächlich einen neuen Job gefunden, berichtet Schäfer. „Allerdings zu viel schlechteren Bedingungen“: Weniger Bezüge, weniger Urlaub, dafür mehr Arbeit. Auch bei Zeitarbeitsfirmen seien die Bedingungen oft nicht akzeptabel.

Arbeitsbedingungen bei Sea Life

Das Schicksal der Menschen bei Babcock oder beim mittlerweile dicht gemachten Werk von GHH Rand lässt auch Jürgen Koch nicht kalt. Doch als Chef der hiesigen Arbeitsagentur hat er auch die Zahlen im Kopf. Und da sei ihm jeder Arbeitsplatz mit schlechteren Arbeitsbedingungen lieber als gar kein Arbeitsplatz. Und neben der Industrie gebe es eben auch Branchen mit wachsender Zahl an freien Stellen – im Dienstleistungssektor und im Tourismus etwa.

Dass die Bedingungen dort aber alles andere als rosig sind, machte Sebastian Krüger beim Stadtgespräch deutlich. Als der Betriebsrat des Aquariums Sea Life am Centro erzählte, machten viele der 60 Teilnehmer große Augen. Wenn sich ein Mitarbeiter über ein aus der Wand ragendes Kabel beschwere, so würde nicht das Kabel, sondern zunächst der Mitarbeiter „verschwinden“. Versetzt, weil er in den Augen des Arbeitgebers zu sehr aufgemuckt habe. Ein 15-Stunden-Tag ohne Pause in der Gastronomie sei nicht unüblich, „dort arbeiten meist junge Leute, die meinen, das sei alles rechtens“.

Merlin Entertainment wollte Betriebsrat auflösen

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Der britische Mutterkonzern Merlin Entertainment wollte den Sea-Life-Betriebsrat gar auflösen und mit dem des ebenfalls zu Merlin gehörenden Legolandes zusammenlegen. Doch die Mitarbeiter haben sich erfolgreich dagegen gewehrt. Zudem rühme sich Merlin damit, mehr als den Mindestlohn zu zahlen. „Und zwar ganze drei Cent“, erklärte Krügers Betriebsrats-Kollegin Martina Gordon. An Sonn- und Feiertagen gebe es keinen Zuschlag, „viele von uns haben mehrere Jobs, arbeiten länger als so mancher im Vollzeitjob und kommen trotzdem gerade so über die Runden“.

Und das, obwohl der Tourismus boomt. „Die Besucherschlangen reichen oft bis zum Centro“, erzählte Betriebsrat Sebastian Krüger. Einiges habe sich mittlerweile aber auch gebessert: So gebe es nicht mehr so viele Jobs auf 450-Euro-Basis wie früher, die Verträge seien nicht mehr befristet.