Oberhausen. Trotz Sparzwang bleibt die Flüchtlingsberatung des Evangelisches Kirchenkreises erhalten. Knapp 170 Menschen bekommen durch sie Unterstützung.

Die evangelischen Kirchengemeinden in Oberhausen stehen vor einem schmerzhaften Einsparprozess. Die schrumpfende Zahl der Kirchenmitglieder schlägt sich derart auf die Finanzen nieder, dass der Evangelische Kirchenkreis seit Jahren nach Möglichkeiten sucht, künftig deutlich mehr Geld zu sparen.

Die Angst vor dem Rotstift machte sich auch bei Evelyn Meinhard breit. Die Leiterin der Flüchtlingsberatung des Evangelischen Kirchenkreises sorgte sich abermals um die Zukunft ihres Referats, das zu einer Reihe von vielfältigen Dienstleistungen und Beratungsangeboten der Kirche zählt, dort, wo sich natürlich auch Gebäude- und Personalkosten einsparen lassen. Und da die Flüchtlingszahlen in der Stadt längst nicht mehr so hoch sind wie noch vor drei, vier Jahren, ließe sich ja freilich über die Notwendigkeit des Angebots, das sich gleichermaßen bei Caritas, Awo, ZAQ und DRK finden lässt, diskutieren.

Kreissynode spricht sich für Erhalt der Flüchtlingsberatung aus

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Doch ein Beschluss der jüngsten Kreissynode , quasi das Parlament der Evangelischen Kirche in Oberhausen, stärkt nun die gesellschaftlich hoch relevante Unterstützung von Geflüchteten: Die einzige hauptamtliche Stelle in der Flüchtlingsberatung in Person von Evelyn Meinhard bleibt in ihrer jetzigen Form erhalten.

„Ich kann den Beschluss nur begrüßen“, sagt Evelyn Meinhard durchaus erleichtert, „das zeigt auch, dass in der derzeit angespannten Situation der Evangelischen Kirche immer noch Inhalte zählen und nicht allein Strukturreformen über alles gestellt werden.“ So steht bei den Evangelen etwa als Großprojekt die Umstrukturierung des Diakonischen Werks auf dem Programm.

Seit 30 Jahren in der Flüchtlingshilfe

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In der Vergangenheit musste Evelyn Meinhard immer wieder um den Fortbestand ihrer Stelle bangen. Seit ihrer Einrichtung durch einen Beschluss der Kreissynode besetzt sie diese seit Februar 1989 erfolgreich und hat sich dabei zu einer zentralen Figur in der Arbeit mit Geflüchteten und Asylsuchenden in der Stadt entwickelt. Das brachte der Sozialpädagogin 2013 die Ehrennadel der Stadt ein.

„In Zeiten sich verschärfender Asylgesetze ist das genau das richtige Signal, das wir unsere Arbeit fortsetzen dürfen“, meint Evelyn Meinhard. Von einem „wir“ kann sie sprechen, weil sie seit einigen Jahren von zwei weiteren Helfern unterstützt wird. 2015 kam eine Stelle aus dem Bundesfreiwilligendienst hinzu. Ein Jahr später wurde eine halbe Stelle geschaffen, die aus Landesmitteln finanziert wird und mit Alaa Joumaa heute eine zusätzliche kompetente Beraterin aus Syrien gefunden hat. „Bufdi“ Emad Alhamid komplettiert das dreiköpfige Team der Flüchtlingsberatung des Evangelischen Kirchenkreises.

Extrem komplizierte Verfahren

Menschen aus mehr als 50 Nationen in der Beratung

Asylsuchende aus mehr als 50 Nationen suchen Hilfe bei der Flüchtlingsberatung des Evangelischen Kirchenkreises. Darunter sind viele Menschen aus Syrien, dem Irak und den Balkanländern.

Nach Angaben der Stadt sind aktuell (Stand: Dezember 2019) 1137 Menschen in Oberhausen, die sich in einem laufenden Asylverfahren befinden oder einen Duldungsstatus haben. Duldung bedeutet, dass ihr Asylantrag abgelehnt wurde und sie ausreisen müssen, insofern es keinen akuten Hinderungsgrund gibt.

Das Team kümmert sich in seinen Büros an der Marktstraße 152 derzeit um 169 Fälle. „Das sind Menschen, die aktuell Hilfe brauchen, entweder als Antragsteller im Asylverfahren mit einer Aufenthaltserlaubnis sind, oder sich seit durchschnittlich zehn Jahren in einem abgelehnten Asylverfahren mit einer Duldung oder ungeklärter Perspektive befinden“, erklärt Evelyn Meinhard. Das seien extrem komplizierte Verfahren.

Aktenkundig sind mehr als 825 Fälle, dabei handelt es sich mehrheitlich um Familienakten, so dass im Durchschnitt pro Akte zwei bis vier Personen dazu gerechnet werden müssten. In der Einzelfallberatung, gewissermaßen das Herzstück der Flüchtlingsarbeit, lotsen die drei Helfer Betroffene nicht nur durchs Asylrechtsverfahren und den Dschungel des Asylbewerberleistungsgesetzes; sie helfen bei Behördengängen, suchen nach Wohnungen, vermitteln Sprachkurse und leisten Beistand bei akuten Krisen.

Beraterin sieht Flüchtlingspolitik mit Sorge

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Eine weitere Säule stellt die Gruppen- und Gremienarbeit dar, etwa mit der Internationalen Frauengruppe oder im Netzwerk Interkulturelles Lernen. Im Arbeitskreis Geflüchtete steht die Flüchtlingsberatung im engen Austausch mit der Stadt und weiteren Akteuren. „Aufgrund der sich ständig ändernden Gesetzlage ist das zwingend notwendig“, bekräftet Evelyn Meinhard. Zuletzt hatten alle Beratungsstellen in der Stadt einen Kooperationsvertrag geschlossen, um die Zusammenarbeit zu vertiefen.

Die deutsche Asylpolitik sieht die Flüchtlingsberaterin momentan mit großer Sorge. „Die Inhaftierung von Flüchtlingen wird zunehmen. Das wird in Zukunft ein schlechtes Licht auf das Ansehen von Geflüchteten werfen“, so Meinhards Einschätzung. Das trage zur Spaltung der Bevölkerung bei. Vor diesem Hintergrund müsse sich auch die Arbeit der Beratungsstelle umstellen.