Oberhausen. In den letzten zehn Jahren sank die Zahl der Arbeitslosen und zog die Zahl der Beschäftigten in Oberhausen stark an. Doch jetzt drohen Gefahren.
Trotz der abschwächenden Wirtschaftskonjunktur in Deutschland ziehen die örtliche Bundesarbeitsagentur und das hiesige Jobcenter eine recht positive Bilanz zur Lage auf dem Oberhausener Arbeitsmarkt: Es gibt mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und deutlich weniger Arbeitslose – im Jahresvergleich, erst recht aber im Vergleich zu den vergangenen zehn Jahren.
„Wir haben im November einen Rekordtiefstand an Arbeitslosen mit einer Quote von 9,5 Prozent erreicht, in der Stadt ist insgesamt viel Bewegung, Oberhausen entwickelt sich positiv“, sagte Arbeitsagentur-Chef Jürgen Koch bei einem Besuch der Redaktion mit seinem Jobcenter-Geschäftsführer-Kollegen Uwe Weinand und dem neuen Sozialdezernenten Frank Motschull. „Der Bestand an Arbeitslosen war noch nie so gering wie jetzt.“ Im Jahresdurchschnitt waren in Oberhausen im Jahr 2019 exakt 10.892 Menschen arbeitslos – 293 weniger als im Schnitt des Jahres 2018 (minus 2,6 Prozent). Die Vollzeitbeschäftigung zog sogar im vergangenen Jahr absolut stärker an als die Teilzeitjobs.
Rekordtief bei der Zahl der Unterbeschäftigung
Selbst wenn die Arbeitsagentur-Statistiker alle arbeitslosen Menschen, die derzeit in öffentlichen Arbeitsmaßnahmen oder Fortbildungen stecken, mitrechnen, dann ist ein Rekordtief bei der Zahl der Unterbeschäftigung erreicht. Im Durchschnitt befanden sich im Jahr 2019 genau 14.809 Personen in der Unterbeschäftigung. Dies macht eine Unterbeschäftigungsquote von 13 Prozent aus.
Im Gespräch lenkt Sozialdezernent Frank Motschull den Blick auf die hohe Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die seit zehn Jahren stetig anzieht. „Über 66.300 Beschäftigte – das ist schon toll. Das hatte man vor wenigen Jahren nicht erwarten können.“ Im Dezember 2007 waren damit fast 10.000 Menschen in der Stadt weniger beschäftigt. Dabei entstanden besonders viele Arbeitsplätze in den Dienstleistungsbranchen und im Gesundheits- wie Sozialwesen.
Noch keine echte Krise auf dem Markt
Bei allem Jubel über die vergangenen Jahre – blicken die Arbeitsmarktexperten nach vorne, verdüstert sich ihr Szenario. Eine echte Krise sehen sie zwar noch nicht, aber die Vorzeichen für Arbeitnehmer sehen schlechter aus. „In bestimmten Bereichen lässt die Dynamik nach, die Aufnahmefähigkeit von Arbeitskräften hat sich in einigen Branchen bereits spürbar reduziert“, beobachtet Jobcenter-Chef Uwe Weinand, der mit seinem Team die über 8700 Langzeitarbeitslosen betreut.
Koch befürchtet, dass im neuen Jahr die gute Entwicklung der vergangenen Dekade nicht mehr zu halten sein wird. „Vor 2020 habe ich Respekt. Aktuell steigt in unserem Agenturbezirk bereits die Anzahl der Kurzarbeiter, der anzeigepflichtigen Entlassungen und der Insolvenzen. Vor allem in den exportabhängigen Branchen gibt es Auftragsrückgänge zu verzeichnen.“
890 Jugendliche suchen eine Arbeit
Die Jugendarbeitslosigkeit hat in Oberhausen in den vergangenen Jahren ebenfalls abgenommen, allerdings langsamer als die Gesamtzahl aller Arbeitslosen. So sank die Zahl der Arbeitslosen unter 25 Jahren von gut 1200 vor fünf Jahren auf 890 im vergangenen Jahr – 68 weniger als im Vorjahr (minus 7,1 Prozent). Fast drei Viertel der Jugendlichen werden vom Jobcenter betreut.
Entgegen dem Trend steigt die Arbeitslosigkeit von Ausländern – auch weil, wie die Arbeitsagentur schreibt, die „Integration von Flüchtlingen eine Herausforderung bleibt“. So waren im Dezember 3700 Ausländer ohne Arbeit, über 400 mehr als vor einem Jahr. 1118 sind als Flüchtlinge registriert, immerhin 70 begannen eine Ausbildung im Jahr 2019, über 450 nahmen einen Job auf. Das sind mehr als 2018, als über 380 eine Arbeitsstelle vermittelt werden konnte.
Tatsächlich entwickeln sich die Frühindikatoren negativ. So waren Ende des vergangenen Jahres über 240 Oberhausener Arbeitskräfte in Kurzarbeit – vor einem Jahr waren es nur knapp 90. So ist die Zahl der neu gemeldeten offenen Arbeitsplätze in Oberhausen im November 2019 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich auf nur noch 5140 Stellen um ein Viertel gesunken – erstmals hat sich nach fünf Jahren steigender Nachfrage der Arbeitskräftebedarf der Wirtschaft wieder reduziert. Die Behörden können in Oberhausen derzeit nur noch gut 2200 offene Stellen suchenden Arbeitslosen anbieten – über elf Prozent weniger als vor einem Jahr.